Unterversicherungsverzicht

Der Unterversicherungsverzicht kann Ihnen als Hausrat-, Wohngebäude- oder Gewerbeversicherter im Schadensfall zugute kommen: Wurde mit Ihrem Versicherer eine entsprechende Klausel vereinbart, haben Sie sich auf eine pauschale Versicherungssumme geeinigt, die im Bereich der Hausratversicherung beispielsweise nach dem Quadratmeter-Modell berechnet wird. Übersteigt der Versicherungswert diese Summe, wird dank der Klausel keine Unterversicherung in der Schadensregulierung angerechnet – jeder Schaden im Rahmen der Versicherungssumme wird in der Regel voll entschädigt.

Elisabeth Schwarzbauer

Autorin für Versicherungsthemen


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Zuletzt aktualisiert: February 07, 2024

Author Elisabeth Schwarzbauer

Elisabeth Schwarzbauer

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Elisabeth ist studierte Physikerin, verantwortet bei uns die Versicherungsthemen und hilft Ihnen Ihr bestes Angebot zu finden. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten mit Ihrer Familie oder mit einem Buch auf der Terrasse (wenn es das Wetter ermöglicht).

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Inhaltsverzeichnis
     

    Unterversicherung: Was ist das?

    Ist die Versicherungssumme zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls niedriger als der Versicherungswert, besteht nach § 75 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) eine Unterversicherung. Das kann zum einen dadurch passieren, dass ein von vornherein zu niedriger Betrag festgesetzt ist. Bei Abschluss einer Versicherung ist es grundsätzlich wichtig, dass die Versicherungssumme auch den kompletten Versicherungswert abdeckt.

    Eine Unterversicherung kann vor allem im Bereich der Sachversicherungen vorkommen – also in der Hausratversicherung, Wohngebäudeversicherung, aber auch in der Gewerbeversicherung.

    Geringe Entschädigung bei Unterversicherung

    Wurde eine zu niedrige Versicherungssumme festgeschrieben, kann dies für Versicherungsnehmer im Schadensfall richtig teuer werden. Denn bei einer Unterversicherung fällt die Entschädigung deutlich geringer aus: Teilschäden, die innerhalb der Deckungssumme liegen, werden nur anteilig ersetzt. Die Formel für die Berechnung der Entschädigung lautet:

    Entschädigung = (Schadensbetrag × Versicherungssumme) ÷ Versicherungswert

    Hat Ihr Hausrat beispielsweise einen Wert von rund 65.000 Euro und es wurden nur 45.500 Euro versichert, erhalten Sie im Schadensfall nur 70 Prozent der tatsächlich angefallenen Kosten von Ihrer Versicherung erstattet. Die restlichen 30 Prozent müssen Sie aus eigener Tasche zahlen. 

    Wie Unterversicherung entsteht und sich vermeiden lässt

    Es mag durchaus Versicherte geben, die durch das zu niedrige Ansetzen der Versicherungssumme Beiträge sparen wollen und sich so bewusst einem hohen finanziellen Risiko im Falle eines Schadens aussetzen.

    Doch Sie können auch unbewusst in eine Unterversicherung rutschen: Haben Sie sich etwa entschlossen, Ihr Wohnzimmer zu renovieren und dabei die Gelegenheit genutzt, endlich das ausgediente Mobiliar durch neue Einrichtung zu ersetzen – auch ein neuer Flachbildfernseher durfte nicht fehlen – , dann muss vermutlich Ihre Hausratversicherungspolice angepasst werden. Denn bei derartigen Neuanschaffungen kann der Versicherungswert schnell die einst festgeschriebene Versicherungssumme übersteigen.

    Setzen Sie sich unbedingt mit Ihrem Versicherer in Verbindung, damit dieser die Versicherungssumme Ihrer Hausratversicherung entsprechend anpassen kann. So stehen Sie im Versicherungsfall auf der sicheren Seite. Hier finden Sie die drei wichtigsten Tipps in der Übersicht, um im Schadensfall nicht draufzahlen zu müssen. 

    So vermeiden Sie eine Unterversicherung

    1. Versicherungssumme hoch genug ansetzen
      Mithilfe eines Wertermittlungsbogens können Sie den Wert Ihrer zu versichernden Gegenstände selbst schätzen – fragen Sie bei Ihrem Versicherer nach, ob dieser eine solche Schätzung akzeptiert. Auf der Homepage des Bunds der Versicherten finden Sie beispielsweise eine Tabelle, die Ihnen beim Schätzen hilft.
    2. Versicherungssumme regelmäßig prüfen
      Vor allem bei großen Veränderungen, wie beispielsweise einem Umzug, kostenintensiven Anschaffungen oder einem Erbfall, sollten Sie die festgeschriebene Versicherungssumme prüfen und gegebenenfalls an den tatsächlichen Wert der zu versichernden Gegenstände anpassen lassen.
    3. Wenn Unterversicherung vorliegt
      Im Idealfall haben Sie selbst festgestellt, dass eine Unterversicherung vorliegt, noch ehe ein Schadensfall eingetreten ist. Denn kommt es zum Versicherungsfall beziehungsweise stellt der Versicherer Ihre  Unterversicherung fest, wird er die Entschädigung entsprechend kürzen und Sie müssen mit auf Ihre eigenen finanziellen Mittel zurückgreifen, um den Schaden zu regulieren. Suchen Sie also im Falle einer Unterversicherung schnellstmöglich den Kontakt mit Ihrem Versicherer. Außerdem sollten Sie Ihre Police stets im Blick behalten. 

    Überversicherung: Zu viel des Guten

    Neben der Unterversicherung gibt es auch die Überversicherung im Sinne des § 74 VVG, bei der die Versicherungssumme über dem Wert der versicherten Gegenstände liegt – also höher ist, als eigentlich erforderlich ist. Dies bedeutet für Versicherte vor allem eines: Überhöhte Beitragssätze.

    Zu einer Überversicherung kann es kommen, wenn Sie eine falsche Einschätzung darüber treffen, welchen Wert Ihre zu versichernden Gegenstände haben. Das kann beispielsweise in der Hausratversicherung vorkommen, wenn Versicherte den Wert ihres Hausrats überschätzen und somit überversichert sind.

    Viele sicherheitsorientierte Verbraucher neigen dazu, eine Überbewertung vorzunehmen, ehe die Deckungssumme der entsprechenden Police festgeschrieben wird. Es ist hilfreich, professionelle Gutachten einzuholen, um eine sinnvolle Versicherungssumme zu bestimmen und so einer Überversicherung vorzubeugen.

    Heben Sie Rechnungen für neue Anschaffungen auf, um so den Wert Ihrer versicherten Gegenstände im Blick zu behalten. Ziehen Sie zum Beispiel in eine kleinere Wohnung, sollte die Deckungssumme Ihrer Hausratversicherung auf jeden Fall angepasst werden: Denn weniger Wohnraum bedeutet in aller Regel auch einen geringeren Versicherungsbedarf. Bei einer vorliegenden Überversicherung sollten Sie sich zur Anpassung der korrekten Versicherungssumme an Ihren Versicherer wenden.

    Was ist ein Unterversicherungsverzicht?

    Hat ein Versicherungsnehmer seine Besitztümer nicht ausreichend versichert, liegt also eine Unterversicherung vor. Tritt unter diesen Umständen dann der Versicherungsfall ein, fallen die Entschädigungszahlungen des Versicherers entsprechend geringer aus – die Differenz zur tatsächlichen Schadenssumme muss der Unterversicherte selbst bezahlen.

    Einige Versicherungen bieten die Möglichkeit, einen Unterversicherungsverzicht zu vereinbaren – doch was genau verbirgt sich hinter diesem sperrigen Begriff?

    Der Unterversicherungsverzicht sorgt dafür, dass der Versicherer im Schadensfall bis zur festgelegten Höhe des Unterversicherungsverzichts auf eine Prüfung verzichtet. Es werden also bei einer Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung im Falle eines Schadens keine Abzüge bei Unterversicherung gemacht.

    Entsprechende Vertragsklauseln sichern dem Versicherten also zu, dass der Versicherer auf die Prüfung und die Abrechnung der Versicherungssumme und der Unterversicherung verzichtet – der Versicherer übernimmt die entstandenen Kosten ohne Abzug bis zur Höhe der Versicherungssumme. Vereinbaren Sie einen Unterversicherungsverzicht, wird die Versicherungssumme gewöhnlich pauschal berechnet.

    Unterversicherungsverzicht in der Gewerbeversicherung

    Wenn Sie eine Gewerbeversicherung abschließen und dabei eine Klausel zum Unterversicherungsverzicht in den Vertrag aufnehmen, dann bedeutet dies auch hier, dass die Versicherungsgesellschaft im Schadensfall nicht prüft, ob eine Unterversicherung bei der Firmenversicherung vorliegt. Wie auch bei der Hausrat- und Wohngebäudeversicherung werden bei der Schadensregulierung keine Kürzungen vorgenommen und der Schaden bis zur Höhe der vertraglich festgeschriebenen Versicherungssumme als maximale Entschädigung gezahlt.

    Voraussetzungen für einen Unterversicherungsverzicht

    Möchten Sie einen Unterversicherungsverzicht vereinbaren, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit die Klausel gewährt werden kann. So wird beispielsweise bei Abschluss von Sachversicherungen eine pauschale Absicherungssumme vereinbart.

    Im Falle einer Hausratversicherung greift etwa das Quadratmeter-Modell: Hier gilt eine Mindestversicherungssumme je Quadratmeter Wohnfläche. Bei vielen Versicherern liegt diese zwischen 600 und 750 Euro je Quadratmeter. Beispiel: Bewohnen Sie eine Wohnung mit einer Wohnfläche von 70 Quadratmetern, Ihr Hausratsversicherer setzt 600 Euro pro Quadratmeter an, wird eine Versicherungssumme von 42.000 Euro vereinbart. Es ist also äußerst wichtig für den Unterversicherungsverzicht, die korrekte Quadratmeteranzahl anzugeben.

    In der Wohngebäudeversicherung gilt zur Berechnung der pauschalen Versicherungssumme zum Beispiel das sogenannte „Häuschen-Modell“. Hier wird die Wohnfläche mit dem Haustyp multipliziert, woraus sich die Versicherungssumme ergibt. In der Gewerbeversicherung wird die Versicherungssumme beispielsweise über Flächenangaben ermittelt.

    Unterversicherungsverzichtsklausel: So ist sie im Vertrag geregelt

    Versicherer stehen nicht in der Pflicht, einen Unterversicherungsschutz zu gewähren, wenn der Kunde nicht nach den vorgegebenen Voraussetzungen versichert. Häufig ist die Klausel zum Unterversicherungsverzicht im Vertrag jedoch standardmäßig enthalten. Erfüllt der Versicherungsnehmer die durch den Versicherer vorgegebenen Voraussetzungen – versichert zum Beispiel bei seiner Hausratversicherung die festgelegte Versicherungssumme je Quadratmeter – so ist die Klausel in der Regel automatisch im Vertrag enthalten.

    Eine einheitliche Regelung zum genauen Wortlaut der Unterversicherungsverzichtsklausel besteht nicht. Die einzelnen Versicherungsunternehmen können die Klausel frei formulieren und festlegen. Ein Blick in den Versicherungsvertrag gibt Ihnen Aufschluss darüber, wie der Versicherer Ihrer Wahl die Unterversicherung genau regelt.

    Bei jedem Umzug im Hausrat- oder Gewerbebereich oder nach Verkauf einer Immobilie sollten Sie Ihre Police prüfen lassen, um eine Unterversicherung zu vermeiden. Übrigens: In den meisten Fällen sind Haushalte mit durchschnittlichen Wohnflächen durch die Quadratmeter-Klausel ausreichend abgedeckt. Bewohnen Sie jedoch eine wesentlich größere Wohnfläche, ist die Quadratmeterformelberechnung nicht immer zutreffend.

    Regulierung ohne Unterversicherungsverzicht und im Teilschaden

    Wurde kein Unterversicherungsverzicht vereinbart, erfolgt im Schadensfall seitens des Versicherers die Überprüfung der Versicherungssumme. Sollte sich im Rahmen dessen herausstellen, dass die Versicherungssumme zu niedrig ist, wird eine Unterversicherung angerechnet.

    Die Schadenregulierung im Teilschaden erfolgt im Verhältnis Versicherungssumme zu tatsächlichem Versicherungswert. Beträgt die Versicherungssumme zum Beispiel 50.000 Euro, der Versicherungswert liegt bei 100.000 Euro, würde bei einem Teilschaden in Höhe von 3.000 Euro eine Entschädigung von 1.500 Euro gezahlt werden.

    Von einem Teilschaden wird gesprochen, wenn die Reparaturkosten unter den Wiederbeschaffungskosten zum Zeitwert unmittelbar vor dem Eintritt des Versicherungsfalls (im Falle eines Totalschadens) liegen. 

    Schadensfall Hausratversicherung mit Unterversicherungsverzicht

    Beträgt die Wohnfläche 100 Quadratmeter und der Versicherer gibt vor, dass die Versicherungssumme 650 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche betragen sollte, beläuft sich diese auf 65.000 Euro. Entspricht der tatsächliche Versicherungswert jedoch 130.000 Euro, weil der Versicherte beispielsweise nach einem Erbfall wertvollen Schmuck besitzt, und ein Teilschaden in Höhe von 10.000 Euro ereignet sich, werden dank bestehender Unterversicherungsverzichtsklausel auch 10.000 Euro durch den Versicherer ausgezahlt.

    Schadensfall Hausratversicherung ohne Unterversicherungsverzicht

    Die Gegebenheiten gleichen denen im ersten Beispiel: Die Wohnfläche beträgt 100 Quadratmeter, der Versicherer setzt 650 Euro je Quadratmeter voraus. In diesem Fall entscheidet sich der Versicherungsnehmer jedoch für eine Hausratversicherung ohne Unterversicherungsverzichtsklausel. Vereinbart wird eine fixe Versicherungssumme von 50.000 Euro, statt gemäß des Quadratmeter-Modells 65.000 Euro zu versichern. Im Schadensfall kann dies den Versicherten teuer zu stehen kommen: Entsteht ein Schaden in Höhe von 10.000 Euro, erhält er nur 5.000 Euro erstattet.

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