Europäische Zentralbank (EZB) und der Leitzins

Die Europäische Zentralbank (EZB) mit Hauptsitz in Frankfurt am Main ist die gemeinsame Währungsbehörde aller Mitgliedsstaaten der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU, auch „Europäische Währungsunion“, EWU). Dem EZB-Rat, dem obersten Beschlussorgan der Zentralbank, steht zur Erhaltung der Euro-Geldwertstabilität, dem wichtigsten Ziel der Europäischen Zentralbank, ein breitgefächertes Instrumentarium zur Verfügung. Lesen Sie hier auch die Expertenmeinung von Prof. Dr. Sebastian: Ist die EZB an den aktuell niedrigen Zinsen schuld?

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: April 27, 2023

Author Daniel Winterl

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Inhaltsverzeichnis
     

    Die Gründung der Europäischen Zentralbank und die Währungsunion

    Die EZB wurde am 1. Juni 1998 gegründet. Rechtsgrundlage der EZB war zunächst der am 7. Februar 1992 abgeschlossene Vertrag von Maastricht („Vertrag über die Europäische Union“). Durch Artikel 13 des Vertrags von Lissabon vom 13. Dezember 2007, durch den der Maastrichter Vertrag reformiert wurde, erhielt die Europäische Zentralbank den Status eines der sieben Organe der Europäischen Union. Als Grundlage diente der Beschluss über die Realisierung einer Wirtschafts- und Währungsunion mit freiem Kapitalverkehr in Europa, einer gemeinsamen Währungsbehörde sowie der gleichen Geldpolitik in allen Euro-Ländern.

     

    Stand November 2016 gehörten der Währungsunion 19 der 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union an. Zu den Euro-Staaten zählen

    • Die Gründungsmitglieder der Europäischen Gemeinschaft (Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, Luxemburg und die Niederlande)
    • Daneben außerdem Spanien, Portugal, Malta, Griechenland, Zypern, Österreich, Slowenien, Slowakei, Irland, Finnland, Estland, Lettland und (seit dem 1.1.2015) Litauen.

    Das „Eurosystem“ umfasst, neben der EZB, die Nationalbanken derjenigen EU-Mitgliedsstaaten, die den Euro eingeführt haben (Artikel 282 Absatz 1 AEU-Vertrag). Vom Eurosystem ist das „Europäische System der Zentralbanken“ (ESZB) zu unterscheiden, das neben der EZB die Zentralbanken sämtlicher EU-Mitgliedsstaaten (unabhängig von der Einführung des Euro in den einzelnen EU-Staaten) umfasst.

    Zu den Mitgliedsstaaten gehören Belgien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Portugal, Slowakei, Slowenien, Spanien und Zypern.

    Die EZB und ihre Aufgaben

    Die Aufgaben der EZB wurden erstmals im Vertrag von Maastricht niedergelegt. Das primäre Ziel der EZB ist die Gewährleistung der Preisstabilität – dies ergibt sich aus Artikel 127 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU-Vertrag). Zu den grundlegenden Tätigkeiten zählen nach Artikel 127 Absatz 2 AEU-Vertrag:

    • Die Festlegung und Ausführung der Geldpolitik
    • Die Durchführung von Devisengeschäften
    • Die Verwaltung der Währungsreserven der Mitgliedsstaaten
    • Die Förderung der Funktionsfähigkeit der Zahlungssysteme

    Zudem ist ausschließlich die EZB zur Ausgabe von Euro-Banknoten berechtigt. Die Funktionsweise der EZB ergibt sich vor allem aus den Artikeln 282ff des AEU-Vertrags, der gemeinsam mit dem EU-Vertrag zu den Gründungsverträgen der Europäischen Union gehört. Im Anhang des AEU-Vertrags befindet sich als „Protokoll Nr. 4“ die Satzung der EZB.

    Der EZB-Rat

    Der EZB-Rat („Rat der Europäischen Zentralbank“) ist das oberste Beschlussorgan der Europäischen Zentralbank und des Eurosystems. Zu seinen Aufgaben gehören insbesondere:

    • Entscheidungen über die Geldpolitik im Euro-Raum (Beschlüsse über geldpolitische Ziele, die Leitzinssätze und die Bereitstellung von Zentralbankgeld für das Eurosystem).
    • Beschlüsse im Bereich der Bankenaufsicht.

    Der EZB-Rat setzt sich aus den sechs Mitgliedern des EZB-Direktoriums und den 19 Präsidenten der nationalen Zentralbanken derjenigen Mitgliedsstaaten zusammen, die den Euro eingeführt haben (Artikel 283 Absatz 1 AEU-Vertrag).

    Die Chefs der nationalen Notenbanken gehören dem EZB-Rat nicht als Repräsentanten der jeweiligen Notenbank an, sie nehmen ihre Aufgabe als weisungsunabhängige Fachleute wahr. Durch die damit institutionell gewährleistete Unabhängigkeit des EZB-Rats soll unmittelbarer politischer Einfluss auf die Geldpolitik der Zentralbank (zum Beispiel durch die nationalen Regierungen) vermieden werden.

    Präsident der Europäischen Zentralbank selbst ist seit dem 1. November 2011 übrigens Mario Draghi.

    Das Direktorium der EZB

    Zu dem mit der operativen Leitung der EZB und der Vorbereitung der Sitzungen des EZB-Rats beauftragten Direktorium gehören der EZB-Präsident, der Vizepräsident und vier weitere Mitglieder.  Die Mitglieder des Direktoriums werden durch den Europäischen Rat auf Empfehlung des EU-Ministerrats nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des EZB-Rats für acht Jahre ernannt. Die Mitglieder des Direktoriums dürfen nur für eine Amtszeit ernannt werden (Artikel 283 Absatz 2 AEU-Vertrag). Zum Europäischen Rat gehören die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten sowie der Präsident der Europäischen Kommission.

    Der EZB-Rat, der gewöhnlich alle 14 Tage am Hauptsitz der EZB tagt, trifft seine Entscheidungen mit einfacher Mehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des EZB-Präsidenten den Ausschlag. Jeder souveräne Mitgliedsstaat hatte bis Ende 2014 – unabhängig von seiner Größe – das gleiche Stimmrecht im EZB-Rat.

    Mit Beitritt Litauens zur Währungsunion am 1. Januar 2015 wurde das Prinzip der Stimmengleichheit jedoch durch das Rotationsprinzip abgelöst. Dieses sieht eine Aufteilung der Mitgliedsstaaten nach Größe des Finanzsektors und der Wirtschaftskraft vor.

    Zur ersten Staatengruppe gehören die fünf finanz- und wirtschaftsstärksten Länder (Anfang 2015 waren das Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und die Niederlande), die – monatlich rotierend – über insgesamt vier Stimmen im EZB-Rat verfügen. In jedem Monat ist also eines der fünf stärkeren Länder nicht stimmberechtigt.

    Die übrigen Euro-Länder (2015 waren es vierzehn) erhalten zusammen elf Stimmen, die ebenfalls in monatlicher Rotation von wechselnden Ratsmitgliedern wahrgenommen werden. Lediglich die sechs Direktoriums-Mitglieder behalten ihr Stimmrecht im EZB-Rat dauerhaft.

    Das Rotationsprinzip soll gewährleisten, dass der EZB-Rat auch in einem erweiterten Euro-Raum zügig und effizient Entscheidungen treffen kann. Zudem soll – unter Berücksichtigung der Wirtschaftskraft der Mitgliedsstaaten – das Prinzip „ein Mitglied, eine Stimme“ erhalten bleiben.

    Sollte der Euro-Raum auf über 22 Mitgliedsstaaten anwachsen, wird im Rahmen des Rotationsprinzips eine dritte Ländergruppe gebildet, um die Effizienz des Systems weiterhin zu gewährleisten.

    Erweiterter Rat der EZB

    Zum sogenannten „Erweiterten Rat“ der EZB gehören neben dem Direktorium und den Notenbank-Präsidenten der Eurozone auch die neun Präsidenten der nationalen Zentralbanken aus den Nicht-Euro-Ländern der EU. Der Erweiterte EZB-Rat, der turnusmäßig alle drei Monate tagt, wirkt unter anderem mit bei:

    • Der Erhebung statistischer Daten
    • Der Erstellung des EZB-Jahresberichts

    Zudem hat der Erweiterte Rat eine beratende Funktion bei der Aufnahme weiterer EU-Staaten in die Währungsunion. Die Satzung des ESZB sieht vor, dass der Erweiterte Rat aufgelöst wird, sobald alle EU-Mitgliedsstaaten der Eurozone beigetreten sind.

    Die Geldpolitik der EZB

    Vorrangiges Ziel der EZB ist gemäß Artikel 127 Absatz 1 AEU-Vertrag die Sicherung der Preisstabilität. Artikel 127 nimmt zwar ausdrücklich auf das ESZB (und nicht auf die EZB) Bezug, dies liegt aber daran, dass bei Abschluss des Lissabon-Vertrags 2007 davon ausgegangen wurde, dass alle EU-Mitgliedsländer in einem überschaubaren Zeitraum dem Euro-Währungsraum beitreten würden. Nach der Absicht der den AEU-Vertrag abschließenden Staaten gilt daher Artikel 127 AEUV sinngemäß auch für die EZB.

    Der Begriff der Preisstabilität wurde von der EZB im Oktober 1998 als „Anstieg des harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) für das Euro-Währungsgebiet von unter zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr“ definiert. Der Preisindex HVPI wird nach EU-weit einheitlichen Regeln und auf der Grundlage eines einheitlichen Warenkorbs ermittelt.

    Derzeit strebt der EZB-Rat eine mittelfristige Preissteigerungsrate von „nahe zwei Prozent“ an. Damit will der Rat klarstellen, dass die EZB eine gewisse Preissteigerung zur Abwehr von Deflationsrisiken für angemessen hält. Ein weiteres Ziel der EZB ist die Sicherung einer stabilen Konjunkturentwicklung.

    Legt die EZB einen Zinssatz zum Erreichen ihrer Ziele fest, wirkt sich diese Entscheidung auch auf die Guthabenzinssätze aus, die Sie als Kapitalanleger am Geld- und Kapitalmarkt, etwa mit Tagesgeld oder Festgeld erzielen können. 

    Geldpolitische Instrumente der EZB

    Die Europäische Zentralbank kann im Rahmen ihrer Geldpolitik in verschiedenen Bereichen Maßnahmen ergreifen. Zu den wichtigsten Instrumenten zählen die folgenden:

    Offenmarktpolitik

    Das wichtigste geldpolitische Instrument der EZB in der Offenmarktpolitik ist das Hauptrefinanzierungsinstrument. Über dieses erhalten Geschäftsbanken in einem Auktionsverfahren Zentralbankgeld. Der Basiszinssatz der EZB, der sogenannte Mindestbietungszinssatz, bestimmt dabei die Zinsuntergrenze und wird aufgrund seiner Bedeutung auch als „Leitzins“ bezeichnet. 

    Ständige Fazilitäten

    Zu den mit unbegrenztem Volumen für Geschäftsbanken verfügbaren ständigen Fazilitäten zählen die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität.

    • Zum Spitzenrefinanzierungssatz können sich die Geschäftsbanken kurzfristig („overnight“) unbegrenzt Liquidität beschaffen.
    • Der Einlagesatz gibt die Höhe der Verzinsung von Guthaben an, die von Geschäftsbanken bei der EZB unterhalten werden.

    Devisenmarkt-Interventionen

    Interventionen am Devisenmarkt unternimmt die EZB eher selten. Ein Eingriff der Zentralbank am Devisenmarkt kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Devisenkurs des Euro nach Auffassung der Notenbank erheblich über- oder unterbewertet ist und dadurch entweder das EZB-Inflationsziel oder die Wirtschaftsstabilität im Euro-Raum gefährdet ist.

    Die Mindestreservepolitik

    Als Mindestreserve wird der Geldbetrag bezeichnet, den Geschäftsbanken bei der EZB mindestens unterhalten müssen – er ergibt sich aus den bei den Geschäftsbanken unterhaltenen Sichtguthaben. Durch die Festlegung eines bestimmten Mindestreservesatzes steuert die EZB die Geldschöpfungsmöglichkeiten der Geschäftsbanken: Je höher der Mindestreservesatz, desto geringer sind die Möglichkeiten der Geschäftsbanken Staatskredite zu vergeben. Seit dem 18.1.2012 liegt der Mindestreservesatz bei einem Prozent (Stand: März 2015). 

    Öffentlichkeitsarbeit

    Von großer psychologischer Bedeutung für den Geld- und Kapitalmarkt ist die Öffentlichkeitsarbeit der EZB. Die Einschätzungen der Zentralbank, etwa zur allgemeinen Wirtschaftsentwicklung, werden von den Akteuren am Kapitalmarkt ebenso sorgfältig registriert wie die Begründung der EZB zu ihren Zinsentscheidungen und der Ausblick der Notenbank auf die künftige Zins- und Konjunkturentwicklung.

    Expansive und restriktive Geldpolitik

    Um bestimmte wirtschaftspolitische Ziele zu erreichen, kann die EZB unter anderem Einfluss auf die Entwicklung der Geldmenge nehmen. Eine expansive Geldpolitik zielt auf eine Ausdehnung der Geldmenge, während durch restriktive Maßnahmen eine Geldverknappung angestrebt wird. Um die Geldmenge zu steuern, kann die EZB zum Beispiel  im Rahmen ihrer Mindestreservepolitik, Offenmarktpolitik oder Zinspolitik Maßnahmen ergreifen.

    Bei einer ungünstigen Wirtschaftsentwicklung setzt die Zentralbank eher auf expansive Maßnahmen, um die Umlaufgeschwindigkeit des Gelds zu erhöhen. Bei einer hohen Inflationsrate, die oft mit einer guten Konjunkturentwicklung einhergeht, wird sie tendenziell restriktiv vorgehen.

    Ob eine  wirtschaftliche Situation von der Zentralbank als günstig oder ungünstig eingeschätzt wird, hängt von verschiedensten Indikatoren wie Geldwertstabilität, Wirtschaftswachstum, Arbeitslosenquote und Außenhandelsergebnis ab.

    Die Leitzinsentwicklung

    Um die Konjunktur in der Eurozone zu stärken, hat die EZB die Leitzinsen auf ein historisch niedriges Niveau gesenkt. Die aktuellen Leitzinsen liegen bei einem Niedrigzins von 0,00 Prozent (Hauptrefinanzierungsfazilität), 0,25 Prozent (Spitzenrefinanzierungsfazilität) und -0,4 Prozent (Einlagefazilität), jeweils Stand November 2016. Nachdem die EZB angekündigt hat, zwischen März 2015 und September 2016 dem Geldmarkt durch Offenmarktgeschäfte monatlich 60 Milliarden Euro zuzuführen, ist eine Zinswende nicht absehbar.

    Die Auswirkungen der EZB-Geldpolitik auf die Konsumenten

    Verändert die EZB ihre Zinssätze, so wirkt sich dies recht schnell auf die Interbanken-Zinssätze aus – und mittelbar auch auf die Zinssätze, die Sie als Verbraucher zum Beispiel für Ihre Spareinlagen erhalten oder für einen kurzfristigen Kredit zahlen müssen. Um den passenden Kredit für ihre Bedürfnisse zu finden, ist ein Kreditvergleich ratsam.

    Allerdings senken die Kreditinstitute ihre Guthabenzinsen nach einer EZB-Zinssenkung erfahrungsgemäß rascher als die Kreditzinsen. Nach einer Zinserhöhung durch die Zentralbank passen die Geschäftsbanken in der Regel die Kreditzinsen vor den Guthabenzinsen an.

    Zins- oder Geldmengenveränderungen beeinflussen zudem die grundsätzliche  Kreditvergabebereitschaft von Banken: Für Konsumenten ist die Aufnahme von Verbraucherkrediten bei restriktiver Geldpolitik tendenziell schwieriger als nach expansiven Maßnahmen. Die Auswirkungen von Änderungen des Leitzinssatzes auf die Inflationsrate und damit auf die Verbraucherpreise zeigen sich meistens nur mit einer gewissen Verzögerung („time lag“).

    Bei einer restriktiven Geldpolitik wird zudem Unternehmen die Betriebsmittel- und Investitionsfinanzierung erschwert, sodass langfristig Arbeitsplätze gefährdet sein können. Der von der EZB vorrangig beeinflusste Geldmarkt schließt alle kurzfristigen Finanzmarktgeschäfte (inklusive des Devisenhandels) ein, während der Kapitalmarkt eher mittel- und langfristige Kredit- und Anlageformen umfasst.

    Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Geldmarkt- und Kapitalzinsen besteht zwar nicht, allerdings ist es möglich, beispielsweise durch Offenmarktgeschäfte auch gezielt auf die langfristigen Kapitalmarktzinsen einzuwirken, etwa, um die Investitionstätigkeit von Unternehmen zu beeinflussen.

    Es kann keinen Zweifel geben, dass die EZB die niedrigen Zinsen wesentlich verursacht hat. Das wird auch niemand ernsthaft bezweifeln. Allerdings ist sie dafür nicht allein verantwortlich. Wenn international die Zinsen sehr niedrig sind, ist der Spielraum auch für eine große Zentralbank beschränkt. Außerdem bestimmt die EZB den Zinssatz auch in Europa nicht alleine. Trotz des dominanten Einflusses der Europäischen Zentralbank gibt es noch andere Marktteilnehmer, die durch ihr wirtschaftliches Handeln die Zinsen beeinflussen. Wesentlich interessanter ist jedoch, ob die Niedrigzinsen wirklich so schlimm sind. Sicherlich gab es bessere Zeiten für risikoscheue Kapitalanleger. Aber nach wie vor ist es mit geringem Aufwand möglich, ein Tagesgeldkonto mit positiver Verzinsung zu finden. Mit anderen Worten: Obwohl wir noch immer mitten in einer gewaltigen Jahrhundertkrise stecken, gibt es Anlagen nahezu ohne Risiko mit extrem kurzer Bindungsdauer, die eine Verzinsung abwerfen, die höher ist als die Inflationsrate von aktuell nahezu null Prozent. Dies war in der Vergangenheit schon deutlich schlimmer. In Zeiten hoher Inflationsraten hatten wir zwar nominal Zinsen von 5 Prozent und mehr. Nach Abzug der Inflation war die Verzinsung jedoch deutlich negativ. Insofern besteht im Moment kein Grund zu übertriebenem Wehklagen. In diesem Kontext aktuell von "Enteignung der Sparer" zu reden, ist schlichtweg absurd. Eine Rendite von 0-1 Prozent bei maximaler Flexibilität ist in Krisenzeiten bestimmt kein schlechtes Geschäft. Und wer mehr Zinsen möchte, muss nur längere Laufzeiten von beispielsweise 2-5 Jahren eingehen – oder darüber nachdenken, ob er nicht einen Teil seiner Anlagen langfristig in riskantere Fondsanlagen wie Aktien oder Immobilien anlegen möchte.
    Prof. Dr. Steffen Sebastian, Direktor am Center of Finance der Universität Regensburg (November 2015)

    Die Kontrolle der Institution EZB

    Die EZB übt ihre Tätigkeit grundsätzlich unabhängig von politischer Einflussnahme aus. Allerdings muss die EZB quartalsweise einen Bericht zur Tätigkeit des Eurosystems und wöchentlich einen konsolidierten Ausweis erstellen. Der Jahresbericht der EZB wird dem Europäischen Parlament, der Europäischen Kommission, dem Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs sowie dem EU-Ministerrat vorgelegt.

    Der Jahresabschluss der EZB wird außerdem von externen Rechnungsprüfern untersucht. Der Europäische Rechnungshof prüft die Effizienz der EZB-Verwaltung. Für interne Kontrollen sorgen die EZB-Revision und ein Datenschutzbeauftragter. Ein für alle EZB-Mitarbeiter und EZB-Rats-Mitglieder geltender Verhaltenskodex verbietet Insider-Geschäfte.

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