Agio: Aufschlag für Aktien und andere Finanzprodukte

Das Agio existiert vermutlich bereits, seitdem es Banken gibt. Dennoch wissen Privatanleger oft nicht genau, was sich hinter diesem Begriff verbirgt – auch wenn er regelmäßig auf ihrer Fondsabrechnung auftaucht. Das Agio ist prinzipiell nichts anderes als ein einmaliger Aufschlag, der in verschieden Bereichen zum Einsatz kommt. Neben Fonds, wo es als eine Art Vertriebsgebühr fungiert, kommt es auch bei Emissionen von Aktien und Anleihen vor. Wie hoch der Aufschlag ausfällt, bestimmen die Emittenten.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: June 02, 2023

Author Daniel Winterl

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Daniel Winterl verantwortet als gelernter Betriebswirt die Finanz- und Versicherungsthemen bei FinanceScout24, um Ihnen die wichtigsten Infos bei ihrer Suche zur Verfügung zu stellen und das richtige Angebot für Sie zu finden.

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Inhaltsverzeichnis
     

    Der Begriff Agio stammt wie viele andere Bezeichnungen in der Finanzwelt aus dem Italienischen. Denn Italien gilt als Ursprungsland des modernen Bankwesens: Dessen Geschichte reicht bis in das elfte Jahrhundert zurück. Geldwechsler vollzogen damals ihre Geschäfte auf Bänken, die Bezeichnung Bank für ein Geldinstitut steht also tatsächlich in Zusammenhang mit dem Sitzmöbel. Zudem wurden in dieser Zeit Geldinstitute gegründet, die bereits mit Buchgeld arbeiteten. Heute noch gebräuchliche Begriffe, beispielsweise Giro, Prokura, Konto und eben auch Agio, stammen aus dem mittelalterlichen italienischen Bankwesen.

    Agio heißt wörtlich übersetzt so viel wie „Bequemlichkeit“ oder aber auch „Spielraum“. Eine gebräuchliche Agio-Definition im Finanzwesen ist die eines einmaligen Aufgelds oder eines Aufschlags, der zusätzlich zum eigentlichen Kaufpreis oder dem Nennwert verlangt werden kann. Üblicherweise wird das Agio als prozentualer Wert des zugrunde liegenden Nennwerts angegeben, eine Agio-Angabe in absoluten Zahlen kommt nur selten vor. Wird beispielsweise für ein Wertpapier mit einem Nennwert von 100 Euro ein Agio von vier Prozent erhoben, beträgt der Kaufpreis 104 Euro.

    Häufig fällt der Begriff im Zusammenhang mit Aktien, doch auch in anderen Bereichen kommt das Aufgeld vor. Als Anleger kann Ihnen das Wissen um Agien beispielsweise helfen, Fondsangebote zu vergleichen oder Fondsabrechnungen besser zu verstehen. In vielen Fällen stellt das Aufgeld eine Art Provision oder Entlohnung für den Vermittler oder Verkäufer eines Finanzprodukts dar.

    Wo findet Agio seine Anwendung?

    Am gebräuchlichsten ist das Agio wohl im Bereich des Wertpapierhandels. Doch auch bei Anleihen, Devisengeschäften, Krediten und Investmentfonds kann ein Agio erhoben werden.

    Konkrete Anwendungen von Agio:

    Aktienemissionen Bei der Neuausgabe von Aktien bezeichnet das Agio den Ausgabeaufschlag – also den Betrag, um den der Ausgabepreis den Nennwert der Aktie übersteigt. Wenn bei einer Neuemission der Börsenwert der Aktien höher ist als das in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital, wird diese Differenz über das Agio abgewickelt, da das Agio nicht als gezeichnetes Kapital verbucht wird, sondern als Kapitalrücklage.
    Fonds Privatanlegern ist der Begriff Agio häufig von ihren Fondsabrechnungen bekannt. Ein Großteil der Fondsgesellschaften verlangt diesen Aufgabeaufschlag beim Kauf von Fondsanteilen, um die Vertriebskosten zu decken. Er wird dem Anlagebetrag zugerechnet. Üblich sind Agien in folgenden Höhen:
    • Geldmarktfonds: Bis 1 Prozent
    • Rentenfonds: 2 bis 4 Prozent
    • Aktienfonds:  3 bis 6 Prozent
    • Offene Immobilienfonds: 5 bis 5,5 Prozent
    Anleihen Die Erstausgabe von Anleihen erfolgt in den meisten Fällen zum Nennwert, es sind aber auch Emissionen mit Auf- oder Abschlag möglich. Wird ein Agio erhoben, reduziert sich der Effektivzins einer Anleihe, da die Berechnungsgrundlage für die Verzinsung der Nennwert ist.
    Devisen Gelegentlich kommt das Agio auch beim Sorten- und Devisenhandel vor. Hier wird unter dem Agio die Differenz zwischen Leitkurs und Kaufpreis verstanden. Genau genommen handelt es sich beim endgültigen Kaufpreis jedoch um den Briefkurs, nicht um den Leitkurs zuzüglich Agio.
    Darlehen Bei der Darlehensvergabe bezeichnet Agio die Differenz zwischen dem ausgezahlten Nettodarlehensbetrag und dem Betrag, den der Darlehensnehmer zurückzahlen muss. Bei einem 10.000-Euro-Darlehen mit einem Agio von fünf Prozent würden also nur 9.500 Euro ausgezahlt. Im Privatkundengeschäft kommen Darlehen mit Agio allerdings selten vor. Hier werden bei einem Kredit die Zinskosten auf den Nettodarlehensbetrag aufgeschlagen, um die Gesamtkosten zu ermitteln. Die verschiedenen Zinskosten und Details bei der Kreditaufnahme können Sie über einen Kreditvergleich ermitteln.
    Optionen In der Welt der Optionen wird das Agio als Aufgeld bezeichnet. Das Agio bzw. Aufgeld resultiert hier aus dem Wert den die Option über den inneren Wert hinaus besitzt. So hat eine Call-Option (=Recht zum Kauf einer Aktie) die einen Ausübungspreis von 50 hat und bei 5 Euro notiert ein Aufgeld von 3 Euro, wenn für die zugrundeliegende Aktie 52 Euro gezahlt werden. Das Agio bei Optionen resultiert aus dem Wert der Volatilität und dem Zinswert. Gegen Ende der Optionslaufzeit sinkt das Agio sehr schnell. Ein Optionskäufer kann dann trotz eines für ihn positiven Verlaufs des Nennwertes trotzdem einen Verlust erleide.

     

    Fonds auch ohne Ausgabeaufschlag

    Bei einigen Direktbanken ist es möglich, Fondsanteile auch ohne Ausgabeaufschlag zu kaufen.

    Wo muss das Agio angegeben werden?

    Verlangt eine Fondsgesellschaft beim Erwerb von Fondsanteilen ein Agio vom Anleger, muss sie dies in der Verkaufsbroschüre aufführen. Unternehmen, die Aktien emittieren, müssen das erhobene Agio an diversen Stellen angeben. Hierzu zählt unter anderem der Zeichnungsschein für die Aktie. Auch in die Satzung muss das Unternehmen das Agio aufnehmen. Die Kapitalerhöhung durch das Agio muss nach § 182, Absatz 3 des Aktiengesetzes (AktG) im Kapitalerhöhungsbeschluss festgehalten werden. Bei Darlehen wird das Agio als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten (ARAP) geführt und muss im entsprechenden Konto passiviert werden.

    Agio und Disagio

    Ob ein Agio erhoben wird oder nicht, und falls ja, in welcher Höhe, liegt in der Hand des Emittenten beziehungsweise des Anbieters. Wird es allerdings erhoben, darf dies den Anlegern nicht verborgen bleiben, sondern muss vertraglich festgehalten werden. Auch in Kaufangeboten oder Produktbeschreibungen darf die Angabe zum Agio nicht fehlen. Eine einheitliche Berechnungsformel für das Aufgeld gibt es nicht, das Agio berechnen die Anbieter selbst. Üblicherweise schlagen sie einen festgelegten prozentualen Anteil auf den Nennwert auf.

    Das Gegenstück zum Agio ist das Disagio: Dieses beschreibt ein Abgeld bzw. einen Abschlag.

    Diese Faktoren bestimmen die Höhe des Agios

    Wie hoch ein Agio ausfällt, hängt von diversen Faktoren ab. Bei Aktienemissionen setzen Unternehmen das Agio so an, dass es die Differenz zwischen dem Börsenwert der Aktien und dem bilanziellen Eigenkapital ausgleicht. Häufig hat die Marktsituation direkten Einfluss auf die Höhe des Agios. Während das Agio auf Fondsanteile bei den meisten Wettbewerbern lediglich zwei Prozent beträgt, wird es ein Fondsanbieter, der vier Prozent Agio aufschlägt, schwer haben am Markt. Letztendlich muss der Emittent das Agio so ansetzen, dass Anleger bereit sind, den endgültigen Kaufpreis zu bezahlen. Bei Optionen ergibt sich das Agio aus der Volatilität und dem Zinswert. Neigt sich die Optionslaufzeit dem Ende, sinkt das Agio meist sehr schnell.

    Ein schwaches Kapitalmarktumfeld mit niedrigen Zinsen kann dabei von Vorteil sein – wenn es wenig Anlagealternativen gibt, sind Käufer eher bereit, einen höheren Aufschlag zu zahlen. Ein typisches Beispiel hierfür sind die 2012 und 2013 ausgegeben einjährigen Bundesanleihen. Die Bundesregierung machte sich die Niedrigzinsphase zunutze und gab die Anleihen mit einem für diese Wertpapierart untypischen Aufschlag aus. Vor allem institutionelle Anleger wie Versicherungen investierten dennoch, da sie angesichts der niedrigen Zinsen kaum andere, renditestärkere Optionen für eine sichere Anlage hatten und das Kapital ihrer Kunden wertsicher anlegen müssen. Dies hatte zur Folge, dass die Neuverschuldung der Bundesregierung gleichzeitig zum Schuldenabbau führte.

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