Insolvenzverschleppung: Das müssen Sie wissen

Wenn Unternehmen oder juristische Personen im Falle einer Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wissentlich keinen Antrag auf ein Insolvenzverfahren stellen, wird im juristischen Sinne von Insolvenzverschleppung gesprochen. Es droht auch ein Verfahren, wenn der Antrag zu spät oder fehlerhaft gestellt wurde. In der Regel gestattet das Gesetz vom Feststellen der Insolvenz bis zur Antragstellung nur wenige Wochen.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: April 27, 2023

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Inhaltsverzeichnis
     

    Die Insolvenzverschleppung wird als verspätete Stellung eines Insolvenz­antrages bezeichnet. Wann ein solcher Insolvenzantrag zu stellen ist, wird in einzelnen Rechtsvorschriften bestimmt.

    Von einer Insolvenzverschleppung wird gesprochen, wenn bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nicht rechtzeitig ein Eröffnungsantrag gestellt wird. Der Zeitraum hierbei beläuft sich auf drei Wochen nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. sechs Wochen im Falle einer Überschuldung.

    Nach Paragraph 15 a der deutschen Insolvenzordnung handelt es sich bei der Insolvenzverschleppung um eine Straftrat, wenn es sich beim Beschuldigten um eine juristische Person handelt. Somit sind von der Insolvenzverschleppung in der Regel die Geschäftsführer von Unternehmen betroffen.

    Unterscheidung Insolvenz- und Konkursverschleppung

    Früher wurde die Insolvenzverschleppung auch „Konkursverschleppung“ genannt. Bis zur einheitlichen Regelung über die Insolvenzordnung wurden das GmbH-Gesetz für GmbHs sowie das Aktiengesetz für Aktiengesellschaften und das Handelsgesetz für oHG und KG angewandt.

    Insolvenzverschleppung vermeiden

    Eine Insolvenz ist im Leben eines Unternehmens sowohl Chance als auch das Eingestehen einer geschäftlichen Niederlage. Dennoch sollten Geschäftsführer zügig handeln, wenn sie feststellen, dass in naher Zukunft die Zahlungsunfähigkeit droht.

    Um eine Insolvenzverschleppung zu vermeiden, muss innerhalb von drei Wochen nach Feststellung der Zahlungsunfähigkeit ein Insolvenzantrag gestellt werden.

    So lässt sich eine Insolvenzverschleppung vermeiden

    Geschäftsführer von Unternehmen haben verschiedene Möglichkeiten, um den Vorwurf der Insolvenzverschleppung zu entkräften. Nachdem der Insolvenzantrag gestellt wurde, wird die Insolvenzakte von der Staatsanwaltschaft geprüft. Dabei werden vor allem Fristen und die korrekte Antragstellung kontrolliert. Folgendes ist wichtig, um eine Insolvenzverschleppung zu vermeiden:

    • Rechtzeitig Insolvenzantrag stellen
      Unternehmer und Unternehmen haben drei Wochen Zeit, um einen Insolvenzantrag bei Zahlungsunfähigkeit zu stellen. Deshalb sollte genau geprüft werden, wann eine Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn das Unternehmen innerhalb eines Monats 90 Prozent von anstehenden Zahlungen nicht begleichen kann. Bei einer Ratenzahlung ist immer nur die für den laufenden Monat fällige Rate und nicht die Gesamtschuld zu berücksichtigen. Wichtig ist dabei, dass die Zahlungsunfähigkeit frühzeitig bemerkt wird. Bei der Prüfung eines Insolvenzantrags schauen Staatsanwälte auch, ob Mahnverfahren vorliegen oder Schulden bei Krankenkassen bestehen.
    • Bezahlen letzter Bestellungen und Käufe vor Insolvenzantrag
      Es ist wichtig, die neuesten Rechnungen noch vor der Antragstellung zu begleichen. Auf diese Weise können Unternehmen darlegen, dass sie Waren oder andere Dinge nicht im Wissen einer drohenden Insolvenz bestellt haben. In diesem Fall könnten die Gläubiger die Bestellungen als Betrug auslegen.
    • Arbeitnehmerbeiträge und Sozialversicherungen fristgerecht bezahlen
      Die letzten verfügbaren finanziellen Mittel sollten Unternehmer immer für Sozialversicherung und Lohn der Mitarbeiter reservieren. Auf diese Weise wird vermieden, dass jeder ausbleibende Beitrag an Kranken- und Sozialkassen im Insolvenzverschleppungsverfahren als eigenes Strafdelikt gewertet werden kann. Wichtig ist, dass diese Beiträge auch bei knapper Kasse fristgerecht bezahlt werden. Schon bei einem Tag Überschreitung der Fälligkeit tritt hier Verzug ein.
    • Firmenbilanz bis zum 30. Juni des Folgejahres stellen
      Um einen Verstoß gegen die Buchführungspflicht zu vermeiden, sollten Unternehmen im Falle einer Insolvenz die Bilanz bis zum 30. Juni des Folgejahres erstellen. Dieser Vorgang wird umso wichtiger, weil ein Verstoß dazu führen kann, dass das insolvente Unternehmen von der Restschuld befreit wird. In der Regel reicht jedoch eine vorläufige Bilanz.

    Mögliche Gründe

    Für eine Insolvenzverschleppung kann es verschiedene Gründe geben. Diese Gründe werden in Paragraph 15 a der Insolvenzversordnung aufgeführt:

    • Es wurde trotz Zahlungsunfähigkeit kein Insolvenzantrag gestellt.
    • Der Insolvenzantrag wurde nicht innerhalb der Drei-Wochen-Frist gestellt.
    • Der Insolvenzantrag wurde falsch gestellt.

    Rechts- oder Steuerberatung in Anspruch nehmen

    Um derartige Fehler zu vermeiden, empfiehlt es sich, dass Unternehmen die Beratung von Rechtsanwälten oder Steuerberatern in Anspruch nehmen. Dies gilt umso mehr für Startups, die ihren Geschäftsbetrieb noch nicht sehr lange aufrecht halten.

    Gesellschaften können betroffen sein

    Von einer Insolvenzverschleppung können juristische Personen oder Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit betroffen sein. Darüber hinaus gibt es auch bei Krankenkassen eine Insolvenzverschleppung. Allerdings wird der Tatbestand dort über das Sozialgesetzbuch geregelt.

    Die Insolvenzordnung gilt für folgende Gesellschaften:

    • GmbH
    • KG
    • oHG
    • Aktiengesellschaften
    • Ltd mit Hauptgeschäftsinteressen in Deutschland
    • Stiftungen
    • Vereine

    Insolvenzverschleppung für Geschäftsführer

    Es gibt verschiedene Anhaltspunkte, die für eine Insolvenzverschleppung sprechen. Zunächst sind deutsche Unternehmen dazu verpflichtet ein Insolvenzverfahren zu starten, sobald sie feststellen, dass sie zahlungsunfähig sind. Wird ein Insolvenzgrund festgestellt, haben sie drei Wochen Zeit, einen Antrag zu stellen.

    Gründe für eine Insolvenz

    Die Insolvenzordnung sieht verschiedene Gründe für eine Insolvenz vor. Dies sind unter anderem die drohende Zahlungsunfähigkeit und die Überschuldung.

    Überschuldung; § 19, Absatz 2 der InsO

    „Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn die Fortführung des Unternehmens ist nach den gesetzlichen Umständen überwiegend wahrscheinlich."

    Zahlungsunfähigkeit; § 17, Absatz 2 der InsO

    „Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat."

    Bei Kapitalgesellschaften gilt auch der fahrlässige Umgang mit einer offensichtlich drohenden Insolvenz als Insolvenzverschleppung. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn eine Rechnung drei Wochen lang nicht bezahlt wurde und dazu nichts Entsprechendes verhandelt wurde.

    Fahrlässiger Umgang; § 18, Absatz 2 der InsO

    „Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen"

    Fehler im Antrag

    Wird ein Insolvenzantrag mit Fehlern gestellt, droht zwar theoretisch eine Insolvenzverschleppung. Allerdings gibt das Gericht Unternehmen die Möglichkeit, den Insolvenzantrag innerhalb einer vorgegebenen Frist zu korrigieren.

    Erst wenn die Korrektur ausbleibt oder nicht erfolgt, wird der Strafbestand der Insolvenzverschleppung weiter verfolgt. Allerdings sollten Unternehmen nicht versuchen, durch einen fehlerhaften Insolvenzantrag auf Zeit zu spielen. Der Vorwurf der Insolvenzverschleppung bleibt dabei immer bestehen.

    Nicht für Privatpersonen

    Privatpersonen müssen nicht befürchten, wegen Insolvenzverschleppung juristisch belangt zu werden. Dies gilt auch für Selbständige.

    Sie gelten nämlich als natürliche Personen, die eine Privatinsolvenz oder eine Verbraucherinsolvenz anmelden können. Dabei müssen keine Fristen eingehalten werden, ebenso drohen keine Strafverfahren. Eine Insolvenzverschleppung liegt nur dann vor, wenn eine juristische Personen keinen Antrag auf ein Insolvenzverfahren stellt.

    Insolvenzverschleppung unbedeutend bei Privatinsolvenz

    Meldet eine natürliche Person Privatinsolvenz an und wurde vorher schon einmal wegen einer Insolvenzverschleppung verurteilt, hat das keinen Einfluss auf eine Versagung der Restschuld. Wer jedoch gegen die Paragraphen 283, 283 a, 283 b und 283 c des Strafgesetzbuchs (Bankrott sowie Verletzung der Buchführungspflicht oder Gläubigerbegünstigung) verstoßen hat, muss mit einer Versagung der Restschuldbefreiung bei einer Privatinsolvenz rechnen.

    Folgen einer Insolvenzverschleppung

    Die Folgen einer Insolvenzverschleppung sind vielfältig. Grundsätzlich stellt die Insolvenzverschleppung einen Straftatbestand dar. In der Regel droht der Geschäftsführung eines Unternehmens eine Geldstrafe, die nach Tagessätzen berechnet wird. 

    So lang die Strafe unter 90 Tagessätzen bleibt, müssen die Schuldigen lediglich Geld bezahlen. Liegt die Strafe darüber, gibt es einen Eintrag ins Polizeiliche Führungszeugnis und die Schuldigen sind vorbestraft. Bei Insolvenzverschleppung in großem Umfang droht auch eine Gefängnisstrafe. Sollte das Handeln vorsätzlich gewesen sein, kann eine Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren oder eine Geldstrafe drohen. Bei fahrlässigem Handeln kann die Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr betragen oder eine Geldstrafe sowie die Sperre als Geschäftsführer für 5 Jahre angesetzt werden.

    Weitere mögliche Konsequenzen

    Grundsätzlich führt ein Insolvenzantrag immer dazu, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen beginnt. Hierbei werden die finanziellen Verhältnisse von Unternehmen genau geprüft. Häufig können dann noch weitere Delikte gefunden werden, wie zum Beispiel das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen oder Bankrott.

    Dabei handelt es sich um weitere Straftatbestände, welche die Gesamtstrafe erhöhen und sich negativ auf das Verfahren zur Insolvenzverschleppung auswirken können. Wird ein Geschäftsführer zusätzlich wegen Bankrott verurteilt, darf er seit einer Gesetzesänderung aus dem Jahr 2008 fünf Jahre lang kein Geschäft mehr führen.

    Bei einem Bankrott handelt es sich um eine Straftat, die im Strafgesetzbuch im Paragraph 283 definiert wird. Die Definition umfasst Handlungen, die von Geschäftsführern durchgeführt werden, um zum Beispiel die Konkursmasse wissentlich zu verringern und beiseite schaffen. Darüber hinaus bezeichnet Bankrott auch die Vortäuschung von Rechten anderer oder die Fälschung von Bilanzen.

    Dabei muss der Bankrott nicht direkt ausgeführt werden, allein der Versuch ist nach Absatz 3 strafbar. Verurteilten drohen eine Geldstrafe und eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren Haft.

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