Refinanzierung: Kapitalbeschaffung unter Banken

Bei der Refinanzierung handelt es sich um eine Maßnahme, mit deren Hilfe sich Geschäftsbanken Kapital von anderen Banken oder von Zentralbanken beschaffen. Mit diesem Kapital wird das Aktivgeschäft abgewickelt. Die Banken können mit dem refinanzierten Kapital selbst wieder Kredite ausgeben. Eine Alternative zur Refinanzierung ist die Anleihe oder Schuldverschreibung.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: April 27, 2023

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Daniel Winterl verantwortet als gelernter Betriebswirt die Finanz- und Versicherungsthemen bei FinanceScout24, um Ihnen die wichtigsten Infos bei ihrer Suche zur Verfügung zu stellen und das richtige Angebot für Sie zu finden.

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Inhaltsverzeichnis
     

    Banken können sich über eine Refinanzierung Kapital von anderen Banken oder der Zentralbank leihen. Dieses Kapital können sie in Form von Krediten oder Verzinsungen an ihre Kunden weitergeben. Refinanziert werden muss nur das Kapital, das zur Kreditgewährung verwendet wird.

    Die klassische Refinanzierung läuft über die Geldaufnahme bei einer Zentralbank ab. Allerdings stehen Banken noch weitere Refinanzierungsoptionen offen, um an „frisches Geld“ zu kommen. So können Ratenkredite verkauft oder Einlagen zur Refinanzierung genutzt werden.

    Für von der Bank übernommene Bürgschaften oder Garantien, die sogenannten Avale, steht die Refinanzierung nicht zur Verfügung.

    Auch die Bankkunden und Kreditnehmer sind betroffen

    Je besser die Refinanzierungskonditionen für eine Bank sind, also je günstiger sie selbst Geld aufnehmen kann, desto günstiger müssten die Kreditzinsen für Kunden ausfallen. Aktuell zeigt sich diese Tendenz bei Immobilienkrediten (Stand Mai 2016). Die europäische Zentralbank hält den Leitzins auf einem sehr niedrigen Niveau. Dadurch können Banken Immobiliendarlehen ihrer Kunden zu sehr günstigen Konditionen refinanzieren. Die Kunden selbst zahlen dabei nur wenig Zinsen auf ihren Immobilienkredit. Um von dieser positiven Entwicklung zu profitieren, sollten Sie einen Kreditvergleich durchführen. Dieser stellt einen sinnvollen ersten Schritt dar, um den für Ihre Ziele passenden Kredit zu finden.

    Im Gegenzug wirken sich die günstigen Konditionen für die Refinanzierung eher negativ auf die Spareinlagen der Kunden aus. Für Banken ist es dadurch attraktiver, Geld bei Zentralbanken zu leihen, als die Refinanzierung über die Einlagen ihrer Kunden durchzuführen. Als Konsequenz sind die Zinsen für Geldanlagen sehr niedrig.

    Aktivvorgriff und Passivvorgriff

    Bei einer Refinanzierung wenden Banken in der Regel zwei verschiedene Methoden an, den Aktivvorgriff und den Passivvorgriff.

    Der Aktivvorgriff bedeutet, dass die Bank Kredite aufnimmt, ohne sie sofort zu einer Refinanzierung zu nutzen. Vergleichbar wäre das mit einem Privatkunden, der einen Kreditvertrag abschließt, das Kapital aber nicht einfordert. Bei Banken hat dies zur Folge, dass sich zwar die Liquidität verringert. Allerdings ist das im Vorfeld bereits eingeplant, wenn es zum Beispiel Überschüsse gab. Mit dem Aktivvorgriff setzen die Banken darauf, dass die Zinsen auf dem Geldmarkt erwartungsgemäß sinken. Sind sie auf dem gewünschten Niveau, wird die Refinanzierung gestartet und die Bank kann mit selbst ausgegebenen Krediten einen noch höheren Gewinn erzielen.

    Bei einem Passivvorgriff geht die Bank davon aus, dass die Zinsen auf dem Kapitalmarkt steigen. Zugleich sucht die Bank nach möglichen Anlegern. Das Geld, das sie über die Refinanzierung eingenommen hat, wird zunächst nicht für die Kreditvergabe verwendet. Stattdessen legt die Bank das refinanzierte Kapital selbst an und versucht, mehr Zinsen dafür zu erhalten als sie für die Refinanzierung bezahlen muss. Hierfür werden Finanzprodukte mit kurzen Laufzeiten bei anderen Banken genutzt. Soll das Geld schließlich wieder für Kundenkredite zur Verfügung stehen, lösen die Banken ihre Geldanlagen auf.

    Mittel der Refinanzierung

    Banken können sich verschiedener Mittel zur Refinanzierung bedienen. Am gängigsten ist die Refinanzierung über die Europäische Zentralbank oder die Bundesbank. Die Europäische Zentralbank spielt spätestens seit der Bankenkrise im Jahr 2008 eine wichtige Rolle bei Refinanzierungen. Sie unterstützt die Geschäftsbanken mit frischem Geld, damit diese Kredite vergeben und damit Investitionen in der Wirtschaft erleichtert werden.

    Über Spareinlagen

    Die Refinanzierung über die Spareinlagen ihrer Kunden ist ein klassischer Weg, den viele Banken gehen. Während die einen Kunden ihr Geld bei der Bank anlegen und dafür Zinsen erhalten, verwendet die Bank dieses Kapital, um es an andere Kunden zu höheren Zinsen zu verleihen.

    Zum Einlagengeschäft gehören verschiedene Anlageprodukte wie Tages- und Festgeld, Sparbriefe, Sparbücher oder Guthaben auf Girokonten. Besonders wichtig sind langfristige Geldanlagen mit fester Laufzeit, weil Banken ihre Refinanzierung damit besser planen können als mit kurzfristigen Einlagen.

    Bei der Refinanzierung über Einlagen sind die Banken an die Haltung einer Mindestreserve gebunden, die ihre Liquidität sichert. Somit können Banken nur einen Teil der kompletten Einlagen ihrer Kunden für die Refinanzierung nutzen.

    Die Einlagenrefinanzierung wird auch als passivische Refinanzierungsquelle bezeichnet, weil sie in der Bilanz auf der Passivseite aufgeführt wird.

    Durch Aufnahme von Darlehen bei Geschäftsbanken

    Eine Bank kann Kredite über den Kapitalmarkt in Form von Staatskrediten zum Zweck der Refinanzierung aufnehmen. Hierfür geben Geschäftsbanken Anleihen aus, während Hypothekenbanken Pfandbriefe ausgeben. Diese Praxis hat jedoch mit zur großen Bankenkrise geführt. Damals mussten Zentralbanken die Kreditinstitute durch den Ankauf von Anleihen oder Pfandbriefen unterstützen.

    Heute werden immer noch Refinanzierungen über den Kapitalmarkt durchgeführt. Allerdings ist diese Kapitalbeschaffung mit einem Risiko verbunden, das an die Zinsen gekoppelt ist. Gibt eine Bank Anleihen aus, während die Zinsen allgemein hoch sind und der Zinssatz für Kredite jedoch fällt, können die Refinanzierungskosten über den Einnahmen aus den Krediten liegen. Die Bank macht dann Verluste durch die Refinanzierung.

    Die Refinanzierung über den Interbankenhandel setzt voraus, dass die teilnehmenden Banken über eine hohe Bonität verfügen. Im Kreditwesengesetz wird festgelegt, wie hoch das Eigenkapital der Banken sein muss, damit sie Geld von anderen Banken leihen und an andere Banken verleihen dürfen. Die Höhe der Zinssätze orientiert sich dabei an internationalen Referenzzinssätzen. Beim Interbankenhandel können sich Banken aus unterschiedlichen Ländern gegenseitig mit frischem Kapital versorgen, so beispielsweise auch durch einen Staatskredit.

    Durch Kreditverkauf

    Banken können Kredite verkaufen, um an Kapital zu kommen. Dabei werden in der Regel ähnliche Kredite gebündelt und an Investoren veräußert. Üblicherweise sind die verkauften Kredite bereits mit Forderungen der Bank verbunden. Diese Forderungen werden nun auf die neuen Eigentümer übertragen.

    Die Refinanzierung über den Kreditverkauf nutzen Banken zum Beispiel dann, wenn sie in einer Notlage sind und sehr schnell neues Kapital benötigen. Zugleich erhöhte die Bank durch den Verkauf ihre Eigenkapitalquote und verbessert die Bilanz.

    Der Kreditverkauf kam nach der Finanzkrise 2008 in Verruf, da er in den USA zu massenhaften Zwangsvollstreckungen geführt hat. In Deutschland wurde deshalb im gleichen Jahr das Risikobegrenzungsgesetz eingeführt. Kreditnehmer können einen Kreditverkauf ihrer Bank ausschließen, wenn es in den Vertragskonditionen so fixiert wird.

    Über die Zentralbank

    Im Bereich der Refinanzierung spielen die Zentralbanken der europäischen Länder sowie die Europäische Zentralbank (EZB) eine wichtige Rolle. Diese Geldhäuser tragen durch die Geldausgabe dazu bei, dass sich Banken günstig Geld leihen und dieses in Form von attraktiven Darlehen an Unternehmen sowie an Privatkunden ausgeben können. Auf diese Weise wollen die Zentralbanken zu einem wirtschaftlichen Aufschwung beitragen.

    Eine besondere Form der Refinanzierung über die Zentralbank ist die sogenannte „Spitzenrefinanzierungsfazilität“. Dabei erhalten die Banken eine Art Blankokredit, der zu einem Spitzenrefinanzierungssatz zurückgezahlt werden muss. Dieser Mechanismus ist vor allem für die sehr kurzfristige Kapitalaufnahme gedacht.

    Ursprünglich waren die Zentralbanken als Nothelfer für Refinanzierungen gedacht. Durch sehr große Bargeldreserven und Vorräte an Gold und Silber sollten sie im Notfall Liquiditätsengpässe von Banken beheben. Im Zuge der weltweiten Finanzkrise hat die EZB den Leitzins sukzessiv gesenkt. Im März 2016 lag der Leitzins sogar bei null Prozent. Dies bedeutet, dass Banken bei Refinanzierungen über die Europäische Zentralbank keine Zinsen bezahlen müssen.

    Die Europäische Zentralbank spielt durch ihre Geldpolitik eine zentrale Rolle bei der Vergabe von Kundenkrediten, denn deren Zinshöhe orientiert sich am Leitzins der EZB. Diese Tatsache wird vor allem bei Immobilienkrediten deutlich. Hier sind die Zinsen in den letzten Jahren deutlich gesunken.

    Durch die günstige Kreditvergabe der Banken wiederum sinken deren Einnahmen. Auf diese Weise können sie weniger Zinsen für Spareinlagen ausgeben. Eine der Folgen ist, dass einige Banken überlegen, Strafzinsen für Guthaben einzuführen.

    Kosten

    Für Refinanzierungen müssen die Banken verschiedene Kosten tragen. Den größten Anteil an den Refinanzierungskosten macht der Zinsaufwand aus. Der Zinsaufwand selbst setzt sich wiederum aus vielen Einzelpositionen zusammen. So wirken sich die Habenzinsen auf die Gesamtkosten der Refinanzierung aus, die an Kunden gezahlt werden. Ebenso müssen die Kosten für Schuldverschreibungen oder Ausschüttungen einberechnet werden. Gebühren sowie Provisionen werden ebenfalls mit zu den Kosten für die Refinanzierung gezählt. Des Weiteren werden Zinsen für Eigenmittel einbezogen, die zur Kalkulation dienen.

    Wird eine Refinanzierung über Anleihen durchgeführt, müssen die Kosten für Emissionen zusätzlich berücksichtigt werden. Somit gehört diese Form der Refinanzierung zu den teuersten.

    Maßgeblichen Einfluss auf die Refinanzierungskosten hat die Unsicherheit der Banken gegenüber der künftigen Entwicklung der Zinsen, die auf den Kapitalmärkten gezahlt werden. Je weiter die vorausberechnete Zinshöhe in der Zukunft liegt, desto unsicherer wird die Kostenberechnung für die Refinanzierung. Um Zinsentwicklungen besser vorauszusehen, werden Zinsderivate geschaffen.

    Am kostengünstigsten ist für Banken das Geschäft mit Einlagen. Allerdings sind hier niedrigere Margen zu erwarten als bei der Kreditvergabe an Privatkunden. So wird das Guthaben auf dem Sparbuch eines Privatkunden mit weniger als einem Prozent verzinst, während der Zinssatz eines durchschnittlichen Ratenkredits über fünf Prozent liegt. Je weniger Zinsen eine Bank für die Refinanzierung bezahlen muss, desto attraktiver wird für sie die Kreditvergabe an ihre Kunden.

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