Die Strompreisentwicklung in Deutschland

Nicht erst seit Beschluss der Energiewende sind der Strompreis und dessen Entwicklung ein wichtiges Thema für Verbraucher und die Politik – doch es hat zunehmend an Bedeutung gewonnen. Da die Stromrechnungen in den letzten Jahren trotz aller Maßnahmen zum Energiesparen für die meisten Haushalte gestiegen sind, stellt sich die Frage, ob die Strompreise auch langfristig steigen werden – oder ob sie möglicherweise durch die Energiewende letztlich sogar sinken könnten. Doch wie funktioniert die Preisbildung an der Strombörse und welche Faktoren beeinflussen den Strompreis für den Endkunden?

Melanie Seifert

Autorin für Ratgeber und Wissen


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Zuletzt aktualisiert: April 05, 2024

Author Melanie Seifert

Melanie Seifert

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Melanie ist freischaffende Autorin mit langjähriger Erfahrung. Zuvor hat Melanie Kommunikationswissenschaften studiert und Ihr Wissen bei zahlreichen Finanz- und Versicherungskunden aufgebaut.

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Inhaltsverzeichnis
     

    Die Strompreisentwicklung 2014 hat zum ersten Mal seit Jahren mit einer Tendenz nach unten abgeschlossen. Zuvor waren die Stromkosten für Privathaushalte über Jahre hinweg immer nur gestiegen, was die Stromanbieter stets mit der steigenden EEG-Umlage begründeten. Es gab zwar immer einige Anbieter, die ihre Preise auch nach Anstieg der Umlage stabil hielten, doch mit der leichten Senkung der EEG-Umlage im Herbst 2014 haben erstmals einige Stromversorger ihre Tarife gesenkt. Für Privathaushalte in Deutschland ist der durchschnittliche Strompreis seit dem Jahr 2000 von 13,94 auf 34,64 Cent pro Kilowattstunde in 2022 gestiegen. Dies wiederum entspricht einer Steigerung von 148% beziehungsweise 6,4% pro Jahr.

    Während kurzfristige Voraussagen über Preistrends beim Strom vergleichsweise einfach sind, ist für die langfristige Strompreisentwicklung die Prognose weitaus schwieriger. Nähere Informationen hierzu finden Sie in der Grafik im Abschnitt Energiewende.

    Wieso geht der Trend in den letzten Jahren nach oben?

    Die Liberalisierung des Strommarkts sollte ab 1998 dafür sorgen, dass die freie Marktwirtschaft endlich auch in diesem Bereich Einzug hält. Zuvor gab es keine Auswahl für die Kunden, denn sie waren an den jeweiligen Anbieter vor Ort gebunden. Die Versorgungsgebiete waren zwischen den Konzernen sauber aufgeteilt, eine Möglichkeit zum Wechsel gab es nicht. Das änderte sich mit der Liberalisierung des Markts. Heute steht jedem Privatkunden eine Vielzahl von Stromanbietern zur Verfügung, zwischen denen er wählen kann.

    Ursprünglich hatte man eine Entwicklung wie auf dem Telekommunikationsmarkt erwartet. Doch offenbar hat diese Erfahrung auch manche Verbraucher geprägt, denn schließlich kennt fast jeder die Probleme, die beim Wechsel des Telekommunikations-Anbieters auftreten können. Obwohl es bei Strom und Gas vom Gesetzgeber die Vorgabe gibt, dass die Grundversorgung in keinem Fall unterbrochen wird, auch wenn es zu Schwierigkeiten beim Wechsel kommen sollte, scheuen viele Kunden den Schritt, ihren Stromanbieter zu wechseln.

    Die Bundesnetzagentur geht davon aus, dass rund die Hälfte der Kunden bisher noch nie ihren Energieversorger gewechselt hat. Da diese Kunden meistens noch in der teuren Grundversorgung feststecken, fehlt nach Sicht vieler Experten der Anreiz für die Stromanbieter, ihre Strompreise entsprechend nach unten zu korrigieren. Kurz: Ohne Wettbewerbsdruck durch den Verbraucher kein Preisdruck auf die Anbieter. Indirekt ist davon auch die Strompreisentwicklung betroffen, denn unabhängig von Beschaffungs- und anderen Kosten könnte Energie in Deutschland um einiges günstiger sein.

    Mittlerweile scheint bei den Kunden aber ein Umdenken einzusetzen. Das mag daran liegen, dass sich die Stromrechnungen vielerorts im letzten Jahrzehnt mehr als verdoppelt haben – und das, obwohl viele Verbraucher sich umweltbewusst verhalten und versuchen, Energie einzusparen. Besonders ärgerlich ist es, wenn man Sparmaßnahmen so weit wie möglich ausschöpft und die Strompreisentwicklung diese Anstrengungen – zumindest auf der Stromrechnung – wieder neutralisiert.

    EEG-Umlage verteuert Strom für private Haushalte

    Die Änderungen beim Ausstieg aus der Kernenergie, die im Jahre 2011 nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima von der Bundesregierung quasi von heute auf morgen verkündet wurden, haben die Situation auf dem Strommarkt erneut verändert. Der Atomausstieg sieht vor, die deutschen Atomkraftwerke bis zum Jahr 2022 endgültig abzuschalten.

    Die Einspeisung von Ökostrom, also Energie aus Wind, Wasser, Biomasse und Sonne, hat gesetzlichen bereits seit Längerem Vorrang gegenüber konventionell erzeugtem Strom. Damit wird den Erzeugern von Ökostrom garantiert, dass sie ihren Strom immer ins Netz einspeisen können und dieser auch abgenommen wird. Mehr noch: Die Einspeisevergütung garantiert 20 Jahre lang einen Festpreis, zu dem jede ins Netz eingespeiste Kilowattstunde vergütet wird.

    Finanziert wird diese garantierte Einspeisevergütung über die sogenannte EEG-Umlage. Sie wird häufig von den Stromanbietern als eine staatliche Abgabe dargestellt, gegen die man nichts tun könne. Tatsächlich wären sie aber nicht dazu gezwungen, sie an die Kunden weiterzugeben. Durch den rapiden Ausbau der erneuerbaren Energien – der durch den Atomausstieg noch beflügelt wurde – steigt auch der Anteil der garantierten Vergütungen. Daher wird die EEG-Umlage jedes Jahr im Herbst neu festgelegt. Kostete 1995 die Kilowattstunde Strom für einen Privathaushalt noch rund 16 Cent, liegt er heute bereits knapp unter der 30-Cent-Marke (zuzüglich Mehrwertsteuer).

    Industrie muss weniger für Strom bezahlen

    Für die Industrie sieht die Strompreisentwicklung schon anders aus. Zum einen bekommen Großabnehmer von den Stromanbietern bessere Konditionen eingeräumt und können somit einen niedrigeren Kilowattstundenpreis in Anspruch nehmen. Verbraucht ein Betrieb besonders viel Strom, kann er sich zudem von der EEG-Umlage befreien lassen. Damit will die Politik die Wettbewerbsfähigkeit international tätiger Unternehmen stärken. Das gelingt jedoch nicht immer, denn während viele Firmen gar nicht international tätig sind und dennoch Ausnahmen beantragen konnten, werden kleinere Unternehmen im internationalen Wettbewerb noch dafür bestraft, dass sie Strom einsparen und unterhalb der Verbrauchsschwelle bleiben.

    In Zahlen drückt sich das wie folgt aus: Betriebe mit einer Befreiung von der EEG-Umlage können mit einem Strompreis von etwa 12 Cent pro kWh rechnen. Aber auch Betriebe ohne Befreiung zahlen in der Regel noch erheblich weniger als Privathaushalte, nämlich nur etwa 14 Cent (jeweils ohne Mehrwertsteuer).

    Entwicklung der Strompreise in Europa

    In Europa gibt es auf dem Markt für Privathaushalte große Unterschiede bei der Strompreisentwicklung. Obwohl Deutschland mit knapp 30 Cent je kWh im Vergleich bereits sehr weit oben steht, gibt es mit Dänemark ein Land, in dem der Strom noch geringfügig teurer ist. Doch im sonstigen Vergleich schneidet Deutschland eher schlecht ab. In Großbritannien und den Niederlande liegt der kWh-Preis beispielsweise unter 20 Cent; in Frankreich sind es sogar unter 15 Cent. In Italien zahlt man etwas mehr, aber auch hier liegen die Kosten mit rund 23 Cent unter den deutschen Tarifen.

    Ähnlich sieht es bei der Industrie aus, wenngleich hier Italien mit 17 Cent den Spitzenplatz belegt. In Deutschland sind es im Durchschnitt „nur“ knapp über 14 Cent – in Frankreich und Großbritannien liegt der Strompreis für die Industrie hingegen unter der 10-Cent-Marke.

    Regionale Unterschiede in Deutschland

    Die Strompreisentwicklung in Deutschland ist von regionalen Unterschieden geprägt, was ein Hauptgrund dafür ist, dass man nie pauschal den günstigsten Stromanbieter benennen kann. Je nach Wohnort unterscheiden sich die Tarife teils erheblich, weswegen jeder Kunde einen eigenen Vergleich anstellen sollte. Insgesamt liegen die Strompreise in ländlichen Gebieten höher als in den Städten. Neben einigen Gebieten in West- und Südwestdeutschland betrifft dies hauptsächlich Ostdeutschland.

    Stromanbieter wechseln lohnt sich

    Verbraucher können mit einem Wechsel des Stromanbieters viel Geld sparen. Gerade wenn ein Haushalt noch in der Grundversorgung ist, liegt das Sparpotential bei einigen hundert Euro im ersten Jahr. Der Stromanbieterwechsel ist unkompliziert und meist sogar online möglich, wenn man einen Stromvergleichsrechner verwendet. Keine Angst vor dem Wechsel: Bei Schwierigkeiten sitzt niemand im Dunkeln, denn die Grundversorgung ist gesetzlich garantiert. Achten sollten Sie jedoch auf Vertragslaufzeiten und die AGB der Stromanbieter. Tarife mit Vorauskasse werden von Verbraucherschützern grundsätzlich nicht empfohlen.

    Höhere Strompreise in Ostdeutschland

    Die regionalen Unterschiede beim Strompreis haben verschiedene Gründe. So sind Preisunterschiede zwischen regionalen und überregional tätigen Stromanbietern besonders groß. Das gilt sowohl im Osten als auch im Westen für ländliche Gebiete, wo die Zahl der Energieversorger geringer ist als in Städten. Doch auch zwischen Ost und West gibt es ein erhebliches Gefälle beim Strompreis.

    Jeder Stromanbieter muss dem jeweiligen Netzbetreiber Nutzungsentgelte für die Mitbenutzung der Stromnetze zahlen. Andernfalls könnte kein Versorger ohne eigenes Netz den Endkunden erreichen. Die Höhe der Nutzungsentgelte variiert aber zum Teil erheblich.

    Hier gilt: Je schlechter die Netze ausgebaut sind beziehungsweise je weniger Alternativen die Versorger haben, auf Konkurrenznetze auszuweichen, desto höher sind die Kosten der dominierenden Netzbetreiber der Region. Da es im Osten generell weniger Übertragungsleitungen gibt, die dafür aber besonders wichtig für den Stromtransport durch die Republik sind, fallen die Netzentgelte höher aus. Letztere werden durch den Strompreis wieder auf den Endkunden umgelegt.

    Auch Süddeutschland muss künftig mehr zahlen

    Der Atomausstieg hat die Erzeugerkapazitäten in Deutschland auf den Kopf gestellt. Früher galten die südlichen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg mit ihren Atomkraftwerken als große Erzeugerländer. Nach Abschaltung einiger Reaktoren und deren künftiger totaler Stilllegung sieht das jedoch anders aus. Inzwischen kommt vor allem ein Großteil des Ökostroms aus dem Norden, wo die meisten Windkraftanlagen stehen.

    Um diesen Realitäten gerecht zu werden, müssen die Stromtrassen mittelfristig deutlich ausgebaut werden. Ohne diesen Netzausbau halten viele Experten die Energiewende nicht für möglich. Gegen neue Stromtrassen gibt es aber regional immer wieder große Widerstände. So hat der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sich wiederholt gegen neue Trassen in Bayern ausgesprochen. Dies kann sich langfristig auf die Netzentgelte der bayerischen Endkunden (sowohl im Land als auch in den Städten) negativ auswirken. Statt günstiger regionaler Erzeugung steht in Zukunft der teurere überregionale Stromimport in Süddeutschland bevor.

    Energiewende – die Entwicklung des Strompreises

    Die Energiewende hat den Strom für die Endkunden verteuert, was vor allem an der stetig steigenden EEG-Umlage liegt. In Deutschland wird mit der EEG-Umlage der Ausbau der erneuerbaren Energien gefördert und deshalb ein höherer Strompreis fällig. Im Jahr 2021 machte die Umlage noch gut 20,4% des Strompreis aus, wurde aber mittlerweile gesenkt und trägt noch zu 10,7% zum Preis bei. Andere Länder verfügen über ähnliche Umlagen.

    Die Preise an der Strombörse sinken dagegen häufig sehr stark ab, denn die Stromerzeugung hat mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien zugenommen. Zudem lässt sich das Aufkommen an Wind und Sonne nicht planen, sodass es Zeiten gibt, in denen mehr Strom erzeugt wird, als im Netz verbraucht werden kann. Eine Zwischenspeicherung im großen Stil ist derzeit allerdings nicht möglich.

    Nun sollte man meinen, dass die Strompreise sinken, wenn das Angebot zu groß ist. Um eine Überlastung der Netze zu vermeiden, müssen die Netzbetreiber den Strom jedoch irgendwo unterbringen. Dies geschieht meist in ausländischen Stromnetzen, wofür allerdings wiederum Kosten anfallen, denn die anderen Länder nehmen den Strom nicht ohne Gegenleistung auf. Daher kann es zu der absurden Situation kommen, dass der Beschaffungspreis an der Strombörse stark sinkt, der Endkunde aber dennoch mehr zahlen muss, weil mehr eingespeister Ökostrom auch mehr Einspeisevergütung bedeutet. Da diese in ihrer Höhe garantiert ist, liegt sie häufig über dem Marktpreis. Die Differenz zahlen die Privathaushalte über ihre Stromrechnung.

    Die Subventionen des Staats für den Ökostrom sorgen also für eine mittelfristige Erhöhung der Strompreise. Daher plädieren Energieexperten auch immer wieder für eine drastische Kürzung der Subventionen wie der Einspeisevergütung. Gerade im Bereich der Solarenergie wurden die Maßnahmen zur Förderung in den vergangenen Jahren bereits mehrfach gekürzt. Allerdings bleibt die Bestandsgarantie von zwanzig Jahren, weswegen die vorher gewährten, höheren Förderungen weiterhin bis Ende der jeweiligen Fristen gezahlt werden müssen.

    Langfristig sehen Fachleute aber durchaus Licht am Ende des Preistunnels. So gehen Schätzungen davon aus, dass nach Abschluss des Atomausstiegs und dem Auslaufen des Großteils der Subventionen die Strompreise dem Marktgeschehen angepasst werden. So soll der Kunde von der kostengünstigen Erzeugung des Ökostroms profitieren. 

    Reale Strompreise

    Quelle: BMWA, EWI/prognos

    Die Strombörse

    Mit der Liberalisierung des Strommarkts wurde auch die Notwendigkeit einer Marktpreisfestlegung deutlich. Hierfür wurde im Jahr 2002 in Leipzig die EEX (European Energy Exchange) gegründet, die in Deutschland meist einfach als Strombörse bezeichnet wird. Hier werden die tagesaktuellen Preise für Energie und energienahe Produkte festgelegt.

    Anders als beim Ölpreis haben kurzfristige Strompreis-Schwankungen an der EEX für den Endkunden meist keine direkte Bedeutung. Das liegt an den Beschaffungsstrategien der Stromanbieter. Diejenigen, die keinen eigenen Strom erzeugen, kaufen ihre Kontingente bei den Energiekonzernen ein. Bei langfristig festgelegten Preisen wirken sich die täglichen Schwankungen jedoch nicht aus. Dafür können meist stabilere Konditionen vereinbart werden. Stromanbieter, die sich nur kurzfristig an Erzeuger binden, können flexibler auf Preissenkungen reagieren, müssen im Falle von höheren Strompreisen aber auch schneller ihre Tarife nach oben anpassen. Da für den Endkunden aber auch die staatlichen Abgaben wie Steuern, Netzentgelte und EEG-Umlage in die Stromrechnung einfließen, ist der Börsenpreis meist nur von geringer aktueller Bedeutung.

    Weitere Börsenplätze für Energie

    An der Strombörse wird nicht nur mit Strom gehandelt, weswegen der Begriff Energiebörse richtiger wäre. So wird über die EEX beispielsweise auch der Gashandel abgewickelt. Neben der Strombörse Leipzig (Hauptsitz) gibt es weitere Ableger in London und Brüssel, aber auch noch andere unabhängige Energiebörsen in ganz Europa:

    • Amsterdam Power Exchange
    • Belpex
    • Borzen
    • Energy Exchange Austria
    • EPEX SPOT
    • GME
    • Nord Pool
    • OMIE, OMIP
    • Opcom
    • PXE
    • PolPX

    Spartipps und News:

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