Unberechtigte Forderung von Inkassounternehmen

Mehr als jede zweite Inkasso-Forderung ist nach einer Studie der Verbraucherzentrale von 2015 unberechtigt, geschieht willkürlich oder ist unverhältnismäßig hoch. Deshalb sollten Sie jedes Schreiben gründlich prüfen, um festzustellen, ob tatsächlich ein seriöser Vertrag mit dem Gläubiger vorliegt. Lesen Sie hier, wie Sie „schwarze Schafe“ erkennen und sich unberechtigte Forderungen abwehren lassen.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: December 22, 2023

Author Daniel Winterl

Daniel Winterl

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Daniel Winterl verantwortet als gelernter Betriebswirt die Finanz- und Versicherungsthemen bei FinanceScout24, um Ihnen die wichtigsten Infos bei ihrer Suche zur Verfügung zu stellen und das richtige Angebot für Sie zu finden.

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Inhaltsverzeichnis
     
    Inkasso ist der Einzug von fremden Forderungen im eigenen oder auch fremden Namen. Als Ziel gilt es, eine Einigung zwischen Gläubiger und Schuldner einzuleiten. Inkassounternehmen sind demnach Vertragspartner von Gläubigern (Versicherungen, Telefongesellschaften etc.) und treiben geschäftsmäßig in deren Auftrag offen stehende Forderungen ein, beispielsweise, wenn ein Verbraucher eine Rechnung nicht fristgerecht bezahlt und auf die Zahlungsaufforderung nicht reagiert hat. Auch die Nichteinhaltung vertraglich festgelegter Zahlungsfristen kann das Inkassounternehmen auf den Plan rufen – selbst ohne vorherige Mahnung oder Rechnungsausstellung.

    Hat ein Wirtschaftsunternehmen ein Inkasso-Unternehmen mit der Verfolgung einer unbezahlten Rechnung beauftragt, kann dieses auf mehreren Wegen aktiv werden, häufig in folgender Reihenfolge:

    1. Schriftliche Mahnung
    2. Persönliches Gespräch
    3. Gerichtliches Mahnverfahren
    4. Zwangsvollstreckung
    5. Langzeitüberwachung

    Forderungen können willkürlich sein

    Inkassodienste müssen nicht überprüfen, ob die Ansprüche ihrer Vertragspartner gerechtfertigt sind. Andernfalls könnten sie bei einem Fehlverhalten des Gläubigers schließlich unter Umständen wegen einer Betrugsbeihilfe belangt werden. Schließlich versuchen deshalb auch Betrüger mit angeblichen Inkassoforderungen illegal an Geld zu kommen.

    Doch auch unverhältnismäßig hohe Mahngebühren registrierter Inkasso-Unternehmen sind keine Seltenheit. Zwar sind Inkassogebühren für den Verbraucher rechtlich zulässig, allerdings überschreiten diese oftmals den zulässigen Rahmen vergleichbarer Rechtsanwaltsgebühren und besitzen zudem keinen einheitlichen Gebührenkatalog.

    Gekaufte Forderungen

    Inkassounternehmen können alternativ zur Bevollmächtigung durch ein Unternehmen eben diese Forderung auch kaufen. Dann handelt das Inkassobüro in eigenem Auftrag und darf keine Gebühren erheben!

    Dies hat insgesamt zur Folge, dass teils ungerechtfertigte Ansprüche zu teils unverhältnismäßig hohen Beträgen eingefordert werden. Verbraucher sollten deshalb ein jedes Inkasso-Schreiben ernstnehmen, allerdings seine Rechtmäßigkeit stets anzweifeln!

    Gängige Druckmittel

    Unseriöse Inkassounternehmen schüchtern vermeintliche Schuldner häufig ein, um sie zu Zahlungen zu bewegen. Dazu zählen Drohungen mit:

    • Hausbesuchen
    • Einem Vollstreckungsbescheid
    • Einem Gerichtsvollzieher
    • Einer Pfändung

    Ein häufiges Druckmittel von Inkasso-Unternehmen ist darüber hinaus die Drohung mit einem SCHUFA-Eintrag. Dies stellt den Vermerk in der Datenbank der Schufa dar, der nicht zwangsläufig negativ sein muss.

    Bedeutung von Negativmeldungen bei der SCHUFA

    Die SCHUFA Holding AG speichert als Auskunftei Informationen über die Kreditwürdigkeit von einzelnen Personen. Bei einem Negativeintrag handelt es sich um eine registrierte Meldung, die angibt, dass der Betroffene Fälligkeiten an Vertragspartner nicht beglichen hat bzw. in Zahlungsverzug ist.

    Durch eine Bonitätsprüfung erhält ein potentieller Vertragspartner Auskunft über etwaige Negativmeldungen, die als Ausschlusskriterium für Vertragsabschlüsse gelten. Wohnungsanmietungen, Kontoeröffnungen oder etwa die Gewährung von Krediten sind dann unter Umständen nicht mehr möglich.

    Angesichts der schwerwiegenden Folgen eines solchen Eintrags werden viele Schuldner durch eine solche Drohung eingeschüchtert und kommen der Zahlungsforderung aus Angst nach, ohne sie auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen.

    Ob solche Daten allerdings überhaupt übermittelt und bei der SCHUFA gespeichert werden dürfen, ist im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) geregelt. Demnach sind die Voraussetzungen hierfür entweder ein gesetzlicher Rechtfertigungsgrund oder die Einwilligung des Betroffenen (§ 4 Abs. 1 BDSG).

    Nach dem BDSG dürfen Daten aber nur dann gespeichert werden, wenn ein gesetzlicher Rechtfertigungsgrund vorliegt oder der Betroffene zuvor eingewilligt hat (§ 4 Abs. 1 BDSG). Die detaillierten Voraussetzungen sind in § 28a BDSG festgeschrieben, relevant sind insbesondere folgende Bedingungen:

    • Der Betroffene muss mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden sein
    • Zwischen den Mahnungen müssen mindestens vier Wochen liegen
    • Der Betroffene muss über die bevorstehende Eintragung unterrichtet sein
    • Der Betroffene hat die Forderungen nicht bestritten

    Vorher dürfen Unternehmen Schuldnern auch nicht mit einer SCHUFA-Meldung drohen. Dies nimmt Betroffenen Druck und verschafft ihnen Zeit, um die Rechtmäßigkeit der Forderungshöhe beziehungsweise der Forderung an sich zu überprüfen und diese anschließend gegebenenfalls zu bestreiten.

    Unzulässige SCHUFA-Einträge löschen lassen

    SCHUFA-Einträge sind unzulässig, wenn es sich um streitige bzw. bestrittene Forderungen handelt. Kontaktieren Sie umgehend einen Rechtsanwalt auf diesem Rechtsgebiet, um entsprechende Schritte zur Löschung einzuleiten.

    Unberechtigte Forderungen abwehren, aber wie?

    Erhalten Sie mit der Post eine Forderung von einem Inkassobüro, so gilt zunächst: Ruhe bewahren. Die Verbraucherzentrale weist auf ein hohes Maß an unseriösen Forderungen hin. Auf keinen Fall sollten Sie das Schreiben ignorieren, denn dann können unter Umständen Strafzahlungen auf Sie zukommen!

    Zahlungen als Schuldeingeständnis

    Zahlungen – auch Teilzahlungen – der Forderung können als Schuldgeständnis gewertet werden. Bereits überwiesenes Geld lässt sich auch bei unrechtmäßiger Forderung nur schwer zurückholen.

    Bevor Sie der Forderung nachkommen, sollten Sie das Schreiben zunächst in Ruhe kritisch prüfen, um schwarze Schafe zu erkennen.

    Sind Schreiben und Inkasso-Unternehmen seriös?

    Weil ein Inkassobüro unter behördlicher Aufsicht steht, muss es Ihnen per Gesetz sowohl den Auftraggeber mitteilen als auch den Forderungsgrund sowie Vertragsgegenstand nennen. Das Fehlen dieser Informationen berechtigt zu einem ersten Verdacht.

    Auch die Registrierung bei der zuständigen Behörde muss aus dem Schreiben ersichtlich sein. Die Angabe einer ausländischen Behörde gibt ebenso einen Grund zum Zweifeln.

    Ob es sich bei der Inkassofirma um ein legitimes Unternehmen handelt, lässt sich über das Anwaltsverzeichnis oder das Rechtsdienstleistungsregister in Erfahrung bringen. Ist keine Registrierung vorhanden, deutet dies ebenso auf ein unseriöses Schreiben hin, denn Inkassobüros ohne Zulassung machen sich strafbar.

    Die im Schreiben angegebene Zahlungsfrist muss außerdem angemessen sein und darf beispielsweise bei Erhalt der Forderung nicht schon mehrere Wochen in der Vergangenheit liegen.

    Weitere Anzeichen für unzulässige Forderungen sind:

    • Falsche Rechtschreibung
    • Bedrohliche und nötigende Aussagen
    • Ausländische Bankverbindung
    • E-Mail-Adresse von kostenlosem Anbieter
    • Dubiose Webseite als Vertragspartner

    Hilfe durch den Verbraucherdienst e.V.

    Wenn Sie sich bezüglich der Seriosität des vorliegenden Inkasso-Schreibens unsicher sind, berät Sie der Verbraucherdienst e.V. kostenlos via Mail und Telefon.

    Gab es zuvor ein Mahnschreiben?

    Im Regelfall beauftragen Gläubiger erst nach etwaigen Mahnschreiben das Inkasso-Büro, üblich sind in den meisten Fällen bis zu drei Gläubiger-Mahnungen.

    Mahnung vs. Erinnerungsschreiben

    Als Mahnung gilt nur ein solches Schreiben, das eine eindeutige Zahlungsaufforderung  des Gläubigers an den Schuldner enthält. Andernfalls handelt es sich um ein Erinnerungsschreiben ohne Rechtsfolge.

    Spätestens mit der ersten Mahnung ist der Schuldner mit seinen Zahlungen in Verzug. Wenn jedoch im Kaufvertrag oder in der Rechnung eine Zahlungsfrist angegeben ist oder ein bestimmter Zahlungstermin vereinbart wurde, können Betroffene bei ausbleibender Zahlung auch ohne Mahnung in Verzug geraten und dementsprechend eine Forderung des Inkasso-Büros erhalten.

    Ist die Rechnung bereits beglichen worden?

    Wenn Sie eine ausstehende Rechnung bereits vor Erreichen der Inkasso-Forderung beglichen haben, sollten Sie dies via Telefon, E-Mail oder schriftlich mitteilen und das Schreiben keinesfalls ignorieren.

    Geforderte Inkasso-Gebühren prüfen

    Sollte die Forderung rechtens sein, muss ihr nachgekommen werden. Doch selbst wenn es sich um ein registriertes Inkasso-Unternehmen handelt, sind unseriöse Methoden nicht auszuschließen. So gilt es dann zunächst die Höhe der Gebühren zu überprüfen. Inkassounternehmen fordern hier häufig zu viel, dürfen jedoch nur Kosten veranschlagen, die auch ein Rechtsanwalt berechnet, der etwaige Forderungen eintreibt.

    Tipp

    Schuldner sollten sich vor überhöhten Verzugszinsen in Acht nehmen. Laut § 288 Abs. 1 BGB dürften diese lediglich fünf Prozent plus Basiszinssatz betragen.

    In welcher Höhe Inkasso-Kosten verlangt werden dürfen

    Ob die Höhe der Gebühren rechtens ist, lässt sich über die öffentliche Gebührentabelle der Rechtsanwälte einsehen (Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 RVG). Inkassofirmen fordern üblicherweise einen Gebührensatz von 1,3. Der Gegenstandswert muss mit diesem Wert multipliziert werden. So fallen beispielsweise für den Gegenstandswert von 1.000 Euro 80 Euro Gebühren an. Ein Gebührensatz über 1,3 und daraus resultierend höhere Gebühren sind stets anzuzweifeln!

    Folgende Gebühren sind zulässig beziehungsweise unzulässig:

    Zulässige Gebühren Unzulässige Gebühren
    • Mahnkosten
    • Zustellungskosten (bei Nachweis)
    • Ermittlungskosten (bei Nachweis)
    • Bankrücklastschriftkosten (bei Nachweis)
    • Vollstreckungskosten
    • Gerichtskosten bzw. Gerichtsvollzieherkosten
    • Nachnahmegebühren
    • Kontoführungsgebühren
    • Gebühren von Telefon-Inkasso
    • Kosten für die Übersendung einer Forderungsaufstellung

    Mahnkosten erst bei Verzug

    Mahngebühren dürfen erst dann verlangt werden, wenn der Verzug eingetreten ist. Zahlungserinnerungen vor einem Verzug dürfen somit nicht in Rechnung gestellt werden.

    Vergleichsgebühren sind nur dann rechtens, wenn der Schuldner ihnen zustimmt. Gleichermaßen können Rechtsanwaltskosten nur dann verlangt werden, sofern alle vorherigen vorgerichtlichen Inkassokosten entfallen.

    Unberechtigten Forderungen widersprechen

    Haben Sie festgestellt, dass die Forderung tatsächlich unrechtmäßig ist, muss diese zurückgewiesen werden. Dies muss über einen schriftlichen Widerspruch geschehen, den Sie idealerweise per Einschreiben an die Inkassofirma senden.

    Auch zusätzliche Versandarten via Fax oder E-Mail sind empfehlenswert, um eindeutige Nachweise über den fristgerechten Versand des Widerspruchs zu besitzen. Damit fallen für Sie keinerlei Gebühren an, selbst wenn es zu weiteren Schreiben seitens des Inkassobüros kommen sollte. Der Widerspruch sollte sicherheitshalber auch beim Gläubiger-Unternehmen selbst eingehen, um sicherzustellen, dass es zu keinem gerichtlichen Titel oder SCHUFA-Eintrag kommt.

    Gerichtlicher Mahnbescheid

    Erhalten Sie trotz Widerspruch einen gerichtlichen Mahnbescheid, sollten Sie auch hier weiterhin Ruhe bewahren. Diesem können Sie einfach widersprechen, indem Sie das beigefügte Formular an der Stelle „Ich widerspreche dem Anspruch insgesamt“ ankreuzen. Schicken Sie den Widerspruch dann jedoch unbedingt innerhalb der Frist binnen 14 Tagen an das Amtsgericht zurück – auch hier idealerweise per Einschreiben. Damit ist der Fall in der Regel abgeschlossen.

    Was passiert, falls dem Mahnbescheid nicht widersprochen wird?

    Geht der Widerspruch nicht (fristgerecht) beim Amtsgericht ein, folgt der Vollstreckungsbescheid. Auch diesem kann widersprochen werden, um das gerichtliche Mahnverfahren zu beenden. Allerdings kann dies zu einer gerichtlichen Verhandlung führen. In jedem Fall sollte also bereits dem gerichtlichen Mahnbescheid fristgerecht widersprochen werden.

    Was passiert, falls dem Vollstreckungsbescheid nicht widersprochen wird?

    Ein erneuter Verzicht des Vollstreckungsbescheids macht ihn zu einem rechtskräftigen Titel. Mit diesem Vollstreckungsbescheid als Titel darf dann ein Gerichtsvollzieher beauftragt werden. Damit droht die Pfändung Ihres Lohnes oder Kontos.

    Gerichtliche Urkunde ist rechtskräftiger Titel

    Als rechtskräftiger Titel gilt eine gerichtliche Urkunde, aufgrund derer eine Vollstreckung vorgenommen werden darf.  Diese Urkunde erlangen Inkasso-Unternehmen entweder durch die gewonnene Klage vor Gericht oder einen Vollstreckungsbescheid bei ausbleibendem Widerspruch.

    Berechtigten Forderungen nachkommen

    Sollte es sich nach detaillierter Prüfung um eine gerechtfertigte Mahnung handeln, sollten Sie der geforderten Zahlung möglichst zeitnah nachkommen. Nach der Mahnung tritt der Verzug ein, sodass Sie ab diesem Zeitpunkt weitere Kosten tragen müssen, beispielsweise die Gebühren für eine weitere Mahnung und weitere rechtmäßige Gebühren.

    Nicht-Erhalt von Rechnung

    Mahnungen, denen keine Rechnung vorausgeht, sind ungültig. Hier steht der Mahnende in der Beweispflicht und muss dementsprechend nachweisen, dass der vermeintliche Schuldner eine reguläre Rechnung erhalten hat.  Dieser sollte schließlich überprüfen, ob tatsächlich keine Rechnung eingegangen ist, zum Beispiel im Briefkasten, E-Mail-Postfach etc. Ist dies der Fall, kann den Mahngebühren widersprochen werden.

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