Die Inflationsrate und die Geldwertentwicklung

Was ist eine Inflation? Wer für den Begriff „Inflation“ eine Definition sucht, der findet oft Erklärungen wie „durch steigende Preise sinkt die Kaufkraft des Gelds“. Grundsätzlich fasst das die Auswirkungen der Inflation zwar leicht verständlich zusammen, die tatsächlichen Zusammenhänge sind aber natürlich insgesamt sehr viel komplexer. Während in Deutschland immer noch die Angst vor einer Hyperinflation wie in den 1920er Jahren groß ist, warnen Experten inzwischen eher vor dem Gegenteil: Der Deflation. So lag die Inflationsrate in Deutschland 2014 im Mittel bei 0,9 Prozent, im Februar 2015 sogar nur bei 0,1 Prozent. Eine mäßige Inflation ist für das Funktionieren einer Wirtschaft allerdings durchaus wünschenswert.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: April 27, 2023

Author Daniel Winterl

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Daniel Winterl verantwortet als gelernter Betriebswirt die Finanz- und Versicherungsthemen bei FinanceScout24, um Ihnen die wichtigsten Infos bei ihrer Suche zur Verfügung zu stellen und das richtige Angebot für Sie zu finden.

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Inhaltsverzeichnis
     

    Berechnungsmethoden für die Inflation

    Für die Ermittlung der Inflation, also der anhaltenden Erhöhung der Güterpreise, existieren verschiedene Methoden, bei denen unterschiedliche Faktoren berücksichtigt werden. Eine sehr einfache Variante, die Inflation zu berechnen, ist die folgende Formel: Inflationsrate = (aktueller Preis – vorheriger Preis) ÷ (vorheriger Preis) × 100

    Die errechnete Inflationsrate gibt also an, wie sich der Preis im betrachteten Zeitraum verändert hat. Da sich die Preise in der Regel erhöhen, ergibt sich aus der Preissteigerung zugleich der Kaufkraftverlust des Gelds, da man für das Produkt nun mehr bezahlen muss beziehungsweise für den gleichen Geldbetrag weniger vom Produkt erhält. Dass die Inflation gravierende Auswirkungen auf die Kaufkraft hat, zeigt sich an den folgenden zwei Beispielen: Geht man von einer jährlichen Teuerungsrate von 2,5 Prozent aus, müssten Sie für ein Produkt, das heute 100 Euro kostet, in 30 Jahren 209,76 bezahlen. Eine Rente von 1.000 Euro hätte bei gleicher Inflationsrate in 30 Jahren aus heutiger Sicht nur noch eine Kaufkraft von 476,74 Euro.

    Imaginärer Warenkorb

    In Deutschland wird die Inflationsrate offiziell mithilfe eines imaginären Warenkorbs errechnet. Dieser Warenkorb für die Inflations-Berechnung ist eine statistische Größe und beinhaltet eine repräsentative Auswahl verschiedener Produkte, die regelmäßig nachgefragt werden. Diese spiegeln den durchschnittlichen Konsum wider. Die Feststellung der Inflationsrate in Deutschland wird vom Statistischen Bundesamt Destatis vorgenommen – pro Monat und für das gesamte Jahr.

    Bei der Berechnung des Preisniveaus mithilfe eines imaginären Warenkorbs können sich allerdings verschiedene Probleme ergeben. So werden Qualitätsverbesserungen von Waren nicht immer genau erfasst. Dem versucht das Statistische Bundesamt zwar seit 2002 mit der sogenannten „Hedonischen Preisbereinigung“ entgegenzuwirken, die allerdings auch nicht ganz unumstritten ist, da hier Qualitätsverschlechterungen nicht berücksichtigt werden. Ein weiteres Problem ist der zunehmende zeitliche Abstand zwischen dem Basisjahr und dem Berechnungsjahr, da sich über größere Zeiträume hinweg das Konsumentenverhalten verändert. Ferner werden wichtige wirtschaftliche Bereiche, wie etwa der Finanzgüter- und Immobiliensektor, nicht durch den Warenkorb erfasst.

    Ursachen und Folgen der Inflation

    Inflation ist eine Geldentwertung, die von außen kommt. Steigende Importpreise lassen die Preise auch im Inland ansteigen. Monetäre Inflationstheorien erklären hohe Inflationsraten mit einem Anwachsen der Geldmenge und einer beschleunigten Umlaufgeschwindigkeit des Gelds. Wenn gleichzeitig die Produktion stagniert oder sinkt, entsteht eine Inflation. In Deutschland wird die Inflation durch fossile Energien angetrieben. Nur die Kraftstoffe für Autos stellten 17 Prozent der Inflationsrate im Januar 2022 dar. 

    Im Wesentlichen sind die Nachfrage und das Angebot in einer Volkswirtschaft für die Inflation von Bedeutung. Deshalb können die Ursachen einer Preisniveausteigerung von beiden Seiten kommen:

    Nachfrage-Inflation Angebots-Inflation
    • Eine steigende Nachfrage sorgt für höhere Preise.
    • Dies kann beispielsweise durch ein höheres Lohnniveau ausgelöst werden.
    • Höhere Personal- oder Rohstoffkosten, aber auch höhere Gewinnmargen treiben die Preise in die Höhe.
    • Hier kann insbesondere eine importierte Inflation eine Rolle spielen.

    Bei der Frage nach den Folgen der Inflation kommt es immer auf die Stärke der Geldentwertung an. Eine niedrige Inflation ist normal, bei einer hohen Inflationsrate können sich Preissteigerungen jedoch – insbesondere auf lange Sicht – sehr stark auswirken. Ähnlich wie beim Zinseszinseffekt erhöhen sich die Preise nämlich nicht linear, sondern progressiv. Die folgende Tabelle verdeutlicht diesen Effekt. Hier wird von einem Artikel ausgegangen, der gegenwärtig 100 Euro kostet. In der Tabelle können Sie ablesen, wie hoch der Preis in fünf, zehn oder fünfzehn Jahren für denselben Artikel ist, wenn unterschiedliche Inflationsraten zugrundegelegt werden.

    Preis eines Artikels, der heute 100 Euro kostet

    Inflationsrate1 %2 %5 %10 %15 %
    Nach 5 Jahren: 105,10 Euro 110,41 Euro 127,63 Euro 161,05 Euro 201,14 Euro
    Nach 10 Jahren: 110,46 Euro 121,90 Euro 162,69 Euro 259,37 Euro 404,56 Euro
    Nach 15 Jahren: 116,10 Euro 134,95 Euro 207,89 Euro 417,72 Euro 813,71 Euro

    Die Inflationsrate hat aber nicht nur Auswirkungen auf die Kaufkraft des Gelds, sondern auch auf politische Entscheidungen, zum Beispiel die Festlegung der Regelsätze für Arbeitslosengeld II. Zudem spielt die Inflationsrate bei Tarifverhandlungen eine wichtige Rolle.

    Verschiedene Inflationsgeschwindigkeiten und -phasen

    Eine Inflation kann verschiedene Ausmaße annehmen. Während eine schleichende Inflation als normal gilt, birgt eine galoppierende Inflation bereits die Gefahr einer Hyperinflation, die schwere volkswirtschaftliche Schäden mit sich bringt und eine Gefahr für die Währung selbst darstellt – so wie etwa die Inflation von 1923 in Deutschland. Bei der Betrachtung wird die Inflation entweder in Geschwindigkeiten oder in Phasen unterteilt. Man unterscheidet bei der Geschwindigkeit zwischen:

    Schleichende Inflation Preise steigen langsam, nahezu unmerklich steigen
    Bis 3 Prozent pro Jahr
    Trabende Inflation Zwischen 10 und 20 Prozent pro Jahr, deutlich spürbare Preissteigerungen, sinkende Investitionsbereitschaft in der Wirtschaft
    Galoppierende Inflation Über 20 Prozent pro Jahr, sehr schneller Anstieg der Preise, Gefahr einer Hyperinflation
    Hyperinflation Über 50 Prozent pro Monat, nicht mehr kontrollierbare Geldentwertung, die Währung selbst ist gefährdet

    Da diese Einteilung allerdings größtenteils willkürlich ist, geht man mehr und mehr dazu über, die Inflation in eine akzelerierte (zunehmende), eine stabilisierte und eine dezelerierte (sich abschwächende) Phase zu unterteilen. Bei der gefühlten Inflation handelt es sich um keine wirkliche Geldentwertung. Sie spiegelt vielmehr das subjektive Empfinden über ein Anwachsen der Preise in der Bevölkerung wider – ohne dass dieses Gefühl eine reale Grundlage haben muss.

    Nach der Einführung des Euro als Zahlungsmittel im Bargeldverkehr war oft von einer durch die Währungsumstellung ausgelösten Inflation in Deutschland und Europa die Rede. Der Euro galt als „Teuro“. Statistisch konnte in Deutschland eine Inflation durch den Euro als neue Währung jedoch nicht festgestellt werden. Eine merkliche Steigerung der Inflation in der Eurozone war ebenfalls nicht zu verzeichnen. Eine verdeckte Inflation dagegen ist eine Geldentwertung, die nicht wahrgenommen wird, aber tatsächlich vorliegt – sie ist demnach das Gegenstück zur gefühlten Inflation.

    Ist eine Hyperinflation heute noch möglich?

    Mitte November 1923 kostete in Deutschland ein Brot 80 Milliarden Mark. Die Hyperinflation von 1923 in Deutschland hatte ihre Ursachen in dem verlorenen Krieg, hohen Reparationszahlungen an die Siegermächte und vor allem in der Entscheidung der Regierung, durch eine massive Vergrößerung der Geldmenge (sprich: Durch Ankurbeln der Geldnotenpresse) die immensen Staatsschulden zu begleichen.

    Eine vergleichbare Situation ist heute nicht gegeben und auch kaum mehr vorstellbar. Vor allem ist eine steigende Geldmenge allein kein ausreichender Auslöser für eine Hyperinflation. Denn obwohl sich die Menge des Gelds in den letzten vier Jahren im Euroraum verdoppelt hat, besteht zu 1923 ein entscheidender Unterschied: Das Geld der Europäischen Zentralbank kommt nur zu einem kleinen Teil bei den Privatkonsumenten oder Unternehmen an. Der größte Teil bewegt sich in einem Kreislauf zwischen den Banken und der Notenbank.

    Zudem haben sich die Geldinstitute seit Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 mit der Vergabe von Krediten – und das ist faktisch die Produktion von zusätzlichem Geld – sehr zurückgehalten.

    Aktuelle Inflationsraten in Deutschland

    Zur Bestimmung der Inflationsraten wird ein repräsen­tativer Waren­korb mit Gütern unterschiedlicher Kate­gorien (Nahrungs­mittel, Beklei­dung, Miete, Strom & Gas, Einrichtung, Verkehr, Frei­zeit, Gesund­heit etc.) entwickelt und dessen Preis­ent­wicklung über einen gewissen Zeitraum beobachtet.

    • 2015: 0,5%
    • 2016: 0,5 %
    • 2017: 1,5%
    • 2018: 1,8%
    • 2019: 1,4 %
    • 2020: 0,5 %
    • 2021: 3,1%
    • 2022: 6,5%

    Gemessen am allgemein angestrebten Ziel einer gemäßigten Inflationsrate zwischen zwei und drei Prozent besteht also eher die Gefahr einer Deflation als einer Inflation. Diese könnte ernste Konsequenzen für die Wirtschaft haben, da Konsumenten in Erwartung weiter sinkender Preise Käufe aufschieben. Das wiederum würde sich äußerst negativ auf die Binnennachfrage und somit auf die Konjunktur auswirken. Die EZB versucht mit ihrer Niedrigzinspolitik einer drohenden Deflation im Euroraum entgegenzuwirken. Da die EZB ihre Möglichkeiten noch nicht voll ausgeschöpft hat, ist vorerst nicht mit einer Deflation zu rechnen – die Gefahr einer Deflation besteht allerdings weiterhin.

    Wie viel Inflation ist gut für die Wirtschaft?

    Immer wieder hört man, dass eine gewisse Inflation durchaus wünschenswert sei. Der Grund hierfür ist recht einfach: Eine gemäßigte Inflation wirkt stimulierend auf die Kauflaune der Verbraucher. Wenn allgemein das Bewusstsein vorherrscht, dass die Preise langfristig steigen, wird das Geld gern für Konsumgüter ausgegeben.

    Eine niedrige, aber dennoch spürbare Inflation sorgt dafür, dass Geldanlagen weniger attraktiv sind, denn oft liegen die Zinsen – gerade bei kurzfristigen Anlagen – kaum über der Inflationsrate und manchmal sogar darunter. Eine zu hohe Inflation kann dagegen das Vertrauen der Bevölkerung in die eigene Währung nachhaltig untergraben.

    Zum Ausgleich von Schulden ist eine Inflation dagegen ideal, denn mit den Preisen steigen – zumindest nominal – auch meist die Gewinne von Unternehmen, sodass die Rückzahlung bestehender Verbindlichkeiten leichter wird.

    Maßnahmen gegen die Inflation

    Um einer übermäßigen Inflation entgegenzuwirken, sind natürlich zunächst staatliche Preisfestsetzungen denkbar. Diese Maßnahmen haben sich in der Vergangenheit allerdings regelmäßig als kaum wirksam herausgestellt. So konnte die Nixon-Regierung in den USA Anfang der 1970er Jahre durch Preisbindungen von Gehältern und Gütern die Inflation nicht aufhalten. Als wirksames Mittel gegen eine zu hohe Inflation haben sich dagegen Zinserhöhungen erwiesen – in der Eurozone wäre hierfür die EZB als „Wächterin der Währung“ zuständig. Zinserhöhungen können die Geldschöpfung (die zum Beispiel durch die Vergabe von Krediten an Verbraucher bewirkt wird) wirksam eindämmen. Durch einen Kreditvergleich steigen die Chancen enorm, den passenden Kredit zu finden.

    Dadurch wird die Geldmenge insgesamt geringer. Nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage erhöht sich damit der Wert des Gelds an sich. Verbraucher legen ihr Geld in Zeiten hoher Zinsen lieber bei den Banken an, als es auszugeben. Wie bei vielen anderen wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklungen gibt es auch bei einer Inflation Gewinner und Verlierer:

    • Inflationsgewinner:
      • Schuldner (zahlen mit „wertlosem“ Geld ihre Schulden zurück)
      • Staat (mehr Staatseinnahmen, Entwertung der Staatsschulden)
    • Inflationsverlierer:
      • Bezieher fester Einkommen, beispielsweise Arbeitnehmer (gleichbleibende Löhne trotz Preissteigerungen)
      • Sparer (Wertverlust des Gelds)

    Inflation im internationalen Vergleich

    Ein 1-zu-1-Vergleich der internationalen Inflationsraten ist nicht immer möglich. Dies liegt an teilweise unterschiedlichen Berechnungsmethoden, zudem unterscheiden sich die Warenkörbe der verschiedenen Länder. Die Inflation in den USA lag 2012 bei etwa 2 Prozent (ähnlich hoch wie in Deutschland), während die Inflation in Russland mehr als doppelt so hoch war: 5 Prozent.

    In jüngster Zeit machten die Importverbote der EU der russischen Wirtschaft zu schaffen. Darunter leidet auch die Kaufkraft: Im März wurde eine Inflation von 15 Prozent gemessen. Ein anderes Land mit sehr hohen Preissteigerungen ist zum Beispiel Indien. Hier lagen die Verbraucherpreise im Jahr 2012 um gut 10 Prozent über denen des Vorjahrs. Die weltweite Inflationsrate lag 2013 bei etwa 3,7 Prozent.

    Im Folgenden eine Übersicht über die Inflationsraten einiger Industrie- und Schwellenländer für das Jahr 2012:

    • Indien: 10,3 %
    • Brasilien: 5,2 %
    • Russland: 5,1 %
    • China: 3,0 %
    • Deutschland: 2,2 %
    • USA: 2,0 %
    • Frankreich: 1,9 %
    • Japan: 0,04 %

    Private Strategien gegen die Inflation

    Wie kann man sich vor einer Inflation am besten schützen? Immobilien, Aktien und Gold gelten nach wie vor als sichere Häfen für inflationsgefährdetes Geld. So empfehlen Experten eine Gold-Anlage als Krisenversicherung, die bis zu 10 Prozent des privaten Vermögens ausmachen sollte. Auch Immobilien können sich langfristig als wertbeständig erweisen – wenn die laufenden Einnahmen genauso schnell wie die Kosten steigen. Aktien gleichen den Kaufkraftverlust des Gelds dagegen nur in Zeiten einer moderaten Inflation gut aus. Bei einer galoppierenden Inflation oder Hyperinflation werden auch Wertpapiere in den Strudel der Geldentwertung gerissen.

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