Die Menschen in Europa hatten 2014 mehr Geld in der Tasche beziehungsweise auf dem Girokonto, weil die Reallöhne gestiegen sind. Das geht aus dem Tarifbericht des Wirtschaft- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) hervor, wie die „Welt“ berichtet. Im Durchschnitt sind die effektiven Reallöhne um 0,6 Prozent gestiegen.
Gewinner und Verlierer 2014
Am höchsten fiel die Steigerung in den aufstrebenden baltischen Staaten aus. Dort wuchsen die Reallöhne im vergangenen Jahr um bis zu acht Prozent. Im wirtschaftlich starken Deutschland hatten Arbeitnehmer im Schnitt 1,8 Prozent mehr Geld zur Verfügung. Doch nicht in der gesamten EU können sich Arbeitnehmer über ein höheres Einkommen freuen. In sechs Ländern – Griechenland, Portugal, Zypern, Kroatien, Polen und Slowenien –sind die Reallöhne gesunken. 2013 mussten noch zwölf EU-Staaten geringere reale Lohnzuwächse hinnehmen.
Geringe Inflation ist Hauptgrund für reale Lohnzuwächse
Der Grund für die Zuwächse liegt laut Thorsten Schulten, der an der WSI-Erhebung mitgewirkt hat, nicht in Tarifsteigerungen oder darin, dass sich die Unternehmen spendabel zeigen. Vielmehr sei es der sehr niedrigen Inflation zu verdanken, dass europäische Arbeitnehmer mehr Geld zur Verfügung hätten. So reicht bereits eine geringe Lohnerhöhung aus, um die geringe Preissteigerung auszugleichen.
Ausblick: 2015 werden Reallöhne weiter steigen
Laut Prognose des WSI wird sich die Entwicklung in diesem Jahr fortsetzen. 2015 soll Kroatien das einzige EU-Land sein, in dem Arbeitnehmern weniger Einkommen zur Verfügung steht als im Vorjahreszeitraum. Im europaweiten Durschnitt soll die Steigerung der Reallöhne 1,5 Prozent betragen, also noch einmal ein um 0,9 Prozentpunkte höherer Zuwachs als 2014. Allerdings werde auch dieser in erster Linie auf die geringe Inflation zurückzuführen sein. Thorsten Schulten warnt daher, dass auch die nicht-inflationsbereinigten Löhne angehoben werden müssten, um die Binnennachfrage in der EU anzukurbeln und die Krise zu überwinden.