Selbstständige Frauen: Förderungen, Beratung und Tipps zur Existenzgründung

Noch 1977 mussten Frauen eine Arbeitserlaubnis ihres Ehemanns haben, um selbst erwerbstätig sein zu können. In den letzten 40 Jahren hat sich viel verändert: Frauenquoten, Gehaltsangleichungen und Girl-Boss-Bewegungen. Frauen gehören mit rund 40 Prozent heute zum festen Bestandteil von Existenzgründern - Tendenz steigend.  

Melanie Seifert

Autorin für Ratgeber und Wissen


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Zuletzt aktualisiert: May 15, 2023

Author Melanie Seifert

Melanie Seifert

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Melanie ist freischaffende Autorin mit langjähriger Erfahrung. Zuvor hat Melanie Kommunikationswissenschaften studiert und Ihr Wissen bei zahlreichen Finanz- und Versicherungskunden aufgebaut.

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Inhaltsverzeichnis
     

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    Frauen gründen anders als Männer, soviel ist bekannt. Viele Studien befassen sich mit den Unterschieden von Frauen und Männern in Hinblick auf den Umgang mit Familie, Karriere und den Alltagsproblemen. Frauen überdenken ihre Handlungen länger, wägen mehr Risiken ab. Bei Existenzgründungen investieren sie durchschnittlich mehr Eigenkapital und starten eine Selbstständigkeit aus anderen Beweggründen als Männer. Sie wollen vor allem flexible Arbeitszeiten rund um das Familienleben und die Möglichkeit, eigene Ideen zu verwirklichen.

    Formen der Selbstständigkeit für Frauen

    Wenn Sie einen Weg in die Selbstständigkeit suchen, haben Sie verschiedene Möglichkeiten. Sie können zum Beispiel in Voll- oder Teilzeit starten, ein neues Unternehmen gründen oder in ein bestehendes Unternehmen einsteigen.

    Zwischen diesen Formen der Selbstständigkeit können Sie wählen:

    • Neugründung: Wenn Sie eine innovative Geschäftsidee umsetzen möchten, kann es sinnvoll sein, ein neues Unternehmen zu gründen. Verschiedene Beratungsstellen können Sie bei der Erstellung Ihres Businessplans und bei der Suche nach passenden Finanzierungsmöglichkeiten begleiten.
    • Gründen im Team: Statt allein können Sie Ihre Geschäftsidee auch gemeinsam mit einem Unternehmenspartner oder -partnerin verwirklichen. Das hat zum Beispiel die Vorteile, dass Sie Arbeitsaufgaben und Verantwortungsbereiche untereinander aufteilen können.
    • Unternehmensnachfolge: Ein bestehendes Unternehmen bietet Ihnen etablierte Strukturen und einen existierenden Kundenstamm. Die Übernahme eines Unternehmens kann Ihren Einstieg in die Selbstständigkeit so unter Umständen erleichtern.
    • Franchising: Bei dieser Art der Selbstständigkeit können Sie eine neue Firma nach einem bestehenden Konzept aufbauen. Dazu nutzen Sie das Know-How, den Namen und die Geschäftsidee des Franchisegebers und müssen bestimmte Vorgaben beachten und ggf. Gebühren abgeben. Franchising wird häufig in der Handels- und Gastronomiebranche genutzt.
    • Nebenerwerbsselbstständigkeit: Statt direkt in Vollzeit mit der Selbstständigkeit zu beginnen, können Sie sich auch nebenberuflich selbstständig machen. So können Sie eine Geschäftsidee testen und benötigen häufig ein geringeres Kapital.

    Durch die vielen Möglichkeiten, sich selbstständig zu machen, können Frauen ihre Existenzgründung individuell gestalten. So können Sie die Selbstständigkeit an Ihren Alltag, Ihr Familienleben und Ihr Budget anpassen.

    Förderungen der Selbstständigkeit für Frauen

    60 Prozent der Gründerinnen starten ihre Idee im Nebenerwerb. Die geringere Risikobereitschaft und das langsamere Wachstum kann jedoch eine Hürde sein, wenn es um die Finanzierung geht. Die meisten Investoren wollen große Wachstumsraten sehen, besonders Risikokapitalgeber.

    Diese Venture Capital Firmen investieren in junge Gründungen oder Start-Ups und wollen nach circa 3 Jahren mit Gewinn wieder aussteigen. Die meisten Gründungenfinden allerdings als Nebenerwerb statt und benötigen dadurch wenig Startkapital. Diese kleinen Beträge empfinden Banken und private Kapitalinvestoren häufig als nicht lohnenswert, weshalb es schwierig sein kann, eine passende Förderung für die Selbstständigkeit im Nebenerwerb zu finden.

    Wo kann ich Förderungsangebote finden?

    Es gibt nur sehr wenige finanzielle Förderungen explizit für Frauen in der Existenzgründung. Die regionalen Verbände oder Handwerks- und Handelskammern haben aber zum Teil extra Förderprogramme. Diese sind jedoch oftmals zeitlich und in ihrer Förderhöhe begrenzt. Erkundigen Sie sich bei Ihren Ansprechpartnern vor Ort, um Ihr volles Förderpotential ausschöpfen zu können.

     

    Im Artikel Gründungsfinanzierung finden Sie alle wichtigen Informationen zu Finanzierung und Förderung von Existenzgründungen.

    Natürlich stehen Gründerinnen mindestens die gleichen Zuschüsse für Unternehmensberatungen zu wie für männliche Gründerkollegen. Die Bundesländer sowie der Bund helfen mit der „Förderung von Unternehmensberatungen für KMU“ Gründern vor, während und nach dem Start in die Selbstständigkeit. Einige Industrie- und Handelskammern gewähren Gründerinnen sogar doppelte Zuschüsse für Beratungsangebote. Weitere Informationen zur Beratungsförderung finden Sie dazu im Artikel Beratungsangebote für Existenzgründer.

     

    Recherchieren Sie alle Fördermöglichkeiten

    Erkundigen Sie sich vor der Gründung über alle Fördermöglichkeiten, denn viele Anträge müssen vorab gestellt werden!

    Existenzgründung Frauen: Beratung, Anlaufstellen und Initiativen für Gründerinnen

    Auf dem Weg zur Selbstständigkeit oder in der Frühphase Ihres Unternehmens können Unterstützung und Beratung durch Mentoren, andere Gründerinnen oder Programme für selbstständige Frauen sehr wertvoll sein. Für Frauen, die ein Unternehmen gründen, gibt es daher verschiedene Beratungsangebote und Initiativen, die Ihnen mit Tipps zur Seite stehen.

    Anlaufstellen für Gründerinnen – Beratung & Austausch 

    Eine erste Anlaufstelle für Gründerinnen können diese Organisationen sein:

    • Die bga-bundesweite Gründerinnenagentur kann Sie in allen Phasen Ihrer Unternehmensgründung beraten. Die Organisation vermittelt Ihnen fachspezifisches Expertenwissen und bietet verschiedene Weiterbildungsangebote für selbstständige Frauen an. Außerdem haben Sie die Möglichkeit, deutschlandweite Gründerinnen-Netzwerke kennenzulernen.
    • Das Deutsche Gründerinnen Forum e. V. berät Gründerinnen und entwickelt Projekte, die die Existenzgründung von Frauen unterstützen. Über die Organisationen können Sie lokale Netzwerke für selbstständige Frauen finden und sich mit Expertinnen austauschen.
    • Der Verband deutscher Unternehmerinnen fördert seit 1954 Unternehmerinnen in allen Branchen. Bei regelmäßig stattfindenden regionalen und bundesweiten Veranstaltungen können Sie netzwerken und mit anderen Gründerinnen Ideen und Erfahrungen austauschen. Weitere Informationen und Beratung erhalten Sie bei den jeweiligen Landesverbänden.

    Zudem stellt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit dem Gründerinnenportal Existenzgründerinnen.de umfassende Informationen zu den Themen Beratung, Finanzierung, Netzwerken und Erfolgsgeschichten speziell für weibliche Gründungen bereit. Die Gründerinnenberatung hält dort eine Liste offizieller Beratungsstellen inne sowie ein Expertenforum und die Gründerinnenhotline. Hier können Sie direkt mit speziellen Beratern für Frauen in Kontakt treten. Die bundesweiten Beratungsstellen bieten häufig eine kostenfreie Erstberatung um Fragen bezüglich Finanzierung, Wettbewerb und Erfolgschancen zu beantworten. Im Verzeichnis finden Sie außerdem viele Vereine und Initiativen, die Gründerinnen und Selbstständigen intensiv zur Seite stehen. Dort sprechen Sie häufig mit erfahrenen Unternehmerinnen, die ihre Erfahrungen teilen und sich so für Frauen in Existenzgründungen und Wirtschaft stark machen.

    Initiativen für Gründerinnen – Mentoring & Wissensvermittlung

    Des Weiteren bieten einige Initiativen für Gründerinnen lehrreiche Mentoring-Programme, Workshops und Schulungen an:

    • Mit „FRAUEN unternehmen“ hat das BMWK 2014 eine Initiative gegründet, bei der erfolgreiche Unternehmerinnen Frauen zur Selbstständigkeit ermutigen. Zusätzlich soll der Erfolg von Frauen in Politik und Wirtschaft damit sichtbarer werden. Die Unternehmerinnen halten Treffen und Vorträge an Schulen, Hochschulen und Kammern ab, um Mädchen und Frauen sowohl für Gründungen als auch für den Beruf der Unternehmerin stark zu machen.
    • TWIN-TwoWomenWin ist ein kostenloses Mentoring-Programm der Käte Ahlmann Stiftung für angehende Unternehmerinnen. Dabei treffen junge Gründerinnen auf erfolgreiche und erfahrene Expertinnen aus verschiedenen Branchen. In einem Jahr können Sie dabei in Arbeitskreise unter anderem mehr über Verkaufstechniken, Kommunikation oder Marketing lernen.
    • Grace Accelerate Female Entrepreneurship unterstützt Frauen von der Unternehmensidee bis hin zum Businessplan. Coaches und Mentoren stehen Ihnen dabei beratend zur Seite. Die Initiative veranstaltet jedes Jahr ein zweiwöchiges Sommercamp, während dem Sie sich in Workshops zum Beispiel zu den Themen Recht, Marketing oder Finanzierungsfragen weiterbilden können.
    • Female Founders ist eine Initiative, die Gründerinnen und Mentoren europaweit zusammenbringt. Dabei können Sie sich in einer Community mit anderen selbstständigen Frauen austauschen. Außerdem bietet Female Founders ein dreimonatiges Programm, das Gründerinnen in der Frühphase Ihres Start-ups unterstützt.

     

    Fast jede Branche hat zudem Ihre eigene Initiative für Frauen, die Interessentinnen mit nützlichen Informationen versorgt und so die Gründung erleichtert. Unter anderem können Sie bei diesen branchenspezifischen Gründungsinitiativen Unterstützung bekommen:

    • Digital, Medien & Technik: Sind Sie daran interessiert, Gründerin im Bereich Digital, Medien und Technik zu werden? Dann ist das Netzwerk women-in-digital.de ein guter Anlaufpunkt.
    • Gesundheitswesen: Für eine Gründung im Gesundheitswesen finden Sie auf womensnetworkinglounge.de Ihre Plattform für Austausch, Seminare und Beratung.
    • Immobilienbranche: Immofrauen.de setzt sich für Frauen der Immobilienbranche mit gemeinsamen Treffen und speziellen Förderprogrammen ein.
    • Gastronomie & Food-Branche: Gastronomie und Ernährung ist der Schwerpunkt des Frauennetzwerk-FOODSERVICE.de, das Frauen unterstützt, in diesem Bereich Management- und Führungspositionen zu erlangen.

    Netzwerke für Gründerinnen

    Ob Start-Up oder Freiberufler: Netzwerken ist Alles! Durch das Netzwerk gelangen Sie zu neuen Aufträgen und Geschäftspartnern. Sie bilden sich weiter und bleiben mit Trends der Branche in Kontakt. Als Frau netzwerken Sie anders als Männer, denn aufgrund der verschiedenen Arbeits- und Gründungsweisen haben Sie zum Teil andere Fragen und Bedürfnisse als Ihr männlicher Kollege. Besonders mit kleinen Kindern zuhause oder als Gründerin in Elternzeit ist ein Netzwerk wichtig. Aus den Erfahrungen der anderen Unternehmerinnen können Sie lernen und sich lokal gegenseitig unterstützen.

    Das bestehende Netzwerk von männlichen Unternehmern wird oft „boys club“ genannt. Dieses Netzwerk hat sich über die letzten Jahrzehnte, wenn nicht gar Jahrhunderte, gebildet und es ist zum Teil nicht leicht als Frau darin Fuß zu fassen. Dadurch haben sich viele Frauen zu eigenen Netzwerken zusammengefunden. Wichtige Kontakte und Plattformen für den Erfahrungsaustausch finden Sie in der Liste der Netzwerke der bundesweiten Gründerinnenagentur. Dieses Verzeichnis können Sie regional sowie nach Branchen und Themen filtern, um Ihr passendes Netzwerk zu finden.

    Über soziale Netzwerke sind Sie heute mit Frauen auf der ganzen Welt verbunden. Unter dem Hashtag #girlboss finden sich allein auf Instagram 27 Millionen Beiträge von Frauendie ihre Selbstständigkeit in den sozialen Medien teilen und damit feiern. Vom Foto einer Medizinstudentin aus der Bibliothek, über motivierende Sprüche bis hin zu ganzen Bewegungen und Treffen Millionen Frauen vereinen sichweltweit mit dem kleinen #-Symbol. Besonders in der digitalen und kreativen Branche können Sie so gleichgesinnte Geschäftspartnerinnen und Kundinnen auf Twitter, Facebook, Instagram und Co. finden.

    Exkurs: #Girlboss - Wie Frauen gründen

    Der Female Founders Monitor 2022 zeigt, dass Frauen deutlich seltener als Männer Start-Ups gründen. Aktuell liegt der Frauenanteil bei Gründungen bei 20 Prozent.

    Existenzgründungen von Frauen sind weniger auf den schnellen Erfolg und großen Gewinn aus, sondern legen Wert auf Stabilität und Nachhaltigkeit. Mit der Gründung sowie mit der Unternehmensführung bauen sie stärker auf ethische und ökologische Werte. Soziales Engagement, Umwelt, gerechte Bezahlung und Herstellungsbedingungen stehen in der Rangfolge der Prioritäten vor Wachstum und Gewinn.

    Selbstständige Frauen arbeiten meistens in den Bereichen Konsumgüter, Ernährung, Gesundheit und Bildung. In den technologischen Branchen der Start-Ups ist einiges aufzuholen: Laut Female Founders Monitor 2022 haben nur rund 12 Prozent aller Start-Ups eine Frau als Gründerin im Team.

    Die meisten Gründerinnen starten allein in die Selbstständigkeit. Das liegt zum einen an den Themenbereichen der weiblichen Gründungen, aber vor allem auch daran, dass Frauen überwiegend im Nebenerwerb gründen. Sie probieren die Geschäftsidee erst einmal aus, bevor sie aufs Ganze gehen. Gründungen während der Elternzeit oder als traditionelle Hausfrau geschehen dadurch selten direkt in Vollzeit.

    Fazit: Frauen in der Selbstständigkeit

    Als Frau gründen Sie anders. Sie haben Stärken und Kompetenzen, in denen Sie Ihren männlichen Kollegen überlegen sind. Sie sind teamfähig, organisiert und bedacht. Als Frau bekommen Sie heute noch häufig Fragen gestellt, mit denen ein Mann nicht konfrontiert wird. Seien Sie mutig und bilden Sie sich ein Netzwerk mit Gründerinnen und anderen Frauen die Karriere, Privatleben und die Familie verbinden können. Unterstützen Sie sich und lernen Sie von erfahrenen Frauen weltweit. Die Bundesregierung und viele deutschlandweite Initiativen begleiten Sie auf dem Weg in Ihre Selbstständigkeit.

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