Unterscheidung zur Reichensteuer
Da von Anpassungen des Spitzensteuersatzes nur Besserverdienende betroffen sind, wird häufig auch von der „Reichensteuer“ gesprochen. Allerdings handelt es sich dabei tatsächlich nicht um eine eigene Steuerform, sondern um einen Steuersatz, der bei sehr hohen Einkommen noch über den Spitzensteuersatz hinausgeht. Demnach werden alle Einkünfte, die über der Grenze von 250.730 Euro pro Jahr liegen, mit 45 Prozent versteuert. Nicht zu vergleichen ist die „Reichensteuer“ mit der Vermögenssteuer, die ebenfalls immer wieder debattiert wird. Dabei handelt es sich tatsächlich um eine eigene Steuer, die nach einer möglichen Einführung auf Vermögen gezahlt werden soll.
In Deutschland zahlen rund vier Millionen Einwohner den Spitzensteuersatz von 42 Prozent. Er wird ab einem jährlich zu versteuernden Einkommen von 55.961 Euro fällig.
Ehepaare können beide Einkommen zusammenlegen. Wird dann die Grenze von 107.332 Euro überschritten, werden die gemeinsam veranlagten Ehepartner ebenfalls mit dem Spitzensteuersatz besteuert.

Für die Berechnung der Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz wird das zu versteuernde Einkommen angesetzt. Somit kann das Bruttoeinkommen eines Steuerpflichtigen durchaus über der Grenze von 55.961 oder bei Ehepaaren über 111.922 Euro liegen. Vom Bruttoeinkommen werden zum Beispiel Steuerfreibeträge sowie weitere steuermindernde Ausgaben abgezogen.
Änderungen und Entwicklung
In Deutschland werden seit Mitte des 19. Jahrhunderts Einkommensteuern erhoben. Bei den progressiven Modellen kommen bis heute Eingangssteuersätze zum Tragen. Durch die Alliierten wurden Spitzensteuersätze festgelegt und teilweise stark angehoben. Allerdings erfolgte im Zuge zahlreicher Steuerreformen und -änderungen eine deutliche Absenkung der Spitzensteuersätze.
Ende der 1950er-Jahre lag der Spitzensteuersatz bei 53 Prozent, seinen höchsten Wert hatte er zwischen 1975 und 1989 mit 56 Prozent. Seither ist der Spitzensteuersatz zusammen mit dem Eingangssteuersatz immer wieder gesenkt worden.
Mit der Einführung der sogenannten „Reichensteuer“ im Jahr 2007 liegt der Spitzensteuersatz konstant bei 42 Prozent beziehungsweise 45 Prozent für Einkünfte, die über die Grenze des Spitzensteuersatzes hinausgehen.
Für die nächsten Jahre ist eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf bis zu 49 Prozent geplant. Doch in der Praxis gestalten sich die Diskussionen innerhalb der Parteien als schwierig.
Spitztensteuer sank, Umsatzsteuer stieg
Während sich die Spitzensteuersätze und Eingangssteuersätze seit 1999 reduziert haben, ist die Umsatzsteuer seit den 1960er-Jahren immer wieder angehoben worden, bis zu den 19 Prozent, die heute erhoben werden.
Entwicklung der Spitzensteuersätze
Zeitraum | Grenzwert für Spitzensteuersatz in Euro (DM-Grenzbeträge wurden in Euro umgewandelt) |
Spitzensteuersatz | |
---|---|---|---|
1958 - 1964 | 56.263 Euro | 53 Prozent | |
1965 - 1974 | 56.263 Euro | 53 Prozent | |
1975 - 1978 | 66.478 Euro | 56 Prozent | |
1979 - 1985 | 66.468 Euro | 56 Prozent | |
1986 - 1989 | 66.484 Euro | 56 Prozent | |
1990 - 1999 | 61.376 Euro | 53 Prozent | |
2000 | 58.643 Euro | 51 Prozent | |
2001 | 54.998 Euro | 48,5 Prozent | |
2002 - 2003 | 55.008 Euro | 48,5 Prozent | |
2004 - 2006 | 52.152 Euro | 45 Prozent | |
2007 - 2008 | 52.152 Euro ab 250.001 Euro |
42 Prozent 45 Prozent |
|
2009 | 52.552 Euro ab 250.401 Euro |
42 Prozent 45 Prozent |
|
2010 - 2015 | 52.882 Euro ab 250.731 Euro |
42 Prozent 45 Prozent |
|
2016 | 53.666 Euro ab 254.447 Euro |
42 Prozent 45 Prozent |
|
2017 |
54.057 Euro ab 256.304 Euro |
42 Prozent 45 Prozent |
|
2018 |
55.961 Euro ab 265.327 Euro |
42 Prozent 45 Prozent |
|
2019 |
55.961 Euro 265.327 Euro |
42 Prozent 45 Prozent |
|
2020 |
57.052 Euro |
42 Prozent 45 Prozent |
|
2021 |
57.918 Euro |
42 Prozent 45 Prozent |
|
2022 |
58.597 Euro |
42 Prozent 45 Prozent |
Reichensteuer und Spitzensteuer
Bei der sogenannten „Reichensteuer“ handelt es sich um einen höheren Steuersatz, der ab einem Einkommen von 250.731 Euro gilt, bei Ehepaaren ab 501.462 Euro. Bis zu dieser Grenze gilt der Spitzensteuersatz von 42 Prozent.
Alle Beträge, die darüber liegen, werden mit 45 Prozent versteuert. Reichensteuer und Spitzensteuer werden damit gegeneinander aufgerechnet.
Beispiel: Ehepaar mit 650.000 Euro Einkommen
Hat ein Ehepaar zum Beispiel ein jährlich zu versteuerndes Einkommen von 650.000 Euro, werden 501.462 Euro mit dem Spitzensteuersatz von 42 Prozent belegt.
Für die Differenz zwischen 650.000 Euro und 501.462 Euro werden dann 45 Prozent Steuern fällig.
Entwicklung und Historie der Reichensteuer
Die zusätzliche Besteuerung sehr hoher Einkommen wurde im Jahr 2007 eingeführt. Seither hat sich an den 45 Prozent nichts geändert. Die Einführung dieses besonderen Steuersatzes erfolgte, um die soziale Gerechtigkeit im Land zu fördern und die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren.
Spitzensteuer sparen
Wer den Spitzensteuersatz nicht erreichen möchte, darf die vorgegebenen Grenzbeträge beim zu versteuernden Einkommen nicht überschreiten.
So besteht bei Selbständigen zum Beispiel die Möglichkeit, durch Investitionen das zu versteuernde Einkommen zu verringern, um so die Grenze für den Spitzensteuersatz zu unterschreiten.
Eine gemeinsame Veranlagung mit einem Ehepartner ist ebenfalls eine Möglichkeit, um sich die Spitzensteuer zu sparen.
Freibeträge nutzen
Darüber hinaus können Steuerzahler Freibeträge geltend machen, die das zu versteuernde Einkommen reduzieren.
So kann zum Beispiel eine gut verdienende Arbeitnehmerin ein Bruttoeinkommen von 59.000 Euro haben. Dieses Einkommen reduziert sich deutlich, wenn sie alleinerziehend ist und den Freibetrag für ihr Kind nutzt.
Kritik am Spitzensteuersatz
Durch die feste Einstiegsgrenze beim Spitzensteuersatz werden in Deutschland mehr als vier Millionen Bürger zu Spitzenverdienern gezählt. Allerdings bedeutet das in der Praxis nicht, dass diese Einwohner besonders viel Geld zur Verfügung haben. In Kombination mit Sozialabgaben, der für alle Waren fälligen Mehrwertsteuer und der Einkommensteuer steigt die tatsächliche Belastung bei vielen Einkommen, sodass nur noch wenig vom Bruttoeinkommen übrigbleibt.
Für Kritiker ist die Spitzensteuer demnach keine Besteuerung von Top-Verdienern, sondern einfach nur ein hoher Steuersatz, der besonders Familien und diejenigen belastet, deren Einkommen knapp über der Bemessungsgrenze liegen.
Spitzensteuersatz anderer EU-Länder

Der Spitzensteuersatz in Dänemark liegt bei 55,6 Prozent, und damit mehr als 13 Prozentpunkte höher als in Deutschland.
Foto: Louisa Knobloch / Fotolia
Deutschland liegt mit seinem Spitzensteuersatz von 42 Prozent im EU-Vergleich eher im unteren Bereich. So erheben andere EU-Staaten deutlich höhere Steuersätze für Bürger mit höheren Einkommen.
Land | Spitzensteuersatz |
---|---|
Dänemark | 55,6 Prozent |
Belgien | 53,7 Prozent |
Portugal | 53 Prozent |
Niederlande | 52 Prozent |
Spanien | 52 Prozent |
Für Aufsehen sorgt 2013 die Ankündigung in unserem Nachbarland Frankreich, hohe Einkommen ab einer Million Euro mit einer Steuer von 75 Prozent zu belegen.
Tatsächlich handelte es sich dabei aber nicht um einen neuen Spitzensteuersatz, denn dieser liegt weiterhin bei 45 Prozent. Die Besteuerung von 75 Prozent würde auf die Beträge erhoben werden, die eine Million Euro übersteigen.
Das nordische Modell
In den Diskussionen um den Spitzensteuersatz fällt häufig der Begriff „nordisches Modell“. Damit wird auf die besondere Steuerpolitik der skandinavischen Länder angespielt.
Schweden, Dänemark, Norwegen, Finnland und Island haben in der Regel sehr hohe Steuersätze. Von diesen hohen Steuern profitieren jedoch alle Einwohner in Form von sehr guten Sozialleistungen und hohen Investitionen in Bildung und Infrastruktur.
Die Grundidee hinter diesem System wird in Schweden angesetzt, wo schon in den 1930er-Jahren der Grundstein für die spezielle Form der Steuererhebung und -verteilung gelegt wurde.
Das „nordische Modell“ ist somit nicht einfach nur eine hohe Besteuerung, sondern ein Zusammenspiel aus höheren Abgaben, die jedoch in großem Umfang dem allgemeinen Wohlstand und dem Sozialstaat zu Gute kommen.