Das Beratungsprotokoll: Schutz für Anleger

Bei einem Beratungsprotokoll handelt es sich um ein schriftliches Dokument, das bei Beratungsgesprächen zur privaten Geldanlage verwendet wird. Im Beratungsprotokoll werden Inhalte und Empfehlungen aus dem Gespräch dokumentiert.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: April 27, 2023

Author Daniel Winterl

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Daniel Winterl verantwortet als gelernter Betriebswirt die Finanz- und Versicherungsthemen bei FinanceScout24, um Ihnen die wichtigsten Infos bei ihrer Suche zur Verfügung zu stellen und das richtige Angebot für Sie zu finden.

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Inhaltsverzeichnis
     

    Seit Anfang 2010 ist das Beratungsprotokoll nach § 34, Absatz 2a des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) gesetzlich vorgeschrieben, wenn Privatkunden zur Geldanlage beraten werden. Das Protokoll soll Verbraucher vor Fehlentscheidungen schützen und zugleich die Qualität der Beratungsdienstleistung verbessern. Zudem dokumentiert es, welche Angaben private Anleger im Zuge der Anlageberatung zu ihrer aktuellen Situation sowie ihren Anliegen gemacht haben und welche Empfehlungen der Berater ihnen dafür erteilt hat. Der Berater ist dazu verpflichtet dem Anleger das Protokoll sofort auszuhändigen.

    Pflicht des Beratungsprotokolls

    § 34, Absatz 2a Wertpapierhandelsgesetz: Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung.

    Erste Kritik nach der Einführung

    Kurz nach der Einführung des Beratungsprotokolls im Jahr 2010 übten Verbraucherzentralen Kritik an der Umsetzung der jeweiligen Protokolle durch die Banken. So gab es zwar Beratungsprotokoll-Muster. Allerdings wurde daran kritisiert, dass diese nicht verbraucherfreundlich seien. So war es vielfach nicht möglich, außerhalb der vorgegebenen Antworten Freifelder zu nutzen. Darüber hinaus verlangten viele Banken eine Unterschrift ihrer Kunden unter dem Beratungsprotokoll. Diese ist aber gesetzlich nicht vorgeschrieben.

    Banken und Bankberater in der Pflicht

    Das Beratungsprotokoll muss von Bankberatern in Kreditinstituten während eines Beratungsgesprächs zur privaten Geldanlage erstellt werden. Dies gilt dann, wenn der Berater mindestens eine Empfehlung ausspricht, die sich auf Bankgeschäfte mit speziellen Anlageinstrumenten bezieht. 

    Sollte die Bank kein vom Berater unterschriebenes Beratungsprotokoll nach einem Gespräch aushändigen, können Verbraucher diesen Verstoß bei der Verbraucherzentrale melden. Ebenfalls ist eine Beschwerde bei der BaFin möglich. An die Bankenaufsicht können sich die Verbraucher auch wenden, wenn Banken mit fehlerhaften Protokollen arbeiten.

    Kontrollinstanz BaFin

    Die deutsche Bankenaufsicht prüft in regelmäßigen Abständen Beratungsprotokolle der Banken. Außerdem werden Berichte von Wirtschafts- und Verbandsprüfern an die Behörde geschickt. Darin wird die BaFin über die Einhaltung des Wertpapierhandelsgesetzes informiert.

    Im Zweifelsfall oder bei Beschwerden fordert die BaFin die jeweiligen Protokolle bei den Kreditinstituten an und prüft diese genauer. Bei gehäuften Verstößen kann die BaFin Maßnahmen gegen Geldinstitute einleiten.

    Beratungsprotokoll in Europa

    Die Idee eines Prüfinstruments für Geldanlagegeschäfte wird auch innerhalb der Europäischen Union diskutiert. Als Basis dient die neue Finanzmarktrichtlinie MiFID II (engl. Markets in Financial Instruments Directive II). Darin ist ein Passus enthalten, welcher Bankdienstleistern empfiehlt, vor dem Geschäftsabschluss eine Erklärung darüber abzugeben, ob Produkt und Kunde dafür geeignet sind.

    Diese sogenannte „Statement on Suitability“ ähnelt dem deutschen Beratungsprotokoll. In manchen Bereichen geht es noch über die Anforderungen des Beratungsprotokolls hinaus und ist ausführlicher, wenn beschrieben wird, wie geeignet die Empfehlung des Beraters ist.

    Beratungsprotokoll nicht immer notwendig

    Das Beratungsprotokoll ist lediglich für Gespräche über Wertpapiere vorgeschrieben. Wenn Sie eine Bank zu Tagesgeldkonten oder Beteiligungen an Unternehmen berät, muss kein Beratungsprotokoll geführt werden.

    Beratungsprotokoll: Was steht drin?

    Damit ein Beratungsprotokoll vollständig ist, müssen verschiedene Bestandteile unbedingt aufgeführt werden. Dabei müssen die Protokolle nicht zwingend mit Freifeldern für Fließtext aufgebaut sein. Vielfach stehen Multiple-Choice-Felder zum Ankreuzen zur Verfügung. Der Bankberater kreuzt das entsprechende Feld an, nachdem er den Kunden dazu befragt hat. Laut Gesetz muss das Beratungsprotokoll in der Regel Informationen über den Grund für die Beratung, die Dauer des Gesprächs, die persönliche Situation des Anlegers, dessen Interessen und die Empfehlungen des Bankberaters sowie deren Gründe beinhalten.

    Diese Inhalte muss ein Beratungsprotokoll enthalten:

    • Anlass der Beratung: Warum haben Sie die Beratung angefordert? Welche Absicht steckt hinter Ihrer Anfrage? Auf diese Fragen muss das Protokoll Antwort geben.
    • Dauer des Beratungsgesprächs: Im Protokoll wird genau vermerkt, wie viele Minuten oder Stunden ein solches Gespräch gedauert hat.
    • Persönliche Situation des Kunden: Mit der persönlichen Situation ist vor allem Ihre finanzielle Situation gemeint. Somit können monatliche Einnahmen und Ausgaben aufgeführt werden. Außerdem spielen Ihre Rücklagen oder auch Angespartes eine Rolle für das Protokoll. Finanzielle Belastungen durch Raten oder Unterhaltszahlungen müssen ebenfalls im Beratungsprotokoll aufgeführt werden. Schließlich ist es das Ziel des Protokolls, eine möglichst umfassende Beratung zu dokumentieren.
    • Anlageinteressen des Kunden: Das Beratungsprotokoll enthält die genauen Angaben der Kunden, warum sie ein Geldanlageprodukt abschließen wollen. Diese Wünsche sind wichtig, um daraus eventuelle Beratungsfehler im Streitfall ableiten zu können. Hat der Kunde zum Beispiel maximale Sicherheit gewünscht und die Bank ein risikoreiches Produkt empfohlen, liegt der Fehler bei der Bank.
    • Empfehlung des Bankberaters mit Begründung: Jedes Anlageprodukt, das der Bankberater empfiehlt, muss er ausführlich begründen und in Bezug zu den Wünschen, Interessen und der finanziellen Situation der Kunden stellen.
    • Unterschrift des Beraters: Unter dem vollständigen Protokoll steht die Unterschrift des Beraters mit Datum. Erst, wenn die Unterschrift geleistet wurde, ist das Protokoll gültig.
    • Absicherungen: Das Beratungsprotokoll führt auf, welche Absicherungsprodukte Sie nutzen, zum Beispiel Lebensversicherungen, Berufsunfähigkeitsversicherungen oder eine Krankenversicherung.

    Überarbeitung möglich

    Verbraucher haben die Möglichkeit, das Beratungsprotokoll vom Berater abändern zu lassen, wenn sie mit einigen Aspekten oder der Darstellung ihrer Situation nicht einverstanden sind. Darüber hinaus müssen die Kunden die Möglichkeit haben, alle Details der Anlageempfehlung nachvollziehen zu können.

    Ergänzt und geändert werden kann das Protokoll nur, bevor es komplett unterschrieben ausgehändigt wurde. Später ist keine Änderung mehr möglich, da das Beratungsprotokoll nur für ein bestimmtes Gespräch angelegt wird und nicht für weitere Gespräche erneut verwendet werden kann.

    Sinn und Zweck dieses Protokolls

    Das Beratungsprotokoll erfüllt verschiedene Aspekte. Zunächst profitieren alle Beteiligten von einer richtig praktizierten Dokumentation. So können seitens des Kunden Lücken und Missverständnisse besser erkannt und nachgebessert sowie Klarheit über den Inhalt des Gesprächs erlangt werden. Somit stärkt es zum einen die Position der Kunden nachhaltig. Sie können sich nach dem Aushändigen des Protokolls auf ein Schriftstück berufen, in welchem genau festgehalten wurde, welche Produkte zur Geldanlage empfohlen wurden. Der Bankberater hat dadurch keine Möglichkeit mehr, Sachverhalte später zu Ungunsten der Kunden darzustellen. Beratungsgespräche werden durch das Beratungsprotokoll transparenter.  

    Beweis im Streitfall

    Im Streitfall dient das Beratungsprotokoll Verbrauchern als Beweis. Sie können auf der Basis des Protokolls vor Gericht Schadensersatzansprüche wegen einer möglichen Falschberatung geltend machen. Nach der Einführung des neuen Gesetzes im Jahr 2010 verlängerte sich die Verjährungsfrist bei Schadensersatzansprüchen in Folge einer Falschberatung auf zehn Jahre. Verbraucher können nun bis zu zehn Jahre nach der Beratung Ansprüche geltend machen. Wichtig ist dabei, dass der Anleger sofort Schadensersatzansprüche stellt, wenn er feststellt, dass er falsch beraten wurde. Stellt er dies fest und macht keine Ansprüche geltend, verkürzt sich die Verjährungsfrist.

    Beratung durch Anwalt erleichtert Schadensersatzansprüche

    Wenn Sie Schadensersatzansprüche in Bezug auf eine mögliche Fehlberatung anmelden möchten, sollten Sie sich von einem Anwalt beraten lassen. Es gibt zwar die zehnjährige Frist. Allerdings sind für Ihren Anspruch viele weitere Fragen zu klären. So spielt es zum Beispiel eine wichtige Rolle, ob dem Berater Vorsatz oder nur Fahrlässigkeit zu unterstellen ist.

    Kontrollinstrument für die Aufsichtsbehörde

    Zugleich kann die Aufsichtsbehörde bei Beschwerden anhand des protokollierten Kundengesprächs nachvollziehen, wie es zu Fehlern oder zur Beschwerde kam. Somit ist das Protokoll für die BaFin eine wichtige Kontrollinstanz bei privaten Anlagegeschäften.

    Bessere Vergleichsmöglichkeit

    Nach der Beratung hat der Anleger außerdem die Möglichkeit, alle vorgeschlagenen Anlageprodukte anhand des Protokolls ausführlich miteinander zu vergleichen. Dabei kann er die jeweiligen Argumente für oder gegen ein bestimmtes Produkt genauer abwägen. Auf der Basis dieses Vergleichs können Verbraucher ihre Entscheidung fundierter begründen.

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    Beratungsprotokoll – worauf ist zu achten?

    Das Beratungsprotokoll wurde eingeführt, um Verbraucher bei der Geldanlage zu schützen. Damit dieser Schutz auch wirksam ist, sollten Verbraucher das Protokoll genau prüfen. Schließlich geht es bei der Geldanlage um ein längerfristiges Projekt, das Gewinne abwerfen soll. Darauf sollten Sie genauer achten:

    Vollständigkeit

    Beinhaltet das Protokoll alle wichtigen Einzelheiten des Beratungsgesprächs? Hierzu zählen der Anlass, der Verlauf sowie die Dauer des gesamten Gesprächs. Ebenso dürfen im Protokoll die Angaben zu Ihrer persönlichen Lage sowie Ihre Wünsche und die Ziele Ihrer Geldanlage nicht fehlen. Im Protokoll muss außerdem fixiert werden, zu welchen Produkten der Bankmitarbeiter oder Makler geraten hat. Zur Vollständigkeit gehört zum Schluss, dass Sie das komplette Protokoll vom Berater unterschrieben erhalten.

    Genaues Durchlesen

    Lesen Sie das Beratungsprotokoll gründlich durch, bevor Sie es annehmen. Wenn Sie zum Beispiel mit einigen Aspekten oder der Schilderung Ihrer Lebensumstände nicht einverstanden sind, haben Sie nach dem Durchlesen die Möglichkeit, Änderungen einzufordern. Stellen Sie außerdem fest, dass der Berater im Protokoll andere als die von Ihnen aufgezählten Anlageziele aufgeschrieben hat, sollten Sie ebenfalls widersprechen. Gleiches gilt für die vom Berater ausgesprochenen Produktempfehlungen. Haben Sie nach dem Lesen das Gefühl, dass die Begründung für die Empfehlung nicht zu Ihren Zielen passt, sollten Sie das anmerken. Die Änderungen kann der Berater gemeinsam mit Ihnen durchführen.

    Ihre Unterschrift ist nicht notwendig

    Das Beratungsprotokoll muss laut Gesetz nur vom Berater unterschrieben werden. Sie sind somit nicht zur Unterschrift verpflichtet. Manche Banken fordern ihre Kunden nach dem Beratungsgespräch dennoch zur Unterschrift auf. Bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung kann diese als Bestätigung der Beratungsleistung herangezogen werden. Auch wenn die Bank drängt, unterschreiben Sie nicht.

    Vom Rücktrittsrecht Gebrauch machen

    Wenn Sie das Beratungsprotokoll erst nach dem Abschluss des Bankgeschäfts erhalten, können Sie Ihr einwöchiges Rücktrittsrecht in Anspruch nehmen. Die Voraussetzung für den Rücktritt ist allerdings, dass das Protokoll inhaltliche Fehler aufweist oder es nicht vollständig ist. Das Rücktrittsrecht wird meist bei telefonischer Beratung genutzt, da der Abschluss in diesen Fällen meist vor dem Erhalt des Protokolls erfolgt.

    Beachten Sie bei einem eventuellen Rücktritt, dass nicht Sie belegen müssen, dass Fehler vorliegen. Stattdessen muss die Bank beweisen, dass das Protokoll frei von Fehlern und vollständig ist.

    Zeugen mitnehmen

    Wenn Sie vor dem Abschluss einer großen Geldanlage sind, sollten Sie nicht allein dem Beratungsprotokoll vertrauen. Nehmen Sie Ihren Ehepartner mit zum Gespräch, kann er als Zeuge bei Streitigkeiten fungieren, wenn er das Geschäft nicht mit Ihnen abschließt. Zeugen können ebenfalls Freunde sein, wenn sie das Anlageprodukt nicht gemeinsam mit Ihnen abschließen oder in Anspruch nehmen.

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