Quotierung – Was ist das?

Wenn ein Verkehrsteilnehmer einen Schaden verursacht und er mit einer Vollkaskoversicherung abgesichert ist, wird immer geprüft, wie hoch der Schuldanteil des Versicherten am Unfall ist. Anhand dieses Anteils wird berechnet, welche Leistung die Versicherung übernehmen wird. Dieser Vorgang wird als Quotierung bezeichnet.

Elisabeth Schwarzbauer

Autorin für Versicherungsthemen


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Zuletzt aktualisiert: April 27, 2023

Author Elisabeth Schwarzbauer

Elisabeth Schwarzbauer

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Elisabeth ist studierte Physikerin, verantwortet bei uns die Versicherungsthemen und hilft Ihnen Ihr bestes Angebot zu finden. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten mit Ihrer Familie oder mit einem Buch auf der Terrasse (wenn es das Wetter ermöglicht).

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Inhaltsverzeichnis
     

    Gesetzlicher Hintergrund

    Vor dem Jahr 2008 galt für die KFZ-Versicherer das Prinzip „Alles-oder-Nichts“. Nach einem Unfall prüften sie die Schuld ihres Versicherten. Ergab sich daraus, dass er zum Beispiel grob fahrlässig gehandelt hatte, konnte die Versicherung die Schadensregulierung entweder nur komplett abnehmen oder vollständig übernehmen.

    Seit einer Änderung im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) 2008 ist die Quotierung eingeführt worden. Demnach sind Versicherungsunternehmen nur noch zu anteiligen Leistungskürzungen im Versicherungsfall berechtigt. Betroffen sind Schäden, die durch grobe Obliegenheitsverletzungen, grobe Fahrlässigkeit oder fahrlässiger Gefahrerhöhung entstehen.

    Versicherungsvertragsgesetz (VGG)

    Paragraph 26, Absatz 1 VGG:

    „Tritt der Versicherungsfall nach einer Gefahrerhöhung ein, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer seine Verpflichtung nach § 23 Abs. 1 vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.“

    Der Versicherungsnehmer muss in diesem Fall nachweisen, wenn er der Auffassung ist, dass dem Versicherungsfall keine grobe Fahrlässigkeit zugrunde liegt.

    Paragraph 28, Absatz 1 und 2 VGG:

    (1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.

    (2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.“

    Paragraph 81, Absatz 2 VGG:

    „Führt der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbei, ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen.“

    Wann kommt die quotierte Leistungserbringung zum Einsatz?

    Grobe Fahrlässigkeit: Von grober Fahrlässigkeit wird gesprochen, wenn ein Schaden durch naheliegende Verhaltensweisen hätte verhindert werden können, diese jedoch außer Acht gelassen wurden. Demnach verletzt der Versicherte die erforderliche Sorgfalt in hohem Maße.

    Wenn einem Versicherungsnehmer grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen wird, kann dies verschiedene Gründe haben.

    1. Es ist grob fahrlässig, wenn ein Autofahrer stark alkoholisiert einen Unfall verursacht.
    2. Grobe Fahrlässigkeit liegt auch dann vor, wenn der Autoschlüssel nicht sicher aufbewahrt wurde und das Fahrzeug missbräuchlich verwendet wurde.
    3. Wer eine rote Ampel überfährt, handelt in der Regel grob fahrlässig.
    4. Gleiches gilt für übermüdete Fahrer, die dennoch am Straßenverkehr teilnehmen.
    5. Ebenso kann der Versicherer auf grobe Fahrlässigkeit plädieren und Leistungen kürzen, wenn Sie leichtsinnig überholen und dadurch einen Unfall verursachen.

    Grundsätzlich können sich Verbraucher an den genannten Beispielen orientieren. In der Praxis müssen jedoch die Einzelfälle genau betrachtet und interpretiert werden.

    Obliegenheitsverstöße: Diese Verstöße können in unterschiedlicher Weise erfolgen.

    1. Wer zum Beispiel einer Person ohne Führerschein das Fahren im versicherten Fahrzeug ermöglicht, verstößt gegen seine Obliegenheiten.
    2. Dies gilt auch dann, wenn der Versicherungsnehmer ohne Führerschein fährt.
    3. Wer illegale Autorennen mit seinem Auto fährt, handelt sich ebenfalls einen Verstoß gegen die Obliegenheitspflichten ein.
    4. Ebenso wie bei grober Fahrlässigkeit kann auch stark alkoholisiertes Fahren zum Obliegenheitsverstoß führen.
    5. Wer einen Versicherungsfall verschweigt, handelt ebenso gegen seine Verpflichtung.

    Weitere Obliegenheitsverstöße sind: Manipulation der Kilometerangabe, Verschweigen von Vorschäden, Täuschung über den Kaufpreis.

    Trotz Neuregelung Leistungsverweigerung möglich

    Trotz der Einführung der Quotierung ist es möglich, dass Versicherer die Leistung komplett verweigern. Dies ist dann der Fall, wenn eine besondere Schwere im Vergehen festgestellt wird. Wer zum Beispiel stark alkoholisiert einen Unfall mit Personenschaden verursacht hat, muss mit einer Ablehnung durch die Versicherung rechnen.

    Wer falsche Angaben bei seinen Fahrzeugdaten macht, kann im Versicherungsfall ebenso mit einer Leistungsverweigerung rechnen.

    Von Leistungsverweigerung wird gesprochen, wenn ein Versicherter einen Schaden geltend macht bzw. eine Rechnung einreicht und diese im Anschluss nicht übernommen wird. Dies kann unterschiedlichen Ursachen zugrunde liegen.

    Wie sich die Schadensregulierung im Einzelnen verhält, ist jedoch individuell verschieden und immer fallabhängig.

    Betrifft mich die Quotierung?

    Jeder Versicherungsnehmer, der eine Vollkaskoversicherung für sein Auto nutzt, ist im Schadensfall von der Quotierung betroffen. Grundsätzlich profitieren Sie von der Regelung, da in seltenen Fällen eine totale Zahlungsverweigerung des Versicherers möglich ist.

    Zuvor gab es entweder die Komplettübernahme der Kosten oder die Komplettverweigerung der Kostenübernahme. Somit können Sie jetzt vollkaskoversichert in der Regel mit einer Zahlung der Versicherung rechnen. In welcher Höhe diese ausfällt, hängt von der Quotierung ab.

    Theoretisch ist das Verfahren der Quotierung somit fairer, weil genau abgewogen wird, welche Schuld Sie an einem Unfall tragen.

    Wie hoch fällt die Quote aus?

    Nach jedem Schaden wird die Quote des Versicherers neu berechnet. Hier gibt es keine einheitliche Regelung, sondern die Quotierung kann von Versicherung zu Versicherung unterschiedlich ausfallen. Grundsätzlich gilt jedoch, dass die Erstattungsquote mit zunehmender Schuld geringer wird.

    Wer gering fahrlässig handelt, wird mehr Geld von der Versicherung bekommen als jemand der grob fahrlässig gehandelt hat.

    Grobe Fahrlässigkeit

    Ob das Handeln des Versicherungsnehmers als grob fahrlässig eingeschätzt wird oder ob eine Verletzung der Obliegenheitspflicht vorliegt, ist hier eine Versicherungsfrage.

    Allerdings bleibt davon ein mögliches Strafverfahren oder Bußgeldverfahren unberührt. So kann es zum Beispiel sein, dass die Versicherung den Schaden teilweise auch bei Fahrlässigkeit übernimmt, ein Gericht jedoch eine Strafe verhängt.  

    Wie bei jedem Schadensfall wird zunächst ein Gutachter eingesetzt, der den entstandenen Schaden und sein Zustandekommen genau begutachtet. Aufgrund seines Gutachtens kann die Versicherung beschließen, wie die Quotierung ausfällt.

    Gesamtkosten von Quotierung betroffen

    Zu beachten ist, dass die Gesamtkosten für den Versicherungsfall von der Quotierung betroffen sind. Hierzu gehören zum Beispiel auch die Kosten für Gutachter oder den Anwalt des Unfallgegners.

    Somit spielt es eine sehr wichtige Rolle, wie hoch die Quote nach einem selbstverschuldeten Unfall ausfällt.

    Wie erhalte ich eine besonders gute Quote von meiner Versicherung?

    Grundsätzlich haben Versicherungsnehmer keine Chance, die Quote nach dem Unfall noch einmal zu beeinflussen. Vielmehr sollten Verbraucher darauf achten, dass sie nicht fahrlässig handeln oder ihre Obliegenheitspflichten verletzen.

    Ist ein Unfall geschehen, kann die mögliche Quote mit Hilfe eines Anwalts oder Gutachters schon im Vorfeld vorausgesagt werden. Auf diese Weise hätten Sie die Möglichkeit, eigene finanzielle Vorbereitungen zu treffen, falls die Quote tatsächlich zu Ihren Ungunsten ausfällt.

    So können Sie sich gegen eine Quote wehren

    Wer der Auffassung ist, dass die Quotierung durch die eigene Versicherung unberechtigt erfolgte, kann gerichtlich dagegen vorgehen.

    Vor Vertragsabschluss über Quotierung informieren

    Informieren Sie sich immer vor Vertragsabschluss einer Kfz-Versicherung, welche Quotierung der Versicherer anwendet. Allerdings bleibt damit noch nicht beantwortet, wie die Quote in einem konkreten Fall ausfällt.

    Zunächst sollte jedoch ein Anwalt oder ein zusätzlicher Gutachter eingeschaltet werden, um den Erfolg eines solchen Vorgehens einschätzen zu können. Ist die Sachlage jedoch eindeutig, werden Ihnen Anwälte davon abraten.

    Verkehrsrechtsschutzversicherung

    Mit einer Rechtsschutzversicherung, die Verkehrsrecht einschließt, können Sie einen Anwalt oder kostenlose Rechtsberatung in Anspruch nehmen, wenn Sie mit der Quotierung Ihrer Kfz-Versicherung nicht einverstanden sind.

    Eine Verkehrsrechtsschutzversicherung leistet, sobald Versicherte in Rechtsstreitigkeiten aufgrund von Unfällen, Kauf- oder Reparaturverträgen geraten. Das gilt auch im Falle des Führerscheinverlusts.

    Welche Probleme gibt es bei der Quotierung?

    Die Quotierung spielt nicht nur in der KFZ-Versicherung, sondern auch bei Rückversicherern eine Rolle. Hierbei handelt es sich um ein Angebot des Erst- oder Rückversicherers, ein Risiko zu vorher vereinbarten Prämien und Konditionen zu übernehmen.

    Allerdings kann es hier Probleme geben, weil der Rückversicherer kaum überblicken kann, wie der Erstversicherer seine Geschäfte führt. Zugleich erhält die Rückversicherung nur Daten aus der Vergangenheit und keine Zukunftsprognosen.

    Ein großes Problem sind in diesem Zusammenhang Spätschäden, die lange nach der unmittelbaren Schadensregulierung geltend gemacht werden. So kann es zum Beispiel vorkommen, dass die Rückversicherung noch Jahrzehnte später für Schäden aufkommen muss. In den USA gab es zum Beispiel Rückversicherungen, die viele Jahre später in die Pflicht genommen wurden, als Asbestschäden an Gebäuden festgestellt wurden.

    Somit ist es theoretisch möglich, dass im Falle einer Quotierung noch nach vielen Jahren Folgeschäden durch einen Unfall geltend gemacht werden können, die nur teilweise vom Versicherer übernommen werden und für die der Schadensverursacher verantwortlich ist. Allerdings muss hier vermutlich mit Verjährungsfristen gerechnet werden.

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