Andienungsrecht: Kein echter Vorteil für Leasingnehmer?

Leasing kann für Verbraucher oder Unternehmen eine gute Möglichkeit sein, um gegen eine monatliche Rate immer mit dem neuesten Produkt ausgestattet zu sein. Allerdings gibt es viele Aspekte, auf die Leasingnehmer vor Vertragsabschluss achten müssen. Ein möglicher Fallstrick bei Leasingverträgen ist das Andienungsrecht. Es gibt dem Leasinggeber das Recht, das Leasingobjekt nach Ablauf der Laufzeit für den Restwert an den Leasingnehmer zu verkaufen. Für den Leasingnehmer entsteht dadurch in der Regel kein wirklicher Vorteil.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: April 27, 2023

Author Daniel Winterl

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Daniel Winterl verantwortet als gelernter Betriebswirt die Finanz- und Versicherungsthemen bei FinanceScout24, um Ihnen die wichtigsten Infos bei ihrer Suche zur Verfügung zu stellen und das richtige Angebot für Sie zu finden.

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Inhaltsverzeichnis
     

    Das Andienungsrecht wird im Rahmen eines Leasingvertrags zwischen Leasingnehmer und Leasinggeber vereinbart. Demnach hat der Leasinggeber das Recht, die Leasingsache (zum Beispiel einen PKW) dem Leasingnehmer nach Ablauf der vertraglichen Laufzeit zum kalkulierten Restwert anzudienen. Dies bedeutet, dass der Leasingnehmer zum Kauf des Leasingobjekts verpflichtet ist, wenn ein Andienungsrecht vereinbart wurde.

    Beim Andienungsrecht handelt es sich für den Leasinggeber in der Regel um eine Andienungsoption, denn er muss das Leasingobjekt nicht an den Leasingnehmer verkaufen. Er hat die Möglichkeit, es auf dem freien Markt zum bestmöglichen Preis anzubieten.

    Andienungsrecht nur bei Teilamortisation

    Leasingverträge können mit Voll- oder Teilamortisation gewählt werden. Bei der Vollamortisation ist das Leasingobjekt am Ende der Laufzeit über die Leasingraten komplett getilgt. Es geht in den Besitz des Leasingnehmers über. Ein Andienungsrecht ist in diesem Fall überflüssig, da kein Restwert mehr besteht, zu welchem das Objekt an den Leasingnehmer verkauft werden kann.

    Bei einer Teilamortisation wird nur ein Teil des Leasingobjekts über die Raten getilgt. Übrig bleibt ein Restwert. Dieser Restwert ist wichtig für das Andienungsrecht. Denn zu diesem Wert verkauft der Leasinggeber das Leasingobjekt nach Ende der Laufzeit an den Leasingnehmer.

    Absicherung für den Leasinggeber

    Das Andienungsrecht gibt dem Leasinggeber die Sicherheit, dass sich das angebotene Leasingobjekt nach dem Ende der Laufzeit des Leasingvertrags amortisiert hat. Er kann die optionale Kaufverpflichtung ausspielen und den Leasingnehmer zum Kauf des Leasingobjekts zum vereinbarten Restwert verpflichten.

    Anwendung in der Praxis häufig zum Nachteil des Leasingnehmers

    Das Andienungsrecht wird in der Praxis häufig beim Auto-Leasing angewandt. Auf diese Weise haben Leasingnehmer zunächst einen Vorteil, da sie niedrige monatliche Leasingraten bezahlen müssen. Allerdings kann sich ein Teilamortisationsvertrag mit Andienungsrecht am Ende der Laufzeit auch zum Nachteil des Leasingnehmers entwickeln.

    Dies ist dann der Fall, wenn der vertraglich kalkulierte Restwert des Fahrzeugs über dem aktuellen Nennwert des PKW liegt. Der Leasingnehmer ist dann zum Kauf des Leasingfahrzeugs verpflichtet, obwohl es tatsächlich weniger wert ist.

    Leasinggeber haben zwar durch die optionale Kaufverpflichtung die Möglichkeit, den PKW auf dem freien Markt anzubieten. Doch meist erzielen die Fahrzeuge dort einen geringeren Preis als den vereinbarten Restwert. Kauft der Leasingnehmer das Auto nicht, ist er verpflichtet, die Differenz zwischen erzieltem Erlös des Händlers und dem vereinbarten Restwert zu begleichen.

    Beispiel

    Ein Verbraucher least ein Fahrzeug mit Teilamortisation über drei Jahre. Der PKW hat einen Neuwert von 30.000 Euro. Die monatliche Leasingrate beträgt 300 Euro. Während der Laufzeit werden somit 10.800 Euro am PKW getilgt.

    Im Vertrag wird ein Restwert von 20.000 Euro zum Ende der Laufzeit festgelegt. Sobald der Vertrag ausgelaufen ist, verkauft der Händler den PKW für 15.000 Euro auf dem Fahrzeugmarkt. Nun muss der ehemalige Leasingnehmer die Differenz zwischen 20.000 Euro vereinbartem Restwert und dem Verkaufserlös von 15.000 Euro bezahlen, also 5.000 Euro.

    Viele Leasingnehmer kaufen deshalb das Leasingfahrzeug nach Ende der Leasingzeit, auch wenn der Restwert höher liegt als der aktuelle Verkehrswert.

    Sonderfall Kilometerleasing

    Beim sogenannten „Kilometerleasing“ spielt der Restwert des Fahrzeugs eine untergeordnete Rolle. Der Leasinggeber trägt in diesem Fall das Restwertrisiko. Der Leasingnehmer vereinbart bei dieser Leasingform mit dem Leasinggeber eine feste Kilometerzahl für das Ende der Vertragslaufzeit. Wird diese Kilometerzahl überschritten, muss der Leasingnehmer einen Aufpreis für die Mehrkilometer bezahlen.

    Andienungsoption beim Leasing

    Bei Leasingverträgen mit Teilamortisation gibt es verschiedene Optionen der Vertragsausgestaltung:

    1. Leasingvertrag mit Andienungsrecht für den Leasinggeber und Optionsrecht für den Leasingnehmer: Diese Variante existiert in der Praxis nicht, da das Optionsrecht einseitig über das Andienungsrecht vom Leasinggeber ausgeübt wird.
    2. Leasingvertrag mit Andienungsrecht für den Leasinggeber ohne Optionsrecht für den Leasingnehmer: Bei diesen Verträgen ist der Leasingnehmer zum Kauf der geleasten Sache nach Ablauf der Vertragslaufzeit verpflichtet. Der Kaufpreis wird schon vor dem Abschluss des Vertrags festgelegt. Der Leasingnehmer hat dabei das Risiko, dass sich der Wert des Leasingobjekts während der Laufzeit mindert. Der Leasinggeber hingegen muss das Leasingobjekt bei einer Wertsteigerung nicht an den Leasingnehmer verkaufen, sondern kann es auf dem freien Markt anbieten. Das Fahrzeug ist nach Ablauf des Vertrags dann in seinem Besitz.
    3. Leasingvertrag mit Mehrerlösbeteiligung: Bei diesem Leasingvertrag wird vereinbart, dass der Leasinggeber den Leasinggegenstand nach Ablauf der Laufzeit verkauft. Anschließend werden Restwert und Verkaufserlös gegengerechnet. Liegt der Verkaufspreis über dem Restwert, wird der Erlös zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer aufgeteilt. Erhält der Leasingnehmer mehr als drei Viertel des Veräußerungsgewinns, wird ihm der Leasinggegenstand zugerechnet. Liegt der Verkaufserlös jedoch unter dem vertraglich festgelegten Restwert, muss der Leasingnehmer die Differenz an den Leasinggeber bezahlen.
    4. Leasingvertrag mit Option auf vorzeitige Kündigung: In diesem Fall kann der Leasinggeber den Vertrag kündigen, wenn eine bestimmte Grundmietzeit abgelaufen ist. Dann muss der Leasingnehmer eine Abschlusszahlung leisten, weil die Gesamtkosten des Leasingobjekts noch nicht gedeckt sind. Der Leasinggeber verkauft also das Leasingobjekt und verrechnet den Verkaufserlös mit der Abschlusszahlung. Hier gilt: Ist die Differenz zur Abschlusszahlung negativ, muss der Leasinggeber den Rest zuzahlen. Ist die Differenz positiv, darf der Leasinggeber den Verkaufserlös komplett behalten.

    Sonderfall Sale and Lease-Back

    Mit dem sogenannten „Sale and Lease-Back“-Verfahren gibt es noch eine weitere Möglichkeit, Leasingverträge zu gestalten. Hierbei verkauft der künftige Leasingnehmer das Leasingobjekt an den Leasinggeber. Von diesem least er das Objekt anschließend. Auf diese Weise erhält der Leasingnehmer vom Leasinggeber sofort den Wert des Fahrzeugs ausgezahlt und kann dadurch seine Liquidität erhöhen.

    Für Unternehmen kann diese Art des Leasings eine Alternative zur Kreditaufnahme bei Banken darstellen. Das Betriebsvermögen lässt sich somit in liquide Mittel umwandeln, ohne dafür einen Bankkredit zu nutzen. In der Regel ist für derartige Geschäfte keine Schufa-Auskunft nötig. Zugleich besteht die Möglichkeit, über Sale and Lease-Back Steuern zu sparen, da die Leasingraten als Betriebskosten abgesetzt werden können.

    Leasing mit Teilamortisation: Das sollten Sie beachten!

    • Das Andienungsrecht wird in der Regel nur einseitig ausgeübt: Der Leasinggeber ist nicht verpflichtet, das Leasingobjekt an Sie zu verkaufen. Er kann es stattdessen nach Ablauf der Laufzeit auch an jemand anderen veräußern. Sie haben keinen Anspruch darauf, dass das Leasingobjekt an Sie verkauft wird.
    • Der Leasingnehmer trägt das Wertminderungsrisiko und hat die Kaufpflicht: Wenn ein Leasinggeber das Leasingobjekt am Ende der Laufzeit nicht verkaufen kann, kann er Sie zum Kauf verpflichten. Für den Kauf gilt der vertraglich vereinbarte Restwert, auch wenn dieser weit unter dem aktuellen Wert des Leasingobjekts liegt. Verkauft der Leasinggeber das Leasingobjekt am Ende der Laufzeit zu einem geringeren Preis als den vereinbarten Restwert, müssen Sie die Differenz zum Restwert begleichen.
    • Der Leasingnehmer kann am Verkaufserlös beteiligt werden: Findet eine deutliche Wertsteigerung des Leasingobjekts statt, können Sie bei einem Leasingvertrag mit Mehrerlösoption am Gewinn beim Verkauf beteiligt werden.
    • Der Leasingnehmer kann zum Kauf gezwungen werden, wenn der Restwert überschritten wird: Steigt der Marktpreis eines Leasingobjektes deutlich an und liegt am Ende der Vertragslaufzeit über dem vereinbarten Restwert, kann der Leasinggeber den Leasingnehmer zum Kauf zwingen. Dies gilt auch dann, wenn der Kaufpreis über dem vertraglich fixierten Restwert liegt.

    Darauf sollten Sie vor dem Abschluss des Leasingvertrags achten!

    1. Vertragslaufzeit: Je kürzer der Leasingzeitraum, desto höher die Raten und desto flexibler sind Sie.
    2. Höhe der Leasingraten: Stellen Sie eine Budgetrechnung auf und prüfen Sie, ob Sie die Raten dauerhaft begleichen können. Ein vorzeitiger Ausstieg aus dem Vertrag ist nur sehr schwer möglich.
    3. Kilometerleasing oder Restwertleasing: Überlegen Sie, welche Variante besser zu Ihnen passt und berücksichtigen Sie die Konsequenzen.
    4. Restwert: Prüfen Sie, ob der vom Leasinggeber kalkulierte Restwert überhaupt plausibel ist.
    5. Umfang: Kontrollieren Sie, ob im Leasingvertrag auch die komplette Ausstattung enthalten ist.
    6. Klauseln: Achten Sie darauf, ob eine Kaufoption vertraglich vereinbart wurde oder ob ein Andienungsrecht für den Leasinggeber besteht.

    Andienungsrecht: Rücktritt möglich?

    Wenn in einem Leasingvertrag ein Andienungsrecht vereinbart wurde, können Leasingnehmer von diesem einseitig ausgeübten Recht in der Regel nicht zurücktreten. Sie sind dann am Ende der Laufzeit abhängig von der Entscheidung des Leasinggebers. An die Kaufverpflichtung des Leasinggebers sind Sie somit gebunden.

    Grundsätzlich können Leasingverträge mit Restwertvereinbarungen jedoch innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsabschluss widerrufen werden. Wenn Sie somit feststellen, dass Sie den Vertrag mit Andienungsrecht nicht nutzen wollen, sollten Sie diese Chance rechtzeitig nutzen.

    Ob ein Leasingvertrag vorzeitig gekündigt werden kann, hängt von der Mindestvertragslaufzeit und den weiteren Vertragskonditionen ab. Allerdings entstehen bei einer Vertragskündigung zusätzliche Kosten für den Leasingnehmer. Eine Kündigung des Leasingvertrags ist zum Beispiel möglich, wenn das Leasingfahrzeug einen Unfall oder Totalschaden hatte. Möglich ist eine Kündigung ebenfalls, wenn das Leasingfahrzeug gestohlen wurde.

    Hohes finanzielles Risiko

    Leasingbanken sind daran interessiert, dass das Leasingobjekt sich amortisiert und zusätzlich Gewinn erzielt wird. Kommen Leasingnehmer mit ihren Leasingraten in Verzug, kann es schnell vorkommen, dass die Bank den Vertrag kündigt. In diesem Fall muss die Leasingleistung sofort gezahlt werden.

    Kann der Leasingnehmer den Restwert am Ende der Laufzeit nicht begleichen, droht ebenfalls ein finanzielles Fiasko. Die Bank kann das Geld im schlimmsten Fall auch gerichtlich einfordern.

    Wie bei jedem Leasinggeschäft sollten sich Leasingnehmer auch bei Teilamortisation mit Andienungsrecht in besonderem Maße überlegen, ob Sie sich die Raten und die Abschlusszahlung bei einer Kaufverpflichtung überhaupt leisten können.

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