Fluggastrechte bei Verspätung

Täglich starten Millionen Passagiere mit einem Flugzeug zu einem Geschäftstermin oder in den Urlaub. Nicht selten sorgt dann eine Verspätung des Fliegers für Frust: Im Durchschnitt ist laut Angaben von Eurocontrol jeder dritte Flieger verspätet.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: April 27, 2023

Author Daniel Winterl

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Daniel Winterl verantwortet als gelernter Betriebswirt die Finanz- und Versicherungsthemen bei FinanceScout24, um Ihnen die wichtigsten Infos bei ihrer Suche zur Verfügung zu stellen und das richtige Angebot für Sie zu finden.

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Inhaltsverzeichnis
     

    Rund ein Prozent aller Flugzeuge kommen mit einer Verspätung von mehr als zwei Stunden am Zielort an. Liegt die Ankunft drei Stunden über der angekündigten Zeit, stehen Fluggästen Entschädigungen von bis zu 600 Euro pro Flug zu.

    Die Höhe der sogenannten Ausgleichszahlung wird je nach Länge der Flugstrecke berechnet. Eine erhebliche Ankunftsverspätung, also drei Stunden und mehr, kann mit einer Annullierung des Fluges gleichgesetzt werden.

    Darüber hinaus muss die Airline für Verpflegung und Übernachtung sorgen, wenn ein Fluggast aufgrund eines verpassten Fliegers am Flughafen übernachten muss. Zum Glück, denn in der Nähe von Flughafen kann man meist nicht günstig übernachten

    Hohe Summen an Schadensersatz für Vielflieger möglich

    Wer wöchentlich mindestens ein Mal das Flugzeug nutzt, wird pro Jahr mehr als 100 Flüge nutzen. Haben davon vier Flüge eine Verspätung von mehr als drei Stunden, können Forderungen von bis zu 2.400 Euro erhoben werden.

    Es wird davon ausgegangen, dass in Deutschland jährlich mehr als 180 Millionen Menschen das Flugzeug nutzen. Wenn nun ein Prozent davon Schadensersatzansprüche bis 600 Euro pro Flug aufgrund einer über dreistündigen Verspätung geltend machen könnten, bedeutet dies für Airlines eine jährliche Schadensersatzzahlung von mehr als eine Milliarde Euro.

    Ihre Rechte bei Flugverspätung

    Kommt es bei einer Pauschalreise zur Flugverspätung kann Schadensersatz verlangt werden. Die Fluggastreche bei Verspätungen von Flugzeugen sind in der Europäischen Verordnung 261/2004/EG geregelt, die im Jahr 2004 vom Europäischen Parlament und Rat verabschiedet wurde. In Kraft getreten ist sie im Jahr 2005.Diese regelt die Ansprüche zwischen Fluggast und Fluggesellschaft. Zudem findet bei Pauschalreisen auch das deutsche Reiserecht Anwendung.

    Die Regelung betrifft Flüge, die innerhalb der EU angetreten wurden oder Flüge, die von einer Fluggesellschaft mit Sitz in der EU angeboten werden. Die Gültigkeit wurde zudem auf Airlines aus Norwegen, Island und der Schweiz ausgeweitet.

    Somit haben auch Fluggäste ein Recht auf Entschädigung, wenn sie ihren Flug von diesen Ländern aus starten. Die Verordnung hat hingegen keine Gültigkeit bei Flügen, die von Fluglinien mit Sitz in Drittländern angeboten werden.

    Voraussetzungen für Entschädigungen

    Ein Kunde hat gemäß EU-Verordnung in folgenden Fällen Anspruch auf Ersatzleistungen oder Entschädigungen. Voraussetzung ist immer, dass die Airline direkt verantwortlich für die jeweiligen Fälle ist.

    1. Annullierung des Fluges: Hier stehen Fluggästen die Erstattungen des Tickets, kostenlose Transporte zum Abflugort oder die Erstattung von alternativen Tickets zur Verfügung. Darüber hinaus müssen Fluggäste kostenlos versorgt werden. Entschädigungszahlungen richten sich nach der Länge der Flugstrecke.
    2. Nichtbeförderung: Wird ein Flugzeug überbucht und kann ein Passagier nicht mehr mitfliegen, hat er ebenfalls Anspruch auf Erstattung der Ticketpreise. Außerdem muss die Airline die Tickets für einen möglichen Rückflug oder eine alternative Beförderung zum Zielort übernehmen. Die Entschädigungszahlungen richten sich hier ebenfalls nach der Lände der Flugstrecke.
    3. Verspätung: Hier richten sich die Entschädigungszahlungen nach der Dauer der Verspätung in Kombination mit der Flugstrecke. Darüber hinaus müssen Airlines Kommunikationsmittel sowie Getränke oder Nahrungsmittel bereitstellen.

    Keine Entschädigung bei außergewöhnlichen Umständen

    Sobald die Verspätung des Flugzeugs durch sogenannte „außergewöhnliche Umstände“ verursacht wurde, muss eine Airline keine Entschädigung leisten.

    Grundsätzlich sind das Umstände, auf welche die Airline keinen direkten Einfluss hat. Wenn Sie selbst Ansprüche geltend machen wollen und die Airline auf außergewöhnliche Umstände verweist, können diese juristisch angefochten werden. Die Airline muss in diesem Fall belegen, dass nicht sie, sondern tatsächlich die Umstände für die Verspätung verantwortlich waren.

    Außergewöhnliche Umstände können vielseitiger Natur sein. Die EU-Verordnung definiert sie als „Umstände, […] die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.“ Die Definition ist nicht eindeutig. Mögliche außergewöhnliche Umstände sind zum Beispiel:

    • Extrem schlechtes Wetter
    • Vogelschlag
    • Instabile politische Verhältnisse am Ziel- oder Abflugort
    • Sicherheitsrisiken
    • Unerwartete Flugsicherheitsmängel
    • Sperrung des Luftraums bei Terrorgefahr
    • Flughafenstreiks

    Entschädigung bei technischen Defekten

    Geht die Verspätung auf einen technischen Defekt am Flugzeug oder ein vereistes Flugzeug zurück, ist die Airline dafür verantwortlich und kann keine außergewöhnlichen Umstände geltend machen.

    Anspruch auf Betreuungsleistungen

    Bei Verspätungen haben Sie ein Anrecht auf Betreuungsleistungen durch die Airline. Hierzu gehört nicht nur Verpflegung, sondern auch Telekommunikation und in manchen Fällen auch eine Hotelübernachtung. Zu den Telekommunikationsleistungen zählen:

    • zwei Telefonate,
    • zwei E-Mails
    • oder zwei Faxe.

    Wann ein Anspruch auf Betreuungsleistungen entsteht, hängt von der Länge der Flugstrecke sowie vom Umfang der Verspätung ab.

    Ansprüche bestehen in folgenden Fällen:

    • Der Flug verspätet sich um mehr als zwei Stunden bei einer Flugstrecke, die kürzer als 1.500 Kilometer ist.
    • Der Flug verspätet sich um mehr als drei Stunden bei einem Flug innerhalb der EU oder einer Flugstrecke, die kürzer als 3.500 Kilometer ist.
    • Der Flug verspätet sich um mehr als vier Stunden bei einer Flugstrecke von mehr als 3.500 Kilometer oder einem Flug, dessen Ziel außerhalb der EU liegt.

    Rechtzeitiger Check-In notwendig!

    Damit ein Anspruch auf Betreuungsleistungen geltend gemacht werden kann, müssen die Passagiere rechtzeitig eingecheckt haben - sonst besteht der Anspruch nicht.

    So wird die Flugdistanz ermittelt

    Für die Ermittlung der Ansprüche wird in der Praxis nicht die exakte Länge der Flugstrecke ermittelt, sondern eine sogenannte „Großkreismethode“ angewandt. Hierfür wird vom Abflugort ein Kreis mit 1.500 Kilometern und 3.500 Kilometern Entfernung gezogen.

    Liegt das Ziel zum Beispiel im Kreis, der eine Entfernung von 1.500 Kilometern repräsentiert, erhalten Fluggäste nach zwei Stunden Verspätung einen Ausgleich und Betreuungsleistungen.

    Anspruch auf Ausgleichszahlung

    Fluggäste haben einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung, wenn ihr Flug mehr als drei Stunden Verspätung hat. Wie hoch die Erstattung ausfällt, hängt hier ebenfalls von der Länge der Flugstrecke ab.

    Bei einer Entfernung von über 3.500 Kilometern darf die Airline die Ausgleichszahlung um bis zu 50 Prozent kürzen, wenn die Wartezeit weniger als vier Stunden beträgt. Erst ab vier Stunden Verspätung wird hier der volle Ausgleich gezahlt.

    Flugstrecke Verspätung Anspruch
    Bis 1.500 Kilometer Mehr als drei Stunden 250 Euro und Verpflegung
    Mehr als 1.500 Kilometer innerhalb der EU Mehr als drei Stunden 400 Euro und Verpflegung
    Zwischen 1.500 und 3.500 Kilometern bei einem Flug in die EU oder zu einem Ziel außerhalb der EU Mehr als drei Stunden 400 Euro und Verpflegung
    Mehr als 3.500 Kilometer mit Start oder Ziel außerhalb der EU Kürzer als vier Stunden Zwischen 300 und 600 Euro, Verpflegung
    Mehr als 3.500 Kilometer mit Start oder Ziel außerhalb der EU Länger als vier Stunden 600 Euro und Verpflegung

    Alternativ-Flug mindert Ausgleichszahlung

    Sobald die Airline einen alternativen Flug anbietet, der vom Fluggast genutzt wird, muss die Airline nur 50 Prozent des Ausgleichs zahlen.

    Wenn der Flug erst am nächsten Tag möglich ist

    Können Sie einen Flug aufgrund einer Verspätung der Airline erst am nächsten Tag antreten, haben Sie das Recht auf eine Übernachtung. Die Airline muss dann auch die Kosten für den Transfer zum Hotel übernehmen. In diesem Fall geben die Airlines sogenannte Hotel-Voucher mit einer Hotelempfehlung aus.

    Die Voucher können wie Gutscheine behandelt und im Hotel eingelöst werden. Nach Rückfrage bei der Airline ist es auch möglich, dass Sie selbst ein Hotel wählen und die Rechnung später mit der Aufforderung zur Erstattung an die Airline senden. Allerdings kann es Probleme geben, wenn für die nötig gewordene Übernachtung ein unverhältnismäßig teures Hotel gewählt wurde.

    Erstattung des Flugpreises

    Gemäß EU-Fluggastverordnung können Sie sich auch den Flugpreis erstatten lassen, indem Sie vom Beförderungsvertrag zurücktreten. Voraussetzungen für dieses Recht ist, dass der Flug mehr als fünf Stunden Verspätung hat. Diese Regelung lässt sich auf alle Flüge anwenden, unabhängig von der Flugdistanz.

    So machen Sie Ihre Fluggastrechte geltend

    Flugbetreiber müssen schriftlich zu einer Ausgleichszahlung aufgefordert werden. Das Schreiben richten Sie an die Service-Anschrift der Airline. Darin sollten Sie folgende Angaben machen:

    1. Flugnummer
    2. Abflugsort
    3. Zielort
    4. Länge der Flugstrecke
    5. Grund der Forderung: Verspätung
    6. Grund für die Verspätung
    7. Frist zur Zahlung
    8. Alternative Angebote der Airline

    Wenn die Airline nicht bezahlen möchte, können sich Verbraucher an eine kostenlose Beschwerdestelle wenden oder einen Internetanbieter für die Geltendmachung von Fluggastrechten nutzen. Selbstverständlich steht es jedem Kunden zu, auch anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

    Flugrecht.de kümmert sich um Ihre Entschädigung

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    Kostenlose Beschwerdestelle

    Gibt es Probleme bei der Einlösung von Forderungen können sich Verbraucher auch an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) wenden. An der Einrichtung sind mehr als 40 verschiedene Fluggesellschaften beteiligt. Sie wurde sowohl von der Bundesregierung als auch von der EU anerkannt. Für Verbraucher ist der Service der Schlichtungsstelle kostenlos.

    Um den Dienst in Anspruch zu nehmen, müssen Verbraucher zunächst selbst Kontakt zur Airline aufnehmen. Wird der Antrag auf Erstattung oder Ausgleich abgelehnt, wenden sich Verbraucher an die SÖP.

    Dort prüfen geschulte Juristen die Fakten und versuchen den Streit zwischen Airline und Kunde zu schlichten, indem sie der Airline einen Vorschlag zur Beilegung des Konflikts machen. Auf diese Weise wurden seit 2015 mehr als 9.000 Fälle gütlich beigelegt.

    Der Schlichtungsantrag kann von Verbrauchern bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V. online gestellt werden.

    Ansprüche können verjähren!

    Ansprüche für Ausgleichszahlungen verjähren nach drei Jahren. Innerhalb dieser Zeit müssen Sie Ihre Ansprüche geltend machen, sonst kann die Airline nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden.

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