Schonvermögen: Ihre Rechte und Pflichten

Das Schonvermögen ist spätestens seit der Einführung von Hartz IV ins Zentrum des öffentlichen Interesses gerückt. Der Begriff spielt jedoch nicht nur im Sozialrecht, sondern auch beim Unterhaltsrecht wie zum Beispiel dem Elternunterhalt eine wichtige Rolle. So kann der Gesetzgeber fordern, dass Kinder Unterhalt an ihre Eltern zahlen müssen. Hartz IV-Empfänger sind laut Sozialgesetzbuch ebenfalls dazu verpflichtet, zuerst das eigene Vermögen zur Unterhaltssicherung zu nutzen.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: April 27, 2023

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Inhaltsverzeichnis
     

    Das Wichtigste in Kürze:

    Als  Schonvermögen wird das Vermögen bezeichnet, das bei der Beantragung von Leistungen bzw. der Zahlung von Leistungen nicht verwendet werden muss.
    Als Beispiele hierfür gelten bestimmte Freibeträge bei Geldvermögen, ein Fahrzeug oder angemessene selbst genutzte Immobilien. Schonvermögen bezüglich der Berechnung von Elternunterhalt kann in gewisser Höhe auch ein Betrag zur Altersvorsorge sein.

    Schonvermögen beim Elternunterhalt

    • Kinder müssen für den Unterhalt ihrer Eltern aufkommen. Von der Berechnung der Unterhaltszahlungen wird das Schonvermögen nicht berücksichtigt.
    • Bei Unklarheiten werden die Höhe des Schonvermögens und die daraus folgende Höhe der Unterhaltszahlungen durch ein Gericht ermittelt.
    • Durch die Unterhaltszahlungen an Eltern darf der Lebensstandard der Kinder nicht unverhältnismäßig gesenkt werden.
    • Wenn Sie Rücklagen für die Alterssicherung angelegt haben, dürfen diese unter Berücksichtigung Ihres Bruttoeinkommens und Ihrer Berufsjahre bis zu einer gewissen Höhe nicht angetastet werden.
    • Selbstgenutzte Immobilien mit angemessenem Wohnraum genießen als Schonvermögen einen besonderen Schutz.

    Schonvermögen bei Hartz IV und Sozialhilfe

    • Vermögen, das aus öffentlichen Zuwendungen besteht, zum Beispiel Hilfe für behinderte Menschen, darf nicht als Vermögen angerechnet werden.
    • Altersvorsorge mit staatlicher Förderung gehört zum Schonvermögen.
    • Vermögen, das zum Kauf oder zum Erhalt eines Grundstücks genutzt wird, auf dem pflegebedürftige oder behinderte Menschen versorgt werden.
    • Hausrat wird, sofern er angemessen ist, nicht zum Vermögen gezählt.
    • Dinge, die Leistungsempfänger dringend für die Berufsausbildung oder Weiterbildung benötigen, zählen zum Schonvermögen.
    • Familienerbstücke, deren Verlust einen besonderen Härtefall darstellen würde, dürfen nicht zum anrechenbaren Vermögen gerechnet werden.
    • Besitztümer, die nicht zum Luxus gehören, sondern die geistige, künstlerische oder wissenschaftliche Bedürfnisse befriedigen, sind von der Vermögensberechnung ausgeschlossen.

    Für das Vermögen bei Hartz IV liegt der Grundfreibetrag bei 150 Euro pro Lebensjahr. Die Höchstgrenze bezieht sich auf das Geburtsjahr und beträgt für Erwachsene zwischen 9.750 Euro und 10.050 Euro, für Minderjährige bei 3.100 Euro

    Was ist Schonvermögen?

    Als Schonvermögen wird in Deutschland der Vermögensanteil bezeichnet, der nicht für Berechnungen von Unterhaltszahlungen oder Sozialleistungen berücksichtigt wird. Das Schonvermögen findet demnach sowohl im Sozialrecht als auch im Unterhaltsrecht Anwendung.

    Deshalb muss bei der Bezeichnung immer differenziert werden, ob es sich um angewandtes Sozialrecht oder Unterhaltsrecht handelt.

    Sozialrecht

    Als Vermögen gelten im Sozialrecht diejenigen Gegenstände, die ein Leistungsempfänger nicht benötigt, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

    Um das für die Leistungszahlung zu berücksichtigende Vermögen zu ermitteln, gelten Paragraph 12 des Sozialgesetzbuchs II (SGB II) sowie Paragraph 90 des Sozialgesetzbuchs XII (SGB XII)  als Grundlage für diejenigen, welche die Grundsicherung für Arbeitssuchende oder Grundsicherung im Alter erhalten.

    Die gesetzlichen Regelungen definieren die Höhe des Arbeitslosengelds II (Hartz IV) als benötigte Hilfe zum Lebensunterhalt. Außerdem werden dort der sogenannte Grundfreibetrag und der Selbstbehalt definiert.

    Unterhaltsrecht

    Beim Elternunterhalt wird das Schonvermögen anhand Paragraph 1603 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ausgerichtet. Dort steht in Absatz 1:

    1603 Abs.1 BGB

    „Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.“

    Welche Vermögensgegenstände zum Schonvermögen zählen und wie hoch die Freigrenzen jeweils ausfallen, werden im Zweifel vom zuständigen Sozialgericht ermittelt. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, welche sich auf das Schonvermögen beim Elternunterhalt beziehen.

    Selbst genutzte Immobilie

    Die selbst genutzte Immobilie als Eigentumswohnung oder Wohnhaus ist als Vermögenswert sehr gut im Sondervermögen geschützt. Die gesetzliche Grundlage hierfür hat ein höchstrichterliches Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7.8.2013 (Az. XII ZB 269/12) geschaffen.

    Demnach bleibt das Vermögen von selbstgenutztem Wohnraum unangetastet, wenn der Wohnraum den Verhältnissen angemessen dimensioniert ist. Denn letztlich sollten Kinder durch den Elternunterhalt keine Abstriche bei ihrem gewohnten Lebensstil machen, der ihrem Einkommen sowie ihrem Beruf angemessen ist.

    Wird jedoch festgestellt, dass die Immobilie unangemessen ist, können Kinder zur Vermietung oder zum Verkauf der Wohnung oder des Hauses verpflichtet werden. Aus dem Erlös wird dann der Elternunterhalt finanziert. Verbraucher haben jedoch die Möglichkeit, gegen derartige Entscheidungen Widerspruch einzulegen. Sie müssen dann belegen können, dass das Eigenheim ihrem Lebensstandard entspricht.

    Richtwert für Wohnraum bei Elternunterhalt und Hartz IV

    Ob ein Wohnraum angemessen ist, wird beim Schonvermögen zum Elternunterhalt somit anders beurteilt als beim Schonvermögen von Hartz IV-Empfängern. Welcher Wohnraum Ihnen zusteht, wird durch eine Gesamtschau der Behörde ermittelt. Ein Richtwert sind hier in der Regel 60 Quadratmeter für zwei Personen.

    Regelung zu eingesparten Mietkosten

    Wer ein eigenes Haus oder eine Wohnung selbst bewohnt, muss die eingesparten Mietkosten auf das Einkommen anrechnen, das für die Ermittlung des Elternunterhalts herangezogen wird. Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.10.2012 (Az. XII ZR 17/11) muss nicht die ortsübliche Marktmiete angesetzt werden, sondern die ersparten Mietkosten.

    In dieser Hinsicht sind Eigenheimbesitzer im Nachteil, da auf diese Weise weniger Mietkosten vom Einkommen abgezogen werden als bei einer tatsächlichen Wohnungsmiete. Die Summe fällt niedriger aus, da auch Zins- und Tilgungsleistungen von der ersparten Miete abgezogen werden.

    Rücklagen für Sanierungen oder Renovierungen

    Wer Rücklagen für Renovierungen oder Sanierungen einer selbst bewohnten Immobilie schafft, kann diese zum Schonvermögen zählen. Wie hoch die Rücklagen ausfallen dürfen, kann jedoch von Fall zu Fall variieren. Damit Rücklagen nicht für den Elternunterhalt berücksichtigt werden, müssen sie in Bezug auf die aktuellen Lebensverhältnisse sinnvoll erscheinen. 

    Laut einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21.6.2012 (Az. II-9 UF 190/11) wurden einem unterhaltspflichtigen Kind 160.000 Euro an Rücklagen zugesprochen.

    Vermögenswerte zur Altersvorsorge

    Verbrauchern ist es gestattet, Beiträge für die Alterssicherung zurückzulegen. Laut einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 30.08.2016 können fünf Prozent des Bruttoeinkommens pro Berufsjahr als Schonvermögen angesetzt werden. Darüber hinaus darf dieses Vermögen jährlich pauschal mit vier Prozent verzinst werden. Das wurde vom BGH am 7.8.2013 in einem Urteil (Az. XII ZB 269/12) bestätigt.

    Um welcher Art von Altersrückstellung es sich handelt, spielt dabei keine Rolle. Wichtig ist, dass das Vermögen als Altersrücklage erkennbar ist. Folgende Anlageformen sind zum Beispiel möglich:

    Das Vermögen, das über den Freibetrag hinausgeht, kann vom Sozialgericht für den Elternunterhalt herangezogen werden.

    Wer mehr verdient, hat damit die Chance, ein höheres Schonvermögen über die Altersvorsorge geltend zu machen.

    Interessanter Ratgeber

    Unterhaltsrückgriff

    Häufig scheuen sich ältere Menschen, Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz zu beantragen, weil sie den so genannten Unterhaltsrückgriff befürchten, der besagt, dass zuerst Kinder oder Eltern für den Unterhalt herangezogen werden sollen.
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    Beispieltabelle für Freibeträge

    Jahresbruttoeinkommen 5 Prozent Berufsjahre Verzinsung Freibetrag
    20.000 Euro 1.000 Euro 20 4 Prozent 28.000 Euro
    40.000 Euro 2.000 Euro 20 4 Prozent 62.000 Euro
    60.000 Euro 3.000 Euro 20 4 Prozent 93.000 Euro

    Rücklagen für ein neues Auto

    Auch die Rücklagen für ein neues Auto können zum Schonvermögen zählen. Eine Voraussetzung dafür ist, dass Sie das Auto benötigen, um zur Arbeit zu fahren. Darüber hinaus muss das aktuelle Fahrzeug so alt sein, dass ein Neukauf im Verhältnis zu möglichen anstehenden Reparaturen wirtschaftlich sinnvoller ist.

    Kein Zwang für Neuwagenkredit

    Das Sozialamt, das die Berechnungen des Unterhalts durchführt, darf einen Verbraucher nicht zwingen, einen Kredit für ein neues Auto aufzunehmen.

    Schonvermögen nach dem Tod

    Wenn ein Angehöriger pflegebedürftig wird und ein Notfall vorliegt, übernimmt zunächst das Sozialamt die Kosten, wenn keine anderen Mittel verfügbar sind.

    Nach dem Tod des Empfängers kann das Sozialamt die unterhaltspflichtigen Kinder oder die Erben nachträglich mit den Pflegeheimkosten belasten und diese zurückfordern. Doch auch in diesen Fällen wird das Schonvermögen berücksichtigt. 

    Wie hoch darf das Schonvermögen sein?

    Die Höhe des Schonvermögens wird beim Elternunterhalt in Bezug auf das Einkommen und die Lebensumstände der Unterhaltspflichtigen berechnet. Für Empfänger von Sozialhilfeleistungen gelten nach dem Sozialgesetzbuch XII folgende Freigrenzen:

    • 600 Euro bei der Hilfe zum Lebensunterhalt; der Betrag erhöht sich pro unterhaltspflichtiger Person, die im gleichen Haushalt lebt. So liegt die Höhe des gestatteten Schonvermögens bei einem Ehepaar mit zwei minderjährigen Kindern bei 2.726 Euro.
    • 600 Euro bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung; dieser Freibetrag wird auch für rechtliche Betreuer sowie Vormünder und Pfleger angesetzt.

    Bei Prozesskostenhilfe Freibetrag von 2.600€

    Wenn Prozesskostenhilfe beantragt wird, wird ebenfalls ein Freibetrag von 2.600 Euro als Schonvermögen angesetzt.

    Wer Arbeitslosengeld II erhält, darf laut Sozialgesetzbuch II höhere Freibeträge als Schonvermögen behalten:

    • Freigrenzen zwischen 3.800 und 10.800 Euro: Diese Freigrenzen sind altersabhängig und ohne Berücksichtigung der Altersvorsorge.
    • Altersvorsorge-Freibetrag: Dieses Schonvermögen wird gesondert berücksichtigt und erhöht die gesamte Freigrenze für Sozialleistungen nach SGB II auf bis zu 61.050 Euro.

    Alles, was über dem Schonvermögen liegt, muss von Leistungsempfängern nach Paragraph 1 des Sozialgesetzbuchs XII für die Unterhaltssicherung eingesetzt werden.

    Einkommensfreibeträge für Sozialhilfeempfänger

    Die Einkommensgrenze für Sozialhilfeempfänger liegt bei einem Grundbetrag von 808 Euro sowie angemessenen Kosten für die Unterkunft. Hinzugerechnet wird außerdem ein Familienzuschlag von ca. 280 Euro für einen Ehepartner sowie pro unterhaltspflichtiges Kind.

    Elternunterhalt: Schonvermögen und Selbstbehalt werden nicht einberechnet

    Elternunterhalt stellt die rechtliche Verpflichtung von Kindern dar, im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten durch die Zahlung von Unterhalt den Lebensbedarf der Eltern zu unterstützen und zu sichern. Um den möglichen Elternunterhalt zu berechnen, berücksichtigen Sozialgerichte neben dem Vermögen der unterhaltspflichtigen Kinder auch das monatliche Einkommen. Bei der Berücksichtigung des Einkommens gilt ein geschützter Selbstbehalt von mindestens 1.800 Euro.

    Das Einkommen, das über dieser Grenze liegt, wird für die Berechnung des Elternunterhalts berücksichtigt. Dabei wird jedoch nicht der komplette Betrag verwendet, sondern 50 Prozent aus der Differenz zwischen bereinigtem Nettoeinkommen und Selbstbehalt.

    Um das bereinigte Nettoeinkommen zu erhalten, dürfen folgende Posten vom Einkommen abgezogen werden:

    • Unterhaltszahlung an eigene Kinder
    • Kreditraten
    • Rücklagen für die private Altersvorsorge
    • Fixkosten wie Fahrtkosten oder Arbeitsaufwendungen
    • Beiträge für die private Krankenversicherung

    Beispiel: Es kann vorkommen, dass ein unverheiratetes Kind, das ein Einkommen von 3.000 Euro monatlich hat, keinen Unterhalt bezahlen muss. In diesem Fall liegt das bereinigte Nettoeinkommen nach allen Abzügen genau auf der Freigrenze von 1.800 Euro.

    Verheiratete sind hier im Nachteil. Verdienen beide Partner zusammen 6.000 Euro, können nach Abzügen mehr als 700 Euro monatlich an Unterhalt fällig werden. Und dabei spielt es keine Rolle, dass der eine Ehepartner nicht mit den Unterhaltsempfängern verwandt ist. 

    Eltern können ihre Kinder vor Kosten schützen

    Eltern haben die Möglichkeit, ihre Kinder vor späteren hohen Unterhaltszahlungen zu schützen. So kann zum Beispiel eine private Pflegeversicherung einen Großteil der anfallenden Kosten bei Pflegebedürftigen decken. Wie bei allen Versicherungsangeboten ist vor dem Abschluss ein Versicherungsvergleich empfehlenswert.

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