Spitzensteuersatz: Höchstmögliche Versteuerung hoher Einkommen

Wer im Vergleich zum Durchschnittseinkommen in einem Land über ein besonders hohes Einkommen verfügt, muss in der Regel auch die höchsten Steuern bezahlen. Dieser Anteil wird als Spitzensteuersatz bezeichnet. Er liegt in Deutschland aktuell bei 42 Prozent.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: April 27, 2023

Author Daniel Winterl

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Daniel Winterl verantwortet als gelernter Betriebswirt die Finanz- und Versicherungsthemen bei FinanceScout24, um Ihnen die wichtigsten Infos bei ihrer Suche zur Verfügung zu stellen und das richtige Angebot für Sie zu finden.

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Inhaltsverzeichnis
     

    Unterscheidung zur Reichensteuer

    Da von Anpassungen des Spitzensteuersatzes nur Besserverdienende betroffen sind, wird häufig auch von der „Reichensteuer“ gesprochen. Allerdings handelt es sich dabei tatsächlich nicht um eine eigene Steuerform, sondern um einen Steuersatz, der bei sehr hohen Einkommen noch über den Spitzensteuersatz hinausgeht. Demnach werden alle Einkünfte, die über der Grenze von 250.730 Euro pro Jahr liegen, mit 45 Prozent versteuert. Nicht zu vergleichen ist die „Reichensteuer“ mit der Vermögenssteuer, die ebenfalls immer wieder debattiert wird. Dabei handelt es sich tatsächlich um eine eigene Steuer, die nach einer möglichen Einführung auf Vermögen gezahlt werden soll.

    In Deutschland zahlen rund vier Millionen Einwohner den Spitzensteuersatz von 42 Prozent. Er wird ab einem jährlich zu versteuernden Einkommen von 55.961 Euro fällig.

    Ehepaare können beide Einkommen zusammenlegen. Wird dann die Grenze von 107.332 Euro überschritten, werden die gemeinsam veranlagten Ehepartner ebenfalls mit dem Spitzensteuersatz besteuert.

    Grenzsteuersatz

    Für die Berechnung der Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz wird das zu versteuernde Einkommen angesetzt. Somit kann das Bruttoeinkommen eines Steuerpflichtigen durchaus über der Grenze von 55.961 oder bei Ehepaaren über 111.922 Euro liegen. Vom Bruttoeinkommen werden zum Beispiel Steuerfreibeträge sowie weitere steuermindernde Ausgaben abgezogen.

    Änderungen und Entwicklung

    In Deutschland werden seit Mitte des 19. Jahrhunderts Einkommensteuern erhoben. Bei den progressiven Modellen kommen bis heute Eingangssteuersätze zum Tragen. Durch die Alliierten wurden Spitzensteuersätze festgelegt und teilweise stark angehoben. Allerdings erfolgte im Zuge zahlreicher Steuerreformen und -änderungen eine deutliche Absenkung der Spitzensteuersätze.

    Ende der 1950er-Jahre lag der Spitzensteuersatz bei 53 Prozent, seinen höchsten Wert hatte er zwischen 1975 und 1989 mit 56 Prozent. Seither ist der Spitzensteuersatz zusammen mit dem Eingangssteuersatz immer wieder gesenkt worden.

    Mit der Einführung der sogenannten „Reichensteuer“ im Jahr 2007 liegt der Spitzensteuersatz konstant bei 42 Prozent beziehungsweise 45 Prozent für Einkünfte, die über die Grenze des Spitzensteuersatzes hinausgehen.

    Für die nächsten Jahre ist eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf bis zu 49 Prozent geplant. Doch in der Praxis gestalten sich die Diskussionen innerhalb der Parteien als schwierig.

    Spitztensteuer sank, Umsatzsteuer stieg

    Während sich die Spitzensteuersätze und Eingangssteuersätze seit 1999 reduziert haben, ist die Umsatzsteuer seit den 1960er-Jahren immer wieder angehoben worden, bis zu den 19 Prozent, die heute erhoben werden.

    Die Anhebung der Verbrauchersteuer wurde von 16 auf 19 Prozent angehoben. 396 Abgeordnete des Bundestages stimmten im jahr 2006 für das „Haushaltsbegleitgesetz. Die höhere Mehrwertsteuer galt demnach ab dem 1. Januar 2007.

    Entwicklung der Spitzensteuersätze

    Zeitraum Grenzwert für Spitzensteuersatz in Euro
    (DM-Grenzbeträge wurden in Euro umgewandelt)
    Spitzensteuersatz  
    1958 - 1964 56.263 Euro 53 Prozent  
    1965 - 1974 56.263 Euro 53 Prozent  
    1975 - 1978 66.478 Euro 56 Prozent  
    1979 - 1985 66.468 Euro 56 Prozent  
    1986 - 1989 66.484 Euro 56 Prozent  
    1990 - 1999 61.376 Euro 53 Prozent  
    2000 58.643 Euro 51 Prozent  
    2001 54.998 Euro 48,5 Prozent  
    2002 - 2003 55.008 Euro 48,5 Prozent  
    2004 - 2006 52.152 Euro 45 Prozent  
    2007 - 2008 52.152 Euro
    ab 250.001 Euro
    42 Prozent
    45 Prozent
     
    2009 52.552 Euro
    ab 250.401 Euro
    42 Prozent
    45 Prozent
     
    2010 - 2015 52.882 Euro
    ab 250.731 Euro
    42 Prozent
    45 Prozent
     
    2016 53.666 Euro
    ab 254.447 Euro
    42 Prozent
    45 Prozent
     

    2017

    54.057 Euro
    ab 256.304 Euro
    42 Prozent
    45 Prozent
     

    2018

    55.961 Euro
    ab 265.327 Euro
    42 Prozent
    45 Prozent
     

    2019

    55.961 Euro 
    265.327 Euro
    42 Prozent
    45 Prozent
     

    2020

    57.052 Euro
    270.501 Euro

    42 Prozent
    45 Prozent
     

    2021

    57.918 Euro
    274.613 Euro

    42 Prozent
    45 Prozent
     

    2022

    58.597 Euro
    277.826 Euro

    42 Prozent
    45 Prozent
     

    Reichensteuer und Spitzensteuer

    Bei der sogenannten „Reichensteuer“ handelt es sich um einen höheren Steuersatz, der ab einem Einkommen von 250.731 Euro gilt, bei Ehepaaren ab 501.462 Euro. Bis zu dieser Grenze gilt der Spitzensteuersatz von 42 Prozent.

    Alle Beträge, die darüber liegen, werden mit 45 Prozent versteuert. Reichensteuer und Spitzensteuer werden damit gegeneinander aufgerechnet.

    Beispiel: Ehepaar mit 650.000 Euro Einkommen

    Hat ein Ehepaar zum Beispiel ein jährlich zu versteuerndes Einkommen von 650.000 Euro, werden 501.462 Euro mit dem Spitzensteuersatz von 42 Prozent belegt.

    Für die Differenz zwischen 650.000 Euro und 501.462 Euro werden dann 45 Prozent Steuern fällig.

    Entwicklung und Historie der Reichensteuer

    Die zusätzliche Besteuerung sehr hoher Einkommen wurde im Jahr 2007 eingeführt. Seither hat sich an den 45 Prozent nichts geändert. Die Einführung dieses besonderen Steuersatzes erfolgte, um die soziale Gerechtigkeit im Land zu fördern und die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren.

    Spitzensteuer sparen

    Wer den Spitzensteuersatz nicht erreichen möchte, darf die vorgegebenen Grenzbeträge beim zu versteuernden Einkommen nicht überschreiten.

    So besteht bei Selbständigen zum Beispiel die Möglichkeit, durch Investitionen das zu versteuernde Einkommen zu verringern, um so die Grenze für den Spitzensteuersatz zu unterschreiten.

    Eine gemeinsame Veranlagung mit einem Ehepartner ist ebenfalls eine Möglichkeit, um sich die Spitzensteuer zu sparen.

    Freibeträge nutzen

    Darüber hinaus können Steuerzahler Freibeträge geltend machen, die das zu versteuernde Einkommen reduzieren.

    So kann zum Beispiel eine gut verdienende Arbeitnehmerin ein Bruttoeinkommen von 59.000 Euro haben. Dieses Einkommen reduziert sich deutlich, wenn sie alleinerziehend ist und den Freibetrag für ihr Kind nutzt.

    Kritik am Spitzensteuersatz

    Durch die feste Einstiegsgrenze beim Spitzensteuersatz werden in Deutschland mehr als vier Millionen Bürger zu Spitzenverdienern gezählt. Allerdings bedeutet das in der Praxis nicht, dass diese Einwohner besonders viel Geld zur Verfügung haben. In Kombination mit Sozialabgaben, der für alle Waren fälligen Mehrwertsteuer und der Einkommensteuer steigt die tatsächliche Belastung bei vielen Einkommen, sodass nur noch wenig vom Bruttoeinkommen übrigbleibt. 

    Für Kritiker ist die Spitzensteuer demnach keine Besteuerung von Top-Verdienern, sondern einfach nur ein hoher Steuersatz, der besonders Familien und diejenigen belastet, deren Einkommen knapp über der Bemessungsgrenze liegen.

    Spitzensteuersatz anderer EU-Länder

    Hoher Spitzensteuersatz in Dänemark (hier: Nyhavn in Kopenhagen)

    Der Spitzensteuersatz in Dänemark liegt bei 55,6 Prozent, und damit mehr als 13 Prozentpunkte höher als in Deutschland.

    Foto: Louisa Knobloch / Fotolia

    Deutschland liegt mit seinem Spitzensteuersatz von 42 Prozent im EU-Vergleich eher im unteren Bereich. So erheben andere EU-Staaten deutlich höhere Steuersätze für Bürger mit höheren Einkommen.

    Land Spitzensteuersatz
    Dänemark 55,6 Prozent
    Belgien 53,7 Prozent
    Portugal 53 Prozent
    Niederlande 52 Prozent
    Spanien 52 Prozent

    Für Aufsehen sorgt 2013 die Ankündigung in unserem Nachbarland Frankreich, hohe Einkommen ab einer Million Euro mit einer Steuer von 75 Prozent zu belegen.

    Tatsächlich handelte es sich dabei aber nicht um einen neuen Spitzensteuersatz, denn dieser liegt weiterhin bei 45 Prozent. Die Besteuerung von 75 Prozent würde auf die Beträge erhoben werden, die eine Million Euro übersteigen.

    Das nordische Modell

    In den Diskussionen um den Spitzensteuersatz fällt häufig der Begriff „nordisches Modell“. Damit wird auf die besondere Steuerpolitik der skandinavischen Länder angespielt.

    Schweden, Dänemark, Norwegen, Finnland und Island haben in der Regel sehr hohe Steuersätze. Von diesen hohen Steuern profitieren jedoch alle Einwohner in Form von sehr guten Sozialleistungen und hohen Investitionen in Bildung und Infrastruktur.

    Die Grundidee hinter diesem System wird in Schweden angesetzt, wo schon in den 1930er-Jahren der Grundstein für die spezielle Form der Steuererhebung und -verteilung gelegt wurde.

    Das „nordische Modell“ ist somit nicht einfach nur eine hohe Besteuerung, sondern ein Zusammenspiel aus höheren Abgaben, die jedoch in großem Umfang dem allgemeinen Wohlstand und dem Sozialstaat zu Gute kommen.

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