Genussscheine: Zwischen Aktie und Anleihe

Der Genussschein bietet Unternehmen die Möglichkeit, Geld von Anlegern zu erhalten, ohne dafür Firmenanteile auszugeben. Anleger wiederum können bei Genussscheinen von attraktiven Renditen profitieren. Allerdings birgt der Kauf von Genussrechten auch viele Risiken.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: April 27, 2023

Author Daniel Winterl

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Daniel Winterl verantwortet als gelernter Betriebswirt die Finanz- und Versicherungsthemen bei FinanceScout24, um Ihnen die wichtigsten Infos bei ihrer Suche zur Verfügung zu stellen und das richtige Angebot für Sie zu finden.

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Inhaltsverzeichnis
     

    Bei einem Genussschein handelt es sich um eine verbriefte Urkunde, welche dem Inhaber bestimmte Genussrechte an einem Unternehmen zusichert. Die Genussrechte können in Form einer Beteiligung an den Firmengewinnen, Liquidationserlösen oder mit Anspruch auf Zahlung einer im Vorfeld vereinbarten Summe erteilt werden.

    Die Ausgabe der Genussscheine kann als Inhaberpapiere, Namenspapiere oder Orderpapiere erfolgen. Genussscheine werden auch als Schuldverschreibungen definiert, da der Emittent dem Inhaber der Scheine einen Anteil an den Gewinnen zuspricht. Diese können von Unternehmen jeder Rechtsform ausgegeben werden und beinhalten in der Regel  eine Beteiligung an Gewinn des jeweiligen Unternehmens. Ein Verlust hierbei kann jedoch auch zu einer Reduzierung des Rückzahlungsanspruchs führen.

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    Mischform zwischen Anleihe und Aktie

    Genussscheine haben sowohl Eigenschaften von Aktien als auch von Anleihen.

    • Ähnlichkeiten zur Anleihe: Der Käufer eines Genussscheins hat wie bei der Anleihe das Recht auf eine vollständige Auszahlung des eingesetzten Kapitals zum Ende der Laufzeit. Im Gegensatz zur Anleihe werden die Zinsen jedoch auf den Kurs aufgeschlagen und nicht ausgezahlt.
    • Ähnlichkeiten mit Aktien: Anleger profitieren mit Genussscheinen wie bei Aktien von steigenden Kursen. Im Gegensatz zur Aktie erhält der Inhaber eines Genussscheins keine Mitwirkungs- oder Stimmrechte.

    Für diese Anleger eignen sich Genussscheine

    Da sich die Rendite von Genussscheinen im Vorfeld nie genau kalkulieren lässt, sollte diese Anlageform nur als Beimischung für das Depot eingesetzt werden. Darüber hinaus empfiehlt es sich, dass sich Anleger genau über die Emittenten informieren. Denn letztlich ist der wirtschaftliche Erfolg von Genussscheinen direkt mit dem Unternehmenserfolg verknüpft.

    Für die Altersvorsorge eignen sich Genussscheine weniger, da das Kursrisiko sowie weitere Risiken mit längerer Laufzeit steigen. Insgesamt sind Genussscheine für Anleger geeignet, die zugunsten einer potentiell höheren Rendite auch ein höheres Anlagerisiko eingehen wollen.

    So funktionieren Genussscheine

    Mit Genussscheinen können Unternehmen Fremdkapital zur Unternehmensfinanzierung einsammeln. Die Schuldverschreibungen werden von Unternehmen ausgegeben.

    Anleger können diese Scheine kaufen und erhalten im Gegenzug Genussrechte, die auch Gläubigerrechte genannt werden. Der Anleger hat am Ende der Laufzeit einen Anspruch auf Rückzahlung des Nennwerts seines investierten Kapitals.

    Ablauf des Handels

    Häufig werden Genussscheine außerbörslich gehandelt. Aus diesem Grund werden sie in der Regel dem grauen Kapitalmarkt zugeordnet. Für die Ausgabe der Genussscheine gibt es kaum gesetzliche Vorgaben. Die Emittenten können die Bedingungen sowie die Ausgestaltung der Schuldverschreibungen individuell festlegen. 

    Der Anleger kauft die Genussscheine meist direkt vom Emittenten.

    Der Genussschein in anderen Ländern

    Genussscheine gibt es auch in anderen Ländern. Dort gelten jedoch meist andere Bedingungen.

    So dürfen zum Beispiel in der Schweiz Genussscheine nur an direkt mit dem Unternehmen verbundene Personen ausgegeben werden, zum Beispiel Aktionäre, Mitarbeiter oder Gläubiger.

    Besteuerung von Einkünften aus Genussscheinen

    Handelt es sich bei den Einnahmen über Genussscheine um Gewinnbeteiligungen, müssen Anleger 25 Prozent Kapitalertragssteuer auf die Gewinne entrichten.

    Nur 20 Prozent Besteuerung entfallen auf Einnahmen durch Liquidationserlöse.

    Diese Rechte haben Anleger

    Wer einen Genussschein kauft, erwirbt dadurch das Recht, dass der Nennwert des eingezahlten Kapitals am Ende einer vereinbarten Laufzeit ausgezahlt wird. Darüber hinaus können Verzinsungen oder Ausschüttungen im Rahmen der Emissionsbedingungen vereinbart werden.

    Allerdings hängt die Auszahlung von Gewinnen vom tatsächlichen Unternehmenserfolg ab. Macht das Unternehmen keine Gewinne, kann auch nichts an die Inhaber von Genussscheinen ausgezahlt werden, obwohl sie ein Recht darauf haben.

    Grundsätzlich hat der Anleger ähnliche Rechte wie ein Gläubiger, da der Genussschein eine Schuldverschreibung darstellt. Allerdings sind die Regelungen und Rechte der Anleger abhängig von den jeweiligen Konditionen der Emittenten.

    Verschiedene Genussrechte

    Genussrecht Erläuterung
    Rückzahlungsanspruch Mit dem Erwerb eines Genussscheins erwirbt der Anleger das Recht auf vollständige Rückzahlung seines Kapitals zum Nennwert.
    Erfolgsbeteiligung Ein mögliches Genussrecht ist die Beteiligung des Anlegers an Unternehmensgewinnen durch regelmäßige Ausschüttungen.
    Beteiligung an Liquidationsgewinnen Wird ein Unternehmen liquidiert, können Inhaber von Genussscheinen an den Erlösen des Verkaufs beteiligt werden.

    Im Falle einer Insolvenz des Emittenten werden Genussscheininhaber in der Regel nachrangig behandelt. Erst wenn alle anderen Gläubiger befriedigt sind, erhält der Anleger sein eingesetztes Kapital zurück, sofern noch Kapital vorhanden ist.

    Was muss ich alles beachten, wenn ich in Genussscheine investieren möchte?

    • Bonität des Emittenten
    • Unternehmensbilanzen des Emittenten
    • Laufzeit des Genussscheins
    • Seriosität des Angebots
    • allgemeine Markttendenzen

    Arten von Genussscheinen

    Für die Ausgestaltung von Genussscheinen gibt es keine festen Vorgaben. Die Details können von den jeweiligen Emittenten individuell festgelegt werden.

    Zu den verschiedenen Arten der Genussscheine zählen Scheine mit fester und unbegrenzter Laufzeit, Genussscheine mit fester Ausschüttung oder mit unterschiedlicher Verzinsung, Genussscheine mit sowie ohne Mindestverzinsung oder erfolgsabhängiger Gewinnbeteiligung.

    Folgende Möglichkeiten gibt es:

    • Laufzeiten: Es gibt Genussscheine mit begrenzter und unbegrenzter Laufzeit.
    • Ausschüttungen oder Verzinsung: Genussscheine können mit einer festen Ausschüttung oder einer Verzinsung des Kapitals verknüpft werden.
    • Mindestverzinsung: Genussscheine können mit oder ohne Mindestverzinsung emittiert werden.
    • Gewinnbeteiligung: Möglich ist auch eine variable Gewinnbeteiligung über Genussscheine.
    • Verlustbeteiligung: Manche Emittenten beteiligen die Anleger von Genussscheinen bis zur Höhe des Einlagekapitals an den Verlusten.

    Chancen und Risiken von Genussscheinen

    Genussscheine bieten Renditemöglichkeiten, die weit über anderen Anlageformen wie Aktien oder Anleihen liegen. Die hohen Renditen sind deshalb möglich, weil Anleger sowohl durch Kursgewinne als auch durch Ausschüttungen Gewinne erzielen können. Erzielt ein Unternehmen zum Beispiel eine hohe Gewinnsteigerung und steigt der Kurs des Genussscheins im Vergleich zum Kaufpreis deutlich an, können Sie als Anleger doppelt profitieren.

    • Ausschüttungsgewinne: Jeder Inhaber eines Genussscheins kann an regelmäßigen Gewinnausschüttungen beteiligt werden. Wenn die Verzinsung der Ausschüttung in den Bedingungen der Genussscheinausgabe definiert wird, stellt die Ausschüttung eine planbare Gewinneinnahme dar.
    • Kursgewinne: Wenn Sie einen Genussschein zu einem Kurs von weniger als 100 Prozent kaufen und das Wertpapier bis zu Endfälligkeit halten, können Sie bei Kursgewinnen die Differenz zum Kurs beim Kauf als Gewinn verbuchen. Kaufen Sie zum Beispiel zehn Genussscheine im Wert von je zehn Euro und zum Zeitpunkt der Endfälligkeit sind sie zwölf Euro wert, machen Sie einen Gewinn von 20 Euro.

    Risiken im Überblick

    Genussscheine bergen immer das Risiko eines Totalausfalls. Kursrisiken lassen sich nie eindeutig kalkulieren, da das Risiko von Genussscheinen immer eng mit dem Erfolg eines Unternehmens verknüpft ist. Grundsätzlich gilt, dass das Verlustrisiko in der Regel mit der Laufzeit steigt.

    Die Art der Risiken ist vielfältig und kann in folgende Bereiche aufgegliedert werden:

    • Ausschüttungsrisiko: Ob Sie als Anleger von den Ausschüttungen des Emittenten profitieren können, hängt von dessen Gewinnen ab. Erzielt der Emittent innerhalb der Laufzeit keinen Gewinn, gibt es folglich keine Ausschüttung an Inhaber von Genussscheinen.
    • Bonitätsrisiko: Anleger sollten besonders auf die Bonität des Emittenten achten. Denn sobald die Bonität des Genussscheine ausgebenden Unternehmens schlechter wird, verschlechtert sich auch der Kurs. Wird die Anlage der Genussscheine zudem nicht auf Endfälligkeit ausgerichtet, ist das Risiko von Verlusten durch eine schlechtere Bonität höher.
    • Marktrisiko: Sobald Sie Ihren Genussschein nicht an eine Endfälligkeit knüpfen, ist er einem Marktrisiko und somit Kursschwankungen ausgesetzt. Wurde der Genussschein fest verzinst, müssen Sie bei einer Erhöhung des allgemeinen Zinsniveaus mit Kursverlusten rechnen. Je länger die Laufzeit des Genussscheins, desto höher ist das Risiko von Kursverlusten.
    • Insolvenzrisiko: Mit Ihren Genussscheinen werden Sie als Gläubiger im Falle einer Insolvenz nur nachrangig behandelt. Somit besteht die Gefahr eines Totalverlustes, wenn der Emittent insolvent wird.
    • Rückzahlungsrisiko: Muss der Emittent Insolvenz anmelden oder schreibt er durchgehend Verluste, kann eine Rückzahlung Ihres eingesetzten Kapitals nicht mehr garantiert werden. Sie müssen in diesem Fall mit Verlusten rechnen.
    • Liquiditätsrisiko: Wenn Genussscheine ausgegeben werden, ist ihre Stückzahl meist geringer als bei Anleihen. Ein Großteil dieser Schuldverschreibungen ist auf Endfälligkeit ausgelegt und wird somit nicht an der Börse gehandelt. Für Anleger kann es dadurch schwierig sein, Genussscheine schnell und zu einem guten Preis an der Börse zu verkaufen.

    Geschichte des Genussscheins

    Die Geschichte des Genussscheins reicht bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Damals wurde das Wertpapier erstmals ausgegeben und diente zur Finanzierung des Suez-Kanals. Später hatten Genussscheine die Aufgabe, Aktionäre abzufinden, die Aktien von zeitlich begrenzten Gesellschaften gekauft hatten.

    In diesen Fällen stand zum Beispiel nicht fest, ob nach der Sanierung, Fusion oder Abwicklung einer Handelsgesellschaft noch weitere Erträge erzeugt werden. Durch die Ausgabe von Schuldscheinen konnten die Aktionäre ihrer Unternehmensanteile entledigt werden.

    Im Gegenzug erhielten sie über die Genussscheine die Chance, an möglichen Gewinnen weiterhin beteiligt zu werden. Für die einstigen Aktionäre hatte der Genussschein den Vorteil, dass sie lediglich von Gewinnen profitierten. Bei Verlusten hatten sie keine Nachteile.

    In Deutschland hatte der Genussschein schließlich in den 1920er-Jahren zur Zeit der großen Inflation eine wichtige Rolle. Über diese Schuldverschreibungen konnten sich Unternehmen fremdfinanzieren, ohne dass sie dafür den Kapitalmarkt nutzen mussten.

    Bis zu den 1980er-Jahren wurde der Genussschein als Wertpapier zunehmend bedeutungsloser. So war es Anlegern in der Zwischenzeit zum Beispiel möglich, Aktien ohne Stimmrecht zu erwerben.

    Sie erfüllten damit eine ähnliche Funktion wie der Genussschein. Mitte der 1980er-Jahre wurde jedoch das Kreditwesengesetz in Deutschland novelliert. Im Zuge dieser Änderung kamen wieder vermehrt Genussscheine auf den Markt.

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