Konjunktur: Barometer der wirtschaftlichen Lage eines Staates

In Wirtschaftsdebatten, in der Presse oder im Fernsehen fällt regelmäßig der Begriff „Konjunktur“. Er umfasst laut Definition die meist regelmäßigen Schwankungen bei Produktion, Beschäftigung und Preisen. Aus diesen Schwankungen lassen sich schließlich sogenannte Konjunkturzyklen ablesen. Sie geben an, ob sich ein Land wirtschaftlich im Auf- oder Abschwung befindet.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: April 27, 2023

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Daniel Winterl verantwortet als gelernter Betriebswirt die Finanz- und Versicherungsthemen bei FinanceScout24, um Ihnen die wichtigsten Infos bei ihrer Suche zur Verfügung zu stellen und das richtige Angebot für Sie zu finden.

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Inhaltsverzeichnis
     

    Für jeden Verbraucher kann die Konjunktur ein wichtiger Indikator sein. Denn von ihr hängen zum Beispiel die Arbeitsmarktsituation sowie das Preisniveau für Waren oder Dienstleistungen ab. Eine schwache oder sinkende Konjunktur ist meist ein Hinweis auf ein geringes Beschäftigungsniveau, während eine Hochkonjunktur steigende Preise mit sich bringen kann.

    Was ist eigentlich Konjunktur?

    Allgemein bezeichnet die Konjunktur die Geschäftslage eines Landes. Der Begriff stammt aus der Volkswirtschaftslehre und bezieht sich auf Schwankungen bei Nachfrage und Produktion, die Veränderungen des Auslastungsgrads von Produktionskapazitäten führen. Diese Schwankungen finden im Rahmen der Konjunktur mehr oder weniger regelmäßig statt. Meist handelt es sich dabei um eine typische Wellenbewegung. In der Praxis bedeutet das zum Beispiel, dass bestimmte Waren innerhalb eines Zeitraums in geringerem Umfang produziert werden, weil die Nachfrage dafür gesunken ist. In diesem Fall kann die Konjunktur auch branchenspezifisch ermittelt werden.

    Jede Konjunktur lässt sich in bestimmte Phasen einteilen, die zusammen einen Konjunkturzyklus ergeben. Insgesamt lassen sich vier Konjunkturphasen unterscheiden:

    1. Aufschwung oder Erholung und Expansion
    2. Hochkonjunktur oder Boom und Prosperität
    3. Abschwung oder Rezession
    4. Tief oder Krise und Depression

    Einen großen Einfluss auf den Verlauf einer Konjunktur haben sowohl die Nachfrage von privaten Verbrauchern als auch die Investitionen, die Unternehmen tätigen. Darüber hinaus werden die Konjunkturphasen auch von den Einnahmen und Ausgaben eines Landes sowie dessen Import- und Exportstatistiken beeinflusst. Jede Änderung dieser Faktoren kann den Konjunkturverlauf sowohl negativ als auch positiv steuern.

    Einen positiven Effekt auf die Konjunktur kann zum Beispiel die stärkere Konsumnachfrage von Verbrauchern haben. Allerdings können sich einzelne Aspekte gegenseitig aufheben. So kurbelt zwar eine hohe Nachfrage die Konjunktur an, doch können sinkende Exporte für einen negativen Effekt sorgen. Meist haben staatliche Maßnahmen einen größeren Effekt auf die Konjunktur. Deshalb wird auch von Multiplikatoreffekt gesprochen. Wenn ein Staat zum Beispiel die Steuern senkt, wird dadurch nicht nur der private Konsum gefördert, sondern Unternehmen steigern ihre Investitionsbereitschaft, die wiederum zu höheren Absätzen und steigenden Steuereinnahmen führt.

    Deutschland befindet sich im September 2017 in einem konjunkturellen Aufschwung mit einem überdurchschnittlichen Wachstum.

    Alle Konjunkturphasen bilden einen Konjunkturzyklus. Die Dauer eines solchen Zyklus hängt von der wirtschaftlichen Entwicklung innerhalb eines Zeitraums ab, in der alle Phasen bis zu einem neuen Aufschwung durchlaufen werden. Meist wird ein Konjunkturzyklus von einem oberen oder unteren Wendepunkt bis zum nächsten oberen oder unteren Wendepunkt gemessen.

    Es existieren verschiedene sogenannte „Konjunkturtheorien“, demnach ein Zyklus zwischen minimal drei bis vier Jahren bis maximal 50 bis 60 Jahren dauert.

    Diese Diskrepanzen in der Längenangabe rühren aus der oftmals schwierigen Ermittlung des Übergangs von einer Rezession zu einem Aufschwung her. Denn die Wendepunkte sind meist nicht klar abzugrenzen, da verschiedene Faktoren zu einem Aufschwung führen können.

    Konjunkturpolitik

    Die Konjunkturpolitik umfasst Maßnahmen, welche die Konjunktur direkt beeinflussen sollen. Diese Maßnahmen verfolgen primär vier Ziele: Sie sollen eine hohe Auslastung bei der Produktion und somit eine hohe Beschäftigung schaffen, die Preise stabil und Importe wie Exporte auf einem ausgeglichenen Niveau zu halten. Die vier Ziele werden auch "Magisches Viereck" genannt.

    Staatliche Konjunkturpolitik hat das Ziel, die wirtschaftlichen Aktivitäten einer Volkswirtschaft zu stabilisieren und damit Schwankungen, wie die der Produktion, der Beschäftigung, der Einkommen und der Preise im Konjunkturzyklus auszugleichen.

    Bei der Konjunkturpolitik lassen sich verschiedene Arten hinsichtlich ihrer Wirkung unterscheiden:

    • Expansive Konjunkturpolitik: Sie hat positive Auswirkungen auf die Konjunktur.
    • Kontraktive Konjunkturpolitik: Sie hat negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum.
    • Antizyklische Konjunkturpolitik: Sie hat zum Ziel, eine Bewegung der Konjunktur zu stoppen, um eine Gegenbewegung zu bewirken.
    • Prozyklische Konjunkturpolitik: Sie soll eine positive, bestehende konjunkturelle Entwicklung stärken und ausbauen.

    Instrumente der Konjunkturpolitik

    Jede Konjunkturpolitik kann über verschiedene Stellschrauben versuchen, die konjunkturelle Entwicklung zu beeinflussen:

    • Fiskalpolitik: 
      Die Fiskalpolitik verfolgt hauptsächlich die Ziele, durch Veränderungen von Steuern sowie Staatsausgaben konjunkturelle Schwankungen auszugleichen. In diesem Fall senkt oder hebt der Staat die Steuern an. Durch eine Senkung der Umsatzsteuer kann zum Beispiel versucht werden, den privaten Konsum zu verstärken.
    • Geldpolitik: Wenn die Europäische Zentralbank den Leitzins senkt, kann sie damit die Vergabe von Krediten erleichtern. Dadurch steigt die Chance, dass Unternehmen Investitionen tätigen und die Konjunktur gestärkt wird.
    • Einkommenspolitik: Durch die Erhöhung von bestimmten Einkommen kann die Nachfrage erhöht werden.

    Auswirkungen für Privatpersonen

    • Fiskalpolitik: Wenn der Staat zum Beispiel die Steuern für Kraftstoffe senkt, wird das Autofahren billiger. Das eingesparte Geld können Sie als Verbraucher für andere Dinge ausgeben und dadurch die Binnennachfrage erhöhen.
    • Geldpolitik: Mit Hilfe einer Niedrigzinspolitik wurde die Kreditvergabe für private Immobilienkäufer und „Häuslebauer“ deutlich vereinfacht. Auf diese Weise wurden die Bauwirtschaft und der Immobiliensektor gestärkt.
    • Einkommenspolitik: Durch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns hat der Staat für steigende Einkommen gesorgt. Dadurch ist die Aufnahme von einem  Kredit für eine breitere Bevölkerungsschicht möglich. Wenn Sie dich dazu entschließen, einen Kredit aufzunehmen, hilft der Kreditvergleich.

    Historische und aktuelle Beispiele

    • Abwrackprämie: Die Umweltprämie, auch Abwrackprämie, war eine staatliche Prämie in Höhe von 2.500 Euro, die in Deutschland unter bestimmten Bedingungen gewährt wurde. Dies war der Fall wurde ein altes Kraftfahrzeug verschrottet und ein Neuwagen oder Jahreswagen zugelassen. Diese Prämie wurde 2009 im Rahmen des Konjunkturpakets II eingeführt.
      Durch die Zahlung der Abwrackprämie für alte PKW hat die Bundesregierung einst für einen Konjunkturaufschwung gesorgt, weil Verbraucher verstärkt Neuwagen gekauft haben.
    • US-Konjunkturprogram: Mit Barack Obama haben die USA 2009 begonnen, den Markt mit günstigem Geld zu fluten. Fast 800 Milliarden Dollar umfasst das Paket, das Investitionen und die Nachfrage fördern sollte.
    • Niedrigzinspolitik der EZB: Durch die dauerhaften Niedrigzinsen ermöglicht die EZB eine günstige Kreditaufnahme für Banken, die diese Kredite wiederum günstig an Unternehmen weitergeben können.

    Aktien

    Wenn die Konjunktur anzieht, rechnen Unternehmen mit steigenden Gewinnen. Diese Gewinne werden meist mit an die Aktionäre ausgeschüttet. In der Folge steigen die Kurse der Unternehmen und die Dividende erhöht sich.

    Privatanleger sollten deshalb die Konjunkturdaten immer im Blick behalten. So kann ein Abschwung zum Beispiel für sinkende Aktienpreise sorgen. Eine Rezession kann jedoch auch eine Chance für Anleger sein, weil sie zu diesem Zeitpunkt Aktien zu günstigen Kursen kaufen können. Sobald ein neuer Aufschwung folgt, ist theoretisch auch mit einem Anstieg der Kurse zu rechnen.

    Prognose

    Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) veröffentlicht zwei Mal pro Jahr eine Konjunkturprognose, bei der eine Vorhersage über die künftige konjunkturelle Entwicklung in Deutschland getroffen wird. Die Prognose basiert auf Analysen der Konjunktur, bei der von wiederkehrenden Wellenbewegungen ausgegangen wird. Die Analyse stützt sich demnach auf bereits aufgetretene Regelmäßigkeiten der Konjunktur und erstellt auf dieser Basis entsprechende Hochrechnungen.

    In der Regel wird die Konjunkturprognose für sechs bis acht Quartale erstellt. Das Ziel dieser Prognose ist es, mögliche Wendepunkte im Konjunkturzyklus vorauszusagen, damit sich Politik und Wirtschaft darauf einstellen können oder Maßnahmen treffen können, um die gesamtwirtschaftlichen Ziele dennoch zu erreichen.

    Wichtige Kennzahlen der Konjunkturprognose stammen aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR). Dabei werden festgelegte Variablen mit geschätzten Zahlen zusammengerechnet. Auf dieser Basis wird die Berechnung von Nachfrage und Verteilung durchgeführt. Insgesamt handelt es sich um einen komplexen Rechenvorgang, der zu einer möglichst präzisen VGR führen soll.

    Die Veröffentlichung der Konjunkturprognose wird zwar von der Wirtschaft und der Regierung aufmerksam verfolgt, doch letztlich handelt es sich nur um eine Schätzung. So können Prognosefehler auftreten, welche die Einschätzung verfälschen. Hierzu zählen zum Beispiel unvorhergesehene Ereignisse wie eine Bankenkrise oder eine Aktualisierung des vorhandenen Datenmaterials.

    Wieso versucht man Konjunkturschwankungen zu dämpfen?

    Jeder Staat hat eine gesamtwirtschaftliche Stabilität zum Ziel, bei der die private Konsumnachfrage sowie der Arbeitsmarkt auf einem ausgeglichenen Niveau sind. Auf diese Weise kann ein stetiges Wirtschaftswachstum erfolgen, was Staaten wiederum Planungssicherheit gibt, da sie mit konstanten Steuereinnahmen rechnen können.

    In Deutschland sorgt seit 1967 das sogenannte „Stabilitätsgesetz“ dafür, dass Bund und Länder wirtschaftliche und finanzpolitische Maßnahmen im Sinne eines gesamtpolitischen Gleichgewichts durchführen.

    Konjunkturschwankungen werden somit durch eine Stabilisierung von Preisniveaus, durch einen hohen Beschäftigungsstand, ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht sowie durch ein stetiges und adäquates Wirtschaftswachstum vermieden.

    Hängen die Konjunktur und das Wirtschaftswachstum zusammen?

    Da die Konjunktur über das reale Wirtschaftswachstum anhand des Bruttoinlandsprodukts gemessen wird, spiegelt sie das Wirtschaftswachstum wider. Demnach verweist eine positive Konjunktur auf ein mögliches Wirtschaftswachstum und eine sinkende Konjunktur auf einen Rückgang des Wirtschaftswachstums.

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