Wiederbeschaffungswert: Wichtige Kennzahl für die Autoversicherung

Wenn ein Auto in Folge eines Unfalls irreparabel beschädigt worden ist, bleibt für Versicherte in der Regel nur noch die Möglichkeit, den sogenannten Wiederbeschaffungswert ermitteln zu lassen. Mit Hilfe dieser wichtigen Kennzahl können Versicherungen Schäden deutlich einfacher regulieren.

Elisabeth Schwarzbauer

Autorin für Versicherungsthemen


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Zuletzt aktualisiert: November 18, 2023

Author Elisabeth Schwarzbauer

Elisabeth Schwarzbauer

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Elisabeth ist studierte Physikerin, verantwortet bei uns die Versicherungsthemen und hilft Ihnen Ihr bestes Angebot zu finden. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten mit Ihrer Familie oder mit einem Buch auf der Terrasse (wenn es das Wetter ermöglicht).

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Inhaltsverzeichnis
     

    Mit dem Wiederbeschaffungswert wird der Wert bezeichnet, der im Falle eines Schadensersatzes aufzubringen ist, um eine beschädigte Sache wieder zu beschaffen. Der Wiederbeschaffungswert entspricht bei der Kfz-Versicherung dem Wert eines vergleichbaren anderen Fahrzeugs, wenn es beschädigt wurde. Sollte ein Totalschadens oder Verlustes versichert sein, wird dem Geschädigten sowohl durch die Teilkasko als auch durch die Vollkasko die Summe, die aufgewendet werden muss, um sich ein gleichwertiges Auto zu beschaffen, übernommen. Dieser Betrag ist der sogenannte Wiederbeschaffungswert.

    Demnach handelt es sich bei dieser Wertanagabe um Kosten, die für den gleichwertigen Ersatz einer beschädigten Sache aufgebracht werden müssen. Berücksichtigt wird dabei, dass die Sache bei einem vertrauenswürdigen Händler erworben wird und mögliche Zusatzkosten für eine Finanzierung entstehen können.

    Wo der Wiederbeschaffungswert eine Rolle spielt

    Der Wiederbeschaffungswert ist in der Regel eine wichtige Berechnungsgröße für die Schadensregulierung. Somit wird dieser Wert überwiegend in der Versicherungsbranche genutzt.

    Hier sind es vor allem Sachversicherungen wie Kfz-Versicherungen, Hausratversicherungen oder Gebäudeversicherungen, die mit dem Wiederbeschaffungswert arbeiten.

    Allerdings wird auch im Bankenwesen vom Wiederbeschaffungswert oder den Wiederbeschaffungskosten gesprochen. Dabei handelt es sich um ein Messverfahren, um Finanzderivate zu berechnen.

    Aber auch wenn Sie Ihr Fahrzeug als Inzahlungnahme für den Kauf eines neuen Autos hergeben möchten, kann der Wiederbeschaffungswert eine Rolle spielen. 

    Unterschied zum Zeitwert

    Der Wiederbeschaffungswert und der Zeitwert sind beides Richtgrößen, um den Wert einer Sache, häufig einem Kfz, zu ermitteln. Allerdings unterscheiden sich diese beiden Werte voneinander.

    Zeitwert Wiederbeschaffungswert
    • Geht von einem hypothetischen Preis aus, den eine Sache vor ihrer Beschädigung bei einem Verkauf erzielt hätte
    • Wird durch Abzug von Alter und Abnutzung ermittelt
    • Bezeichnet den Wert, den es bedarf, um eine zerstörte Sache mit einer gleichwertigen Sache zu ersetzen, inklusive Zusatzkosten für Finanzierungen oder Händleraufschläge
    • Wird anhand verschiedener Kriterien ermittelt, Alter und Abnutzung spielen ebenfalls eine Rolle

    Durch die Einbeziehung von Händlerkosten oder Zusatzkosten für Finanzierungen liegt der Wiederbeschaffungswert üblicherweise rund ein Fünftel über dem Zeitwert. Für die Ermittlung des Wiederbeschaffungswerts spielt der Zeitwert üblicherweise keine Rolle.

    Bei Gebrauchtwagen liegen Zeitwert oder Wiederbeschaffungswert üblicherweise immer unter dem Neuwert eines Fahrzeugs. Der Wiederbeschaffungswert kann dabei höher ausfallen als der ursprüngliche Neuwert, weil das Produkt in der Zwischenzeit teurer geworden ist.

    Bei Oldtimern wird der Wiederbeschaffungswert in der Regel über dem Neuwert liegen, da die alten Fahrzeuge hohe Sammlerwerte erzielen können.

    Warum ist der Wiederbeschaffungswert wichtig?

    Der Wiederbeschaffungswert ist für die Autoversicherung wichtig, damit die Kosten ermittelt werden können, die nötig sind, um das beschädigte Fahrzeug adäquat zu ersetzen. Mit der Überweisung des Wiederbeschaffungswertes kann ein Teil des Schadensersatzanspruchs nach einem Unfall getilgt werden.

    Grundsätzlich haben Geschädigte die Möglichkeit, den Schadensersatz in zwei verschiedenen Formen zu wählen:

    • Wiederbeschaffungswert: Kann ein Auto aufgrund eines Totalschadens nicht mehr gefahren werden, ermittelt die Versicherung den Wiederbeschaffungswert. Dieser wird meist mit dem sogenannten Restwert des Fahrzeugs verrechnet und wird an die Geschädigten ausgezahlt.
    • Reparaturkosten: Ist das Fahrzeug nur beschädigt, kann jedoch noch verwendet werden, erstattet die gegnerische Versicherung die Reparaturkosten. Diese werden auf der Basis eines Gutachtens ermittelt und ausgezahlt.

    Einfluss auf Versicherungszahlung

    Der Wiederbeschaffungswert gibt an, wie viel Geld Sie nach einem Unfall für Ihr beschädigtes und nicht mehr fahrtüchtiges Auto bekommen. Nachdem ein Gutachter den Wiederbeschaffungswert Ihres Unfallfahrzeugs ermittelt hat, wird der Betrag nach einer Prüfung durch die Versicherung ausgezahlt.

    Warum eine Neupreisentschädigung sinnvoller sein kann

    Eine Neupreisentschädigung ist ein Tarifmerkmal der Teilkaskoversicherung und übernimmt Schäden, wie Zerstörung, Totalschaden sowie Diebstahl. Wenn Sie eine Kfz-Versicherung abschließen, haben Sie bei Teil- und Vollkasko häufig die Möglichkeit, eine Neupreisentschädigung zu wählen. Manche Versicherungen bieten diesen Service sogar automatisch in Verbindung mit einem Totalschaden oder Autodiebstahl an.

    Wenn Ihre Police mit einer solchen Entschädigung ausgestattet ist, erhalten Sie im Schadensfall nicht den Wiederbeschaffungswert Ihres Fahrzeugs, sondern den Neupreis, den Sie dafür bezahlt haben.

    Die Neupreisentschädigung ist häufig von Vorteil. Wird davon ausgegangen, dass Neuwagen innerhalb des ersten Jahres schon einen deutlichen Wertverlust haben, erhalten Sie mit dem Neupreis mehr Geld von Ihrer Versicherung als über den Wiederbeschaffungswert.

    Differenzbesteuerung

    Beim Gebrauchtwagenhandel erfolgt heute zu etwa 75 Prozent die sogenannte „Differenzbesteuerung“. Der Fiskus möchte dadurch verhindern, dass Händler die Umsatzsteuer auf ihre Fahrzeuge nochmals bezahlen müssen, auch wenn sie diese wiederverkaufen. Hierbei unterliegt nur die Differenz zwischen Einkaufspreis und Verkaufspreis der Umsatzsteuer

    Aus diesem Grund müssen Händler lediglich für die Differenz zwischen Händlereinkaufswert und Händlerverkaufswert Mehrwertsteuer bezahlen.

    Für die Ermittlung des Wiederbeschaffungswerts spielt diese Tatsache eine wichtige Rolle. Denn der Sachverständige kann den korrekten Mehrwertsteueranteil für die Wiederbeschaffung nicht konkret berechnen.

    Aus diesem Grund wird in der Regel ein Richtwert von 2,4 Prozent an Steuern einberechnet. Auf diese Weise sinkt allerdings der Wiederbeschaffungswert für den Versicherungsnehmer, der auf sein Fahrzeug später die volle Mehrwertsteuer von 19 Prozent bezahlen muss.

    130 Prozent-Regel

    Wenn ein Fahrzeug durch einen Unfall beschädigt wurde, lässt die Autoversicherung immer prüfen, ob eine Reparatur möglich ist.

    Stellt ein Gutachter fest, dass die Kosten für die Reparatur den Wiederbeschaffungswert um mehr als 30 Prozent überschreiten, erhalten Versicherte lediglich den Wiederbeschaffungswert ausbezahlt.

    Beispiel: Ihr Auto wird beschädigt. Ein Gutachter stellt fest, dass Sie 4.000 Euro benötigen, um ein vergleichbares Auto zu kaufen (Wiederbeschaffungswert). Im Gutachten wird ebenso vermerkt, dass eine Reparatur 5.500 Euro kosten würde. In diesem Fall stuft die Versicherung das Fahrzeug als Totalschaden ein und zahlt Ihnen den Wiederbeschaffungswert aus.

    Berechnung

    Der Wiederbeschaffungswert wird von Versicherungen mit Hilfe eines unabhängigen Gutachters oder Sachverständigen ermittelt. Allerdings ist die Berechnung des Wiederbeschaffungswerts bei einem PKW häufig sehr knifflig.

    So muss der Gutachter nach dem Unfall feststellen, in welchem Allgemeinzustand das Fahrzeug war, welche Beschädigungen schon vorher da waren oder welche hinzukamen.

    Eine erste Orientierung liefern in der Regel Preisermittlungstabellen für Gebrauchtwagen. Somit ist der Wiederbeschaffungswert immer auch abhängig von den aktuellen Marktpreisen.

    Darüber hinaus bestimmen folgende Aspekte die Höhe des Wiederbeschaffungswertes:

    • Kilometerstand: Je mehr Kilometer ein Auto gefahren wurde, desto geringer wird sein Zeitwert.
    • Ausstattung: Verfügte der Unfallwagen über ein umfangreiche Sonderausstattung, wird die Bewertung des Wiederbeschaffungswerts deutlich höher ausfallen als bei einer Standardausstattung. Hierzu zählen zum Beispiel Ledersitze oder spezielle Alufelgen.
    • Erstzulassung: Für die Wertermittlung spielt es eine große Rolle, wie alt das Fahrzeug letztlich ist.
    • Allgemeiner Zustand: Hier prüft der Sachverständige, ob das Fahrzeug gepflegt ist oder nicht. Ungepflegte PKW erhalten in der Regel einen deutlich niedrigeren Wiederbeschaffungswert. Da der Zustand der Fahrzeugpflege durchaus unterschiedlich interpretiert werden kann und sich je nach Umfang des Schadens nur schwer ermitteln lässt, kann dieser Aspekt häufig zu Streitigkeiten über die Höhe des Wiederbeschaffungswertes führen.

    Wiederbeschaffungswert ca. 20 Prozent über Zeitwert

    In der Regel liegt der Wiederbeschaffungswert ungefähr 20 Prozent über dem Zeitwert, da es sich beim Zeitwert nur um einen hypothetischen Wert handelt, den die zerstörte Sache bei einem möglichen Verkauf vor dem Unfall gehabt hätte.

    Der Wiederbeschaffungswert berücksichtigt dabei in der Praxis, wie viel Geld der Geschädigte aufbringen muss, um adäquaten Ersatz für sein Fahrzeug zu erhalten.

    Unfairer Wert: Das können Sie tun

    Wer als Verbraucher der Auffassung ist, dass der Wiederbeschaffungswert seines Unfallwagens unfair berechnet wurde, kann vor Gericht dagegen vorgehen. In diesem Fall muss ein weiteres Gutachten erstellt werden.

    Die Kosten für ein solches Vorgehen können schnell mehrere tausend Euro betragen, denn die Höhe der Kosten richtet sich nach dem Streitwert. Zugleich hängt auch das Honorar des Gutachters von der Schadenhöhe ab. Je größer also der Schaden ist, desto teurer wird der Gutachter.

    Wer einen Verkehrsrechtsschutz besitzt, kann in diesem Fall auf seine Versicherung zurückgreifen und muss in der Regel außer einer Selbstbeteiligung nichts zusätzlich für einen Rechtsbeistand bezahlen.

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