Abzug neu für alt: Verzicht vorteilhaft?

Das Prinzip „Abzug neu für alt“ entstammt dem deutschen Schadensersatzrecht. Dort wird es unter dem sogenannten „Vorteilsausgleich“ genannt. Dabei wird davon ausgegangenen, dass der Geschädigte durch die Regulierung des Schadens einen Vorteil hat, der durch eine Minderung der Versicherungsleistung ausgeglichen wird.

Elisabeth Schwarzbauer

Autorin für Versicherungsthemen


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Zuletzt aktualisiert: November 20, 2023

Author Elisabeth Schwarzbauer

Elisabeth Schwarzbauer

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Elisabeth ist studierte Physikerin, verantwortet bei uns die Versicherungsthemen und hilft Ihnen Ihr bestes Angebot zu finden. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten mit Ihrer Familie oder mit einem Buch auf der Terrasse (wenn es das Wetter ermöglicht).

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Inhaltsverzeichnis
     

    Wer eine Autoversicherung abschließt, wird häufig mit dem Begriff „neu für alt“ konfrontiert. Damit haben Versicherer eine Möglichkeit geschaffen, den Vorteilsausgleich in der Police zu erfassen.

    Allerdings kann der Vorteilsausgleich auch bei Hausratversicherungen oder Gebäudeversicherungen angewandt werden. Grundsätzlich wird immer nach einem Vorteilsausgleich gesucht, wenn es sich um ein Schadensersatzverfahren handelt.

    Rechtlicher Rahmen

    Den rechtlichen Rahmen für den Vorteilsausgleich bildet Paragraph 249 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Demnach ist ein Unfallverursacher verpflichtet, dem Geschädigten den Schaden zu ersetzen.

    Dabei muss das Unfallopfer finanziell so gestellt werden, wie es vor dem Unfall gestellt war. Da in der Praxis meist eine Versicherung involviert ist, übernimmt die Haftpflichtversicherung nach Paragraph 3 des Pflichtversicherungsgesetzes die Regulierung des Schadens. Dabei gilt der Grundsatz, dass der Geschädigte durch die Schadensregulierung am Ende nicht besser gestellt sein darf als vor dem Unfall.

    Der Abzug "neu für alt" kann nicht pauschal bei jeder Reparatur vorgenommen werden, sondern nur dann, wenn durch eine Reparatur eine messbare Vermögensverbesserung eingetreten ist.

    249 BGB Art und Umfang des Schadensersatzes

    (1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

    (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

    Voraussetzungen für die Klausel

    Eine Voraussetzung für die Wirkung der Klausel „Abzug neu für alt“ in der Autoversicherung ist, dass das Fahrzeug durch die Behebung des Schadens eine Wertsteigerung erfährt. Die Klausel soll den finanziellen Vorteil ausgleichen, den der Geschädigte hat.

    Bei Haftpflichtfällen sind Abzüge neu für alt nur in seltenen Fällen berechtigt. Denn Abzüge sind in der Regel nur dann zugelassen, wenn Kfz-Teile so verschlissen sind, dass ein Austausch ohnehin notwendig geworden wäre. Das können zum Beispiel Reifen oder Kupplungsbeläge sein.

    Hintergrund zum Vorteilsausgleich

    Von einem Vorteilsausgleich wird gesprochen, wenn der Schadensersatzanspruch um die Positionen verringert wird, die dem Geschädigten als Vorteil aus dem eingetretenen schädigenden Ereignis zugefallen sind. Dies kann auch eine Ersparnis darstellen.

    Das deutsche Recht sieht vor, dass der Geschädigte durch den Schadenersatz nicht besser gestellt sein darf als vor dem Schaden. Demnach darf eine Sache theoretisch nicht in ihrem Wert steigen, wenn Schadensersatz dafür geleistet wurde.

    Auf diese Weise soll der Schädiger nicht zusätzlich bestraft werden. Vielmehr ist das Gesetz darum bemüht, einen Ausgleich zwischen dem ursprünglichen Zustand und dem neuen Zustand zu schaffen. Hierfür wurde der Vorteilsausgleich mit der Regelung „Abzug neu für alt“ geschaffen.

    In den USA und Großbritannien hingegen sieht das Recht vor, dem Geschädigten eine „Strafe“ zuzusprechen. In diesen Ländern ist es üblich, dass der Schadensersatz die Geschädigten nach dem Schadensfall deutlich besser stellt. Ein Beispiel hierfür sind hohe Entschädigungssummen, die Klägern gezahlt werden.

    Welche Auswirkungen hat der „Abzug neu für alt“ auf mich direkt?

    Wer eine Autoversicherung mit der Klausel „Abzug neu für alt“ nutzt, kann im Schadensfall Nachteile haben. So ist es zum Beispiel denkbar, dass ein abgefahrener Reifen nach dem Unfall durch einen neuen ersetzt werden muss.

    Der Versicherer geht in diesem Fall von einer Wertsteigerung des Fahrzeugs aus. Der Unfallverursacher darf dann die Differenz zwischen dem Wert der alten Reifen und den Kosten für die neuen Reifen von der Schadenhöhe abziehen. Für Sie kann das bedeuten, dass Sie im Schadensfall diese Differenz selbst bezahlen müssen.

    Während diese Differenz bei Reifen noch gering sein kann, ist bei anderen Verschleißteilen wie der Kupplung oder den Bremsen mit deutlich höheren Kosten zu rechnen. Fahren Sie dann ein altes Auto, dessen Bremsen nach einem Unfall getauscht werden müssen, kann die Differenz zwischen alten und neuen Bremsen erheblich sein.

    Schon vor dem Unfall abschätzen, wie hoch der zu zahlende Teilbetrag wird

    Wer eine Klausel „Abzug neu für alt“ in seinem Versicherungsvertrag findet, kann schon vor einem möglichen Unfall abschätzen lassen, welche Teilbeträge auf ihn zukommen können. Hierbei kann eine Kfz-Werkstatt oder ein Gutachter weiterhelfen.

    Sie ermitteln die Differenz zwischen Neuanschaffung von Verschleißteilen und dem gegenwärtigen Wert. Durch die für Laien unübersichtliche Zahl an möglichen Ersatzteilen ist der Gang zum Experten empfehlenswert.

    Warum die Klausel „Abzug neu für alt“ häufig zu Streitfällen führt

    Wenn ein Versicherungsnehmer von der Klausel „Abzug neu für alt“ betroffen ist und sich ungerecht behandelt fühlt, kann er gegen die Entscheidung der Versicherung vorgehen.

    Möglich ist die Einschaltung eines eigenen Gutachters. Denkbar ist auch die Zuhilfenahme eines Anwalts. Wer eine Verkehrsrechtsschutzversicherung hat, ist im Vorteil. In der Regel werden die Kosten für diese Fälle von der Versicherung übernommen.

    In der Praxis gab es bereits viele Fälle, in welchen um den „Abzug neu für alt“ vor Gericht gestritten wurde. Knifflig ist in der Regel immer die Kernfrage, ob durch die Schadensregulierung dem Geschädigten ein Vorteil entstanden ist. Dabei ist es jedoch ebenfalls fraglich, ob er überhaupt etwas gegen die „Verbesserung“ unternehmen kann.

    Beispiel Lackschaden

    Ein beliebtes Beispiel aus der Rechtsprechung sind Lackschäden. Wenn ein älteres Auto mit noch intaktem Lack in einen Unfall verwickelt war und der Lack danach ausgebessert wurde, handelt es sich eigentlich um eine Wertsteigerung.

    Da jedoch davon ausgegangen werden muss, dass der Halter den Lack nicht erneuert hätte, sondern er noch mit der alten Lackierung weitergefahren wäre, darf der Versicherer die Klausel „Abzug neu für alt“ nicht anwenden.

    Änderung bei den Versicherungen

    Die von den Versicherungsgesellschaften genutzte Klausel „Abzug neu für alt“ wird heute von vielen Gesellschaften in den Policen nicht mehr eingesetzt. Ein möglicher Grund für diesen Verzicht besteht darin, dass der „Abzug neu für alt“ für Versicherungsnehmer in der Regel nachteilig ausfällt und Verträge mit dieser Klausel deutlich unattraktiver sind. Um einem Rückgang der Versichertenzahlen vorzubeugen, gibt es nur noch wenige Ausnahmen, bei welchen diese Regelung gültig ist.

    Ein gängiges Beispiel für die Beibehaltung der Regelung sind Verdecke von Cabrios. Wird ein Verdeck beschädigt, übernehmen die meisten Versicherer nur den Restwert, den das Verdeck noch hatte und bezahlen kein neues. Durch das Anbringen eines neuen Verdecks würde der Wagen nämlich eine Wertsteigerung erfahren, die nicht der üblichen Schadensregulierung entspricht.

    Verträge prüfen

    Wenn Sie selbst wissen wollen, ob Ihre Kfz-Versicherung den „Abzug neu für alt“ noch praktiziert, sollten Sie Ihre Versicherungspolice genau prüfen. Gilt diese Klausel für Ihren Vertrag, können Sie über einen Wechsel der Kfz-Versicherung nachdenken.

    So können Sie Ihre Kfz-Versicherung wechseln

    1. Wenn Sie sich ein neues Fahrzeug zulegen, dürfen Sie die Versicherung direkt wechseln.
    2. Erhöht Ihre Kfz-Versicherung die Beiträge, können Sie Ihr Sonderkündigungsrecht wahrnehmen.
    3. Lag ein Schadensfall vor, haben Sie das Recht, die Versicherung zu wechseln.
    4. Regulär können Sie Ihren Vertrag mit einer Frist von einem Monat vor Ende des Versicherungsjahres kündigen. Läuft Ihr Vertrag bis zum 31.12., können Sie bis zum 30.11. fristgerecht kündigen.

    Ihr Vorteil durch Verzicht

    Verzichtet Ihre Kfz Versicherung auf die Regelung „Abzug neu für alt“, profitieren Sie nach einer Reparatur von neuen Ersatzteilen, ohne dass Sie die Differenz zum Neuwert selbst bezahlen müssen. Vor allem Fahrer von älteren Fahrzeugen sind im Vorteil.

    Muss die Versicherung für einen Schaden aufkommen, werden einzelne Kfz-Teile erneuert, die dann deutlich jünger sein können als das Fahrzeug selbst. An dieser Stelle sollten Verbraucher jedoch genau auf den Inhalt der Versicherungspolice achten. Manche Versicherer verzichten nämlich bei älteren Autos nicht auf den „Abzug neu für alt“.

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