Erbschein: Wichtiges Dokument für Erben

Ein Todesfall in der Familie ist eine sehr emotionale Angelegenheit. Doch darüber hinaus müssen Erben und Betroffene neben der Trauerarbeit eine Menge an administrativen Aufgaben erledigen. Mit einem Erbschein kann zumindest hinsichtlich des Nachlasses eine eindeutige Regelung gefunden werden. In diesem Ratgeber erhalten Sie alle wichtigen Informationen rund um den Erbschein und seine Bedeutung im Erbfall.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: April 14, 2024

Author Daniel Winterl

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Daniel Winterl verantwortet als gelernter Betriebswirt die Finanz- und Versicherungsthemen bei FinanceScout24, um Ihnen die wichtigsten Infos bei ihrer Suche zur Verfügung zu stellen und das richtige Angebot für Sie zu finden.

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Inhaltsverzeichnis
     

    Der Erbschein gilt als ein gerichtlich ausgestellter Nachweis darüber, wer ein Erbe erhält und wie groß der entsprechende Erbteil ist (§ 2353 BGB). Zugleich wird im Erbschein definiert, zu welchen Teilen das Erbe an die Erbengemeinschaft übergeht. Für die Erteilung von Erbscheinen ist das Nachlassgericht zuständig, welches das Amtsgericht am zuletzt eingetragenen Wohnsitz des Verstorbenen ist(§ 343 FamFG).

    Der Erbschein berechtigt den Erben zum Beispiel dazu, Verträge des Erblassers zu übernehmen oder zu kündigen sowie Besitz der verstorbenen Person zu übernehmen.

    Wann ist ein Erbschein wichtig?

    Ein Erbschein ist immer dann wichtig, wenn Dritte zum Erbe berechtigt sind. In diesem Fall besteht nach dem Tod eines Erblassers meist keine Sicherheit, wer sein legitimer Erbe und somit Rechtsnachfolger wird. Durch den Erbschein werden klare rechtsverbindliche Fakten geschaffen.

    Im Erbschein wird zum Beispiel genau festgelegt, wer zu welchen Anteilen am Nachlass des Verstorbenen begünstigt wird. Darüber hinaus kann ein Erbschein das Erbrecht im Rahmen einer Testamentsvollstreckung einschränken sowie Vor- und Nacherben bestimmen.

    Die gesetzliche Grundlagen sowie die Auswirkung eines vorhandenen Erbscheins sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den Paragraphen 2353 bis 2370 sowie im „Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit“ (FamFG) ab Paragraph 352 definiert.

    Liegt kein Erbschein vor, kann eine Vollmacht des Erblassers diesen ersetzen. Voraussetzung dafür ist, dass diese Vollmacht über den Tod hinaus gültig ist oder mit dem Tod des Vollmachtgebers ihrer Gültigkeit erhält. Auf einen Erbschein verzichtet werden kann auch, wenn der Vertrag einen „Begünstigten auf den Tod“ benennt.

    Gleiches gilt für ein notariell hinterlegtes Testament oder einen notariellen Erbvertrag. Somit ist es für Angehörige nicht immer zwingend erforderlich, dass ein Erbschein vorhanden ist, um das legitime Erbe anzutreten.

    Gesetzliche Regelungen: Erbschein erforderlich

    Wenn Grundstücke oder Immobilien geerbt werden, ist ein Erbschein zwingend erforderlich, damit die Begünstigten ihr Erbe erhalten können. Einzige Ausnahme bilden ein notarielles Testament oder ein notarieller Erbvertrag.

    Liegen diese Dokumente vor, kann ein Eröffnungsprotokoll den Erbschein überflüssig machen. Allerdings bleibt es dem Grundbuchamt überlassen, ob es ein Testament als Nachweis für ein Erbe akzeptiert oder die Übertragung nur auf der Basis eines Erbscheins durchführt.

    Vertragliche Regelungen: Erbschein nicht zwingend nötig

    Wenn Erben zu legitimen Rechtsnachfolgern des Erblassers werden, dürfen sie auch Versicherungsverträge oder Verträge mit Banken übernehmen. Allerdings haben viele Kredit- oder Versicherungsinstitute lange Zeit einen Erbschein als Nachweis für das Erbe gefordert. Doch durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2013 (XI ZR 401/12) wurde es für ungültig erklärt, dass Banken oder Versicherungen in den AGB eine Vorlage des Erbscheins verlangen.

    Eine Ausnahme bilden begründete Zweifel an der Berechtigung der Erben. In der Praxis reicht jedoch ein bei einem Notar hinterlegtes Testament als Nachweis für eine Erbberechtigung aus.

    Erbschein beantragen

    Ein Erbschein wird nicht automatisch nach dem Tod eines Erblassers ausgestellt. Er muss beim zuständigen Nachlassgericht beantragt werden. Dieses Gericht ist in der Regel das Amtsgericht an dem Ort, wo der Verstorbene zuletzt gemeldet war. Der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins erfolgt entweder schriftlich oder zu Protokoll des Nachlassgerichts. Jedoch muss der Antragsteller in seinem Antrag gewisse Angaben an Eides statt zu versichern.

    Sobald ein Antrag auf einen Erbschein gestellt wurde, erklärt sich der Erbe zur Übernahme des Nachlasses inklusive vorhandener Schulden bereit. In diesem Fall kann er das Erbe nicht mehr ausschlagen.

    Inhalte

    1. Geschäftszeichen: Hier wird das Zeichen für den Vorgang beim zuständigen Amtsgericht vermerkt, damit der Erbschein eindeutig zugeordnet werden kann.
    2. Name des Gerichts
    3. Art des Erbscheins: Handelt es sich um einen Einzelerbschein, bei dem nur ein Erbe eingetragen wird oder einen gemeinschaftlichen Erbschein, muss dies auf dem Schein notiert werden. Die Grundlage für einen gemeinschaftlichen Erbschein liefert das FamFG in Paragraph 352 a.
    4. Name, Adresse, Geburtsdatum der Erben
    5. Angaben zum Erbanteil
    6. Hinweis zur Testamentsvollstreckung
    7. Unterschrift des Richters oder Rechtspflegers
    8. Benennung von Nacherben

    Pflichtteile, Auflagen und Vermächtnisse sind nicht enthalten

    Hinweise zu Pflichtteilen oder Auflagen und Vermächtnissen werden nicht im Erbschein aufgeführt!

    Sonderfall: Gegenständlich beschränkter Erbschein

    Grundsätzlich wird ein Erbschein für den gesamten Nachlass ausgestellt. Ist das Erbe jedoch auf mehrere Länder verteilt, muss das zuständige Verwaltungsgericht erst langwierig das Erbrecht der jeweiligen Länder prüfen, um anschließend den Nachlass zu verteilen.

    Um eine solche Prüfung zu vermeiden, kann der Erbschein gegenständlich beschränkt werden. In diesem Fall bezieht sich der Erbschein nur auf bestimmte Erbsachen, die sich zum Beispiel in Deutschland befinden. Dabei spielt es keine Rolle mehr, ob ausländisches oder das hiesige Erbrecht Anwendung finden.

    Ein gegenständlich beschränkter Erbschein kann auch von Erben aus dem Ausland beantragt werden, wenn ein Grundbucheintrag in Deutschland geändert werden muss, sich der Rest des Nachlasses jedoch im Ausland befindet.

    Je nach Umfang der Erbschaft kann das gesamte Verfahren mit dem Antrag auf einen gegenständlich begrenzten Erbschein beschleunigt werden.

    Kosten und Hilfe

    Die Kosten für einen Erbschein richten sich nach der Gebührenordnung des „Gesetzes über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare“ (GNotKG) in Paragraph 40. Demnach hängt der Preis für das Ausstellen des Erbscheins von der Höhe der Hinterlassenschaft ab. Es gibt somit beim Beantragen des Erbscheins keine Möglichkeit, um Kosten zu sparen.

    Bei einem Nachlasswert von 5.000 Euro können Sie zum Beispiel mit knapp 100 Euro an Gebühren rechnen. Bei einem Nachlasswert von 50.000 Euro werden knapp 330 Euro fällig.

    Wird der Wert des Nachlasses angeben, müssen Sie zum Beispiel bei Grundstücken den Verkehrswert für den Antrag verwenden.

    Vorsicht vor Gebühren!

    Wenn ein Antrag auf Erstellung eines Erbscheins zurückgezogen wird, müssen Sie auch dafür Gebühren bezahlen.

    Gültigkeit

    Der Erbschein berücksichtigt immer das Erbrecht zum Zeitpunkt des Erbfalls. Eine spätere Änderung des Erbrechts spielt dafür keine Rolle mehr.

    Für die Beantragung eines Erbscheins beim zuständigen Nachlassgericht gibt es übrigens keine festgelegte Frist. Der Erbschein kann jederzeit beantragt werden.

    Unrichtigkeit des Erbscheins

    Gibt es Gründe dafür, dass ein Erbschein unrichtig ist, muss das Nachlassgericht den Erbschein einziehen oder für ungültig erklären. Ein solcher Fall besteht, wenn das Gericht im Nachhinein feststellt, dass der Erbschein auf der damaligen Grundlage nicht hätte erstellt werden dürfen. Diese Möglichkeit besteht, sollten sich Angaben als unwahr herausstellen.

    Richtigkeit eines Erbscheins hängt von Vertrauen ab

    Wenn ein Dritter der Richtigkeit eines Erbscheins vertraut hat, ist er gesetzlich geschützt. Es gilt für ihn lediglich der Inhalt des Erbscheins. Er muss nicht prüfen, ob der Inhalt richtig ist oder nicht.

    Wie muss ich im Erbfall vorgehen?

    Wenn Sie ein Erbe antreten wollen, sollten Sie zunächst prüfen, ob überhaupt ein Erbschein notwendig ist. Ein Erbschein ist zum Beispiel in der Regel nicht notwendig, wenn folgende Bedingungen vorliegen:

    1. Es existiert ein öffentliches oder privates Testament sowie ein gerichtliches Eröffnungsprotokoll.
    2. Es liegt eine Bank- oder Vorsorgevollmacht vor.

    Gibt es keine entsprechenden Dokumente, die Sie zur Verwaltung oder Übernahme des Nachlasses berechtigen, können Sie einen Erbschein beantragen.

    Diese Möglichkeiten stehen Ihnen offen:

    • Sie wenden sich an das Amtsgericht am Wohnort des Verstorbenen. In Baden-Württemberg arbeiten Notare in Funktion des Nachlassgerichts.
    • Sie wenden sich an einen Notar, der alle notwendigen Schritte für Sie übernimmt. Berücksichtigen Sie, dass dadurch neben den Gerichtsgebühren zusätzliche Kosten auf Sie zukommen, die ebenfalls von der Höhe des Nachlasses abhängen. Außerdem fallen für die Notarkosten noch 19 Prozent Mehrwertsteuer an.

    Diese Dokumente benötigen Sie für den Erbscheinantrag

    Für den Antrag benötigen Sie:

    • Das Testament oder einen Erbvertrag
    • Heiratsurkunden
    • Geburtsurkunden
    • Sterbeurkunden
    • Nachlasswert
    • Schulden des Verstorbenen
    • Personalausweis oder Reisepass
    • Anschrift der Erben

    Die Richtigkeit der Angaben wird durch einen Eid vor Gericht durch die Antragsteller bestätigt. Für die eidesstattliche Versicherung fällt nochmals eine Gebühr an. Die Ausstellung des Erbscheins kann je nach Umfang des Erbes mehrere Wochen dauern.

    Kosten trägt der Antragsteller

    Die Kosten für den Antrag hat immer der Antragsteller zu tragen. Stellt eine Erbengemeinschaft den Antrag, müssen die Kosten unter den Erben aufgeteilt werden. Eine Pflicht zur gemeinsamen Antragstellung gibt es nicht.

    Wenn sich ein Teil des Erbes im Ausland befindet

    Ein deutscher Erbschein reicht in der Regel nicht aus, um sich als legitimer Erbe im Ausland auszuweisen. Wer nicht in der EU erbt, sollte sich am besten an die jeweilige Botschaft im Ausland wenden, um sich über das dortige Erbrecht zu informieren.

    Seit 2015 gibt es für Erben in der EU die Möglichkeit, den europäischen Erbschein oder ein europäisches Nachlasszeugnis zu beantragen. Dieser Erbschein wird über ein spezielles Formblatt über einen Notar beantragt. Auf der Webseite der Europäischen Kommission finden Sie die entsprechenden Formulare für den europäischen Erbschein.

    Die Kosten für einen EU-Erbschein sind gemäß § 40 des Gerichts- und Notarkostengesetzes vom Nachlasswert abhängig. Beträgt der Nachlasswert 100.000 Euro liegen die Kosten der Antragstellung für eidesstattliche Versicherung sowie Erteilung des Erbscheins bei 546 Euro.

    Gültigkeit EU-Erbschein

    Beachten Sie, dass der EU-Erbschein nicht in Irland, Dänemark sowie dem Vereinigten Königreich gilt.

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