Die Erbpacht: Pachten statt Kaufen

Oftmals scheitert der Traum vom Haus an einem fehlenden Grundstück – denn Bauland ist in Deutschland vergleichsweise teuer und nicht überall ausreichend vorhanden. Eine Alternative zum Kauf eines Grundstücks bietet die Erbpacht. Diese wird häufig auch Erbbaurecht genannt und bezeichnet die Möglichkeit, auf dem Grundstück einer anderen Person das eigene Haus zu bauen.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: April 27, 2023

Author Daniel Winterl

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Daniel Winterl verantwortet als gelernter Betriebswirt die Finanz- und Versicherungsthemen bei FinanceScout24, um Ihnen die wichtigsten Infos bei ihrer Suche zur Verfügung zu stellen und das richtige Angebot für Sie zu finden.

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Inhaltsverzeichnis
     

    Erbpacht und Erbbaurecht

    Gemeinhin werden Erbpacht und Erbbaurecht synonym verwendet. Eigentlich handelt es sich bei ersterem jedoch um eine seit 1947 verbotene Form eines landwirtschaftlichen Grundbesitzes.

    Wie funktioniert die Erbpacht?

    Die Erbpacht, welche auch als Erbbaurecht bezeichnet wird, eröffnet Bauherren die Option, Grundstücke zu bebauen, die nicht deren Eigentum sind. Demnach besitzen Sie bei der Erbpacht nicht das Grundstück, sondern eine dritte Person. Signifikant ist hier die Nutzung eines Grundstücks über einen festgelegten Zeitraum, der sich meistens zwischen 50 und 99 Jahren bewegt. Dafür müssen monatliche oder jährliche Zahlungen, der sogenannte Erbbauzins, beglichen werden. Bei der Erbpacht besitzen nicht Sie das Grundstück, sondern eine dritte Person. Von dieser pachten Sie das Bauland für einen bestimmten Zeitraum – hierfür haben Sie eine Pachtgebühr zu entrichten, die als Erbbauzins bezeichnet wirdHeutzutage ist die Bezeichnung „Erbbaurecht“ gebräuchlich, wobei Erbpacht als Synonym verwendet wird.
    Eine Erbpacht ist empfehlenswert, wenn eine Wohnung oder ein Haus mit wenig Eigenkapital gekauft werden soll. Die Erbpacht lohnt sich eher, wenn das Haus sofort bewohnt werden soll und kein großer Wert auf eine künftige Weitergabe gelegt werden soll. So ist die Erbpacht nicht für eine Kapitalanlage oder das Weitervererben einer Immobilie geeignet.

    Sie sind dabei der Erbbaurechtnehmer. Nun können Sie Ihr Haus darauf bauen.Während dieser Pachtzeit gehört das Grundstück dem Erbbaurechtgeber, Ihnen dagegen gehört die darauf errichtete Immobilie. Sie erwerben demnach nur das Nutzungsrecht, aber nicht das Grundstück selbst.

    Ist die Erbpacht eine gute Alternative zum Hauskauf?

    Ob sich das Erbbaurecht als gute Alternative zum Hauskauf herausstellt, ist im individuellen Fall zu entscheiden. Denn ist der Pachtzins relativ hoch bemessen, kann die Erbpacht für den Erbbaunehmer überaus teuer werden – in diesem Fall lohnt es sich eher, etwas länger nach einem geeigneten Grundstück zu suchen, das erworben werden kann.

    Lässt sich Bauland in der Wunschlage partout nicht erwerben, kann die Erbpacht helfen, sich dennoch den Traum vom Traumhaus zu erfüllen. Für junge Familie, die nur über ein geringes Eigenkapital verfügen, könnte sich diese Alternative ebenfalls rechnen.

    Kosten der Erbpacht

    Zu den üblichen Kosten der Erbpacht gehört allem voran die Pachtgebühr beziehungsweise der Erbpachtzins. Hierbei müssen Erbbaurechtnehmer pro Jahr mit vier bis sechs Prozent des Grundstückwerts rechnen.

    Während Zeiten hoher Bauzinsen ist der Erbpachtzins in den meisten Fällen günstiger als die Raten für die Baufinanzierung und den Grundstückskauf. Denn die Bauzinsen haben einen starken Einfluss auf die Höhe der Finanzierungszinsen für das Grundstück. Allerdings ist die Erbpacht auch nur in diesem Fall wirklich interessant – in Niedrigzinsphasen kann der Grundstückskauf nämlich deutlich günstiger ausfallen.

    Sollte ein Grundstück einen Wert von 100.000 Euro haben und die Erbbauzinsen bei 5 Prozent liegen, fallen Kosten von 5.000 Euro pro Jahr an, die vom Erbbauberechtigte an den Grundstückseigentümer abgetreten werden müssen.

    Wer kann das Erbbaurecht vergeben?

    Häufig handelt es sich bei den Erbbaurechtgebern um Stiftungen, Kirchen und Gemeinden. Doch Privatpersonen fungieren ebenfalls des Öfteren als Verpächter.

    Insbesondere bei der Kirche als Verpächter können Sie oftmals von günstigen Konditionen bezüglich des Erbpachtvertrags profitieren, da diese sich nach sozialen Aspekten richten. So erhalten beispielsweise Familien mit mehreren Kindern häufig Vergünstigungen, da diesen in der Regel weniger Einkommen für den täglichen Bedarf zur Verfügung steht.

    Familien, in denen sich Personen mit Behinderungen befinden, profitieren in vielen Fällen ebenso von Vergünstigungen.

    Laufzeit der Erbpacht

    Gesetzlich ist keine Laufzeit für die Erbpacht vorgeschrieben, allerdings wird das Grundstück in den meisten Fällen für eine Dauer von 50 bis 99 Jahren gepachtet. Dabei können der Erbrechtgeber und der Erbrechtnehmer selbst entscheiden, ob der Pachtzins monatlich, quartalsweise oder jährlich gezahlt wird. Es wird empfohlen spätestens zwei Jahre vor dem Ende des Vertrags die Kirche, Kommune oder Stiftung hierfür zu kontaktieren.

    Was geschieht, wenn der Erbpachtvertrag ausläuft?

    Sobald der Erbpachtvertrag ausläuft, endet damit auch das Pachtverhältnis zwischen Erbrechtgeber und Erbrechtnehmer. Das bedeutet, dass das Grundstück an den Verpächter zurückfällt und auch das darauf errichtete Haus in seinen Besitz geht. Der Grundstückseigentümer wird somit auch automatisch Eigentümer des darauf gebauten Hauses. Hierfür hat der Grundstückseigentümer dem Erbrechtnehmer eine Entschädigung in Höhe von mindestens zwei Dritteln des Werts zu zahlen.

    Vertragsverlängerung

    Die Erbpacht kann verlängert werden, wenn beide Vertragsparteien damit einverstanden sind. Hier ist zu berücksichtigen, dass der Erbrechtnehmer stets ein Vorrecht vor anderen Interessenten hat.

    Nutzungsrecht

    Erbrechtnehmer haben die Möglichkeit, ihr Nutzungsrecht am Grundstück während der Vertragslaufzeit zu verkaufen. Allerdings muss er hierfür die Erlaubnis des Grundstückseigentümers einholen.

    Dieser kann den Verkauf des Nutzungsrechts auch verweigern, wofür er jedoch triftige Gründe vorweisen muss. Dabei haben Erbrechtnehmer beim Verkauf der Erbpacht folgende Aspekte zu berücksichtigen:

    • Der Grundstückseigentümer kann den Verkauf verweigern, wenn der potenzielle Käufer über eine schlechte Bonität verfügt
    • Der Grundstückseigentümer kann ebenfalls verweigern, wenn der zukünftige Erbrechtnehmer die bestehende Immobilie gewerblich nutzen möchte
    • Häufig besteht ein Vorkaufsrecht für den Grundstückseigentümer, der somit bezüglich der Immobilie vor allen anderen Interessenten kaufberechtigt ist

    Kann ich die Erbpacht an Angehörige übertragen?

    Dem Erbbaurechtnehmer ist es möglich, die Erbpacht an seine Angehörigen zu übertragen – in den meisten Fällen wird das Erbbaurecht hierbei von Generation zu Generation weitergegeben. Normalerweise gilt diese Regelung, wenn ein Erbfall eintritt und das Recht an die Erben übertragen wird.

    Was bedeutet die „ablösbare Pacht“?

    Ablösbare Pacht bedeutet, dass der Verpächter – also der Grundstückseigentümer – die Erbpacht auflösen kann. Außerdem gilt eine Begrenzung der Generationenanzahl, sodass das Erbbaurecht nicht über eine unbestimmte Zeit weitergegeben werden kann. Zum Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Weitergabe auf bis zu drei Generationen beschränkt. Streng genommen gibt es heute keine Erbpacht mehr; bei aktuellen Erbpachtverträgen handelt es sich stets um das Erbbaurecht.

    Erbpacht oder Grundstückskauf ?

    Überlegen Sie, ob die Erbpacht eine sinnvolle Alternative für Sie ist, sollten Sie sich vorab mit den Vor- und Nachteilen gegenüber dem Grundstückskauf auseinandersetzen. In der nachstehenden Tabelle haben wir Ihnen die wichtigsten Argumente für und gegen das Erbbaurecht zusammengestellt:

    Vorteile der Erbpacht Nachteile der Erbpacht
    • Lässt sich verkaufen und vererben
    • Vertragsverkauf gestaltet sich bei niedriger Restlaufzeit oftmals schwer
    • Pachtgebühren steigen mit Dauer der Laufzeit
    • Bei hohen Bauzinsen beträchtliche Ersparnis
    • Bei niedrigen Bauzinsen oftmals teuer
    • Bietet in einigen Regionen attraktive Wunschlagen
    • Erbbaurechtgeber besitzt das Grundstück
    • Wird manchmal nach sozialen Kriterien vergeben
    • Erbbaurechtgeber hat Mitspracherecht

    Abschluss eines Erbpachtvertrages

    Um das Erbbaurecht zu erhalten, wird der Erbpachtvertrag in der Regel bei einem Notar abgeschlossen. Der Vertragsabschluss erhält anschließend einen Eintrag in das Erbbaugrundbuch.

    Folgende Punkte sollten üblicherweise in dem Vertrag festgelegt sein:

    • Höhe des Zinses
    • Fälligkeit des Zinses
    • Zinsanpassungen
    • Vertragslaufzeit
    • Etwaige Mitspracherechte des Verpächters
    • Etwaige Vorkaufsrechte

    Darüber hinaus sollten Sie diese Aspekte zusätzlich berücksichtigen:

    • Eine lange Laufzeit sorgt für eine lange Zinsbindung. Die Laufzeit sollte so gewählt werden, dass während der eigenen Lebenszeit kein neuer Vertrag aufgesetzt werden muss.
    • Ein Vorkaufsrecht für den Erbrechtnehmer ist sinnvoll, falls der Verpächter das Grundstück in späteren Jahren verkaufen will. Allerdings sollten Sie sich keinesfalls auf eine Ankaufspflicht einlassen.
    • Die Wertsicherungsklausel beschreibt, wann und in welchen Höhen die Zinsen angepasst werden. Diese sollte in jedem Fall den Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts als Grundlage haben.

    Kann der Erbpachtvertrag gekündigt werden?

    Üblicherweise sind Erbpachtverträge nicht kündbar. Für den Verpächter gibt es jedoch einige Sonderkündigungsrechte, über die sich der Erbrechtnehmer im Vorfeld informieren sollte. Dazu gehören unter anderem:

    1. Der Erbbaurechtgeber benötigt das Grundstück für sich selbst.
    2. Der Erbbaurechtnehmer kann die Gebühren nicht mehr zahlen.
    3. Der Erbbaurechtnehmer verletzt seine vertraglichen Pflichten.
    4. Der Erbbaurechtnehmer kümmert sich nicht um die Pflege und lässt das Grundstück herunterkommen.

    In diesen Fällen hat der Verpächter die Möglichkeit, den Vertrag zu kündigen. Ist allerdings schon eine Immobilie auf dem Grundstück errichtet, hat er oben genannte Entschädigung zu zahlen.

    Vorbehalte von Banken beachten

    Die Finanzierung einer Immobilie auf einem gepachteten Grundstück kann sich oftmals als schwierig erweisen – denn etliche Banken haben Vorbehalte gegenüber dem Pachtverhältnis. Für Banken stellen zwei Aspekte bei diesem Verhältnis ein überaus großes Risiko dar:

    1. Der Bauherr ist nicht der Besitzer des Grundstücks – er hat also keine vollständige Sicherheit bezüglich des Baulands.
    2. Der Verpächter des Grundstücks verfügt über ein Mitspracherecht – er kann also den Bau der Immobilie maßgeblich beeinflussen.

    Aufgrund dieser Faktoren ist das Risiko für Banken größer als bei einem Kaufgrundstück, denn das Pachtgrundstück selber kann nicht als Sicherheit gewertet werden. Aus diesem Grund sollten sich die Bauherren noch vor Vertragsschluss mit ihrer Bank in Verbindung setzen, um zu klären, ob eine Finanzierung für eine Immobilie auf dem Pachtgrundstück überhaupt möglich ist.

    Sollten sich Kreditinstitute dennoch auf die Finanzierung einlassen, verlangen sie in dem meisten Fällen weitere Sicherheiten, um ihr Risiko zu reduzieren. Hier ist es sinnvoll, wenn Sie beispielsweise einen zweiten Kreditnehmer, einen Bürgen oder ein etwas höheres Eigenkapital vorweisen können.

    Weitere Kosten beachten

    Auch wenn Sie sich für ein Pachtgrundstück entscheiden, haben Sie die Kosten zu zahlen, die Sie auch bei einem Kaufgrundstück entrichten müssten. Dazu gehören unter anderem die Erschließungskosten und die Grundsteuer. Kommunale Abgaben können ebenfalls fällig werden.

    Gibt es Alternativen zur Bankenfinanzierung?

    Eine Alternative zur herkömmlichen Baufinanzierung ist die staatliche Förderung. Diese kann beispielsweise über die KfW oder über regionale Finanzierungsprogramme realisiert werden. Ob der Bauherr für solche Förderungen jedoch infrage kommt, ist stets im Einzelfall zu entscheiden. Denn hierbei fließen unter anderem die Art der zukünftigen Immobilie, die Bonität des Bauherren und der Energiestandard in die Entscheidung mit ein.

    Grunderwerbsteuer

    Der Erbbaurechtnehmer erhält bei Abschluss eines Erbpachtvertrags ein Entscheidungs- und ein Nutzungsrecht über das Grundstück. Da dies dem Eigentumsrecht äußerst ähnlich ist, muss der Erbrechtnehmer dem Finanzamt eine Grunderwerbsteuer zahlen – obwohl das Grundstück nicht erworben wurde.

    Wie berechnet sich die Grunderwerbsteuer für die Erbpacht?

    Um die Grunderwerbsteuer zu berechnen, wird anhand mehrerer Faktoren ermittelt:

    • der festgelegten Jahrespacht
    • der Vertragslaufzeit
    • der Umrechnungsfaktoren

    Im Gegensatz dazu wird die Grunderwerbsteuer eines Kaufgrundstücks mithilfe des gültigen Bodenanteils berechnet. Insgesamt ist die Steuer bei einem Pachtgrundstück also niedriger als bei einem Kaufgrundstück.

    Unbedenklichkeitsbescheinigung

    Wurde die Grunderwerbsteuer an das Finanzamt gezahlt, wird in der Regel eine Unbedenklichkeitsbescheinigung erstellt. Diese ist erforderlich, damit die Rechte ins Grundbuch eingetragen werden können.

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