LIBOR Zinssatz

Libor steht für London Interbank Offered Rate („Londoner Interbanken-Angebotszins“ oder „Interbanken Zinssatz“). Es handelt sich dabei um den Zinssatz, den Banken am Eurogeldmarkt von London für kurzfristige Anleihen von anderen Banken verlangen.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: April 27, 2023

Author Daniel Winterl

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Daniel Winterl verantwortet als gelernter Betriebswirt die Finanz- und Versicherungsthemen bei FinanceScout24, um Ihnen die wichtigsten Infos bei ihrer Suche zur Verfügung zu stellen und das richtige Angebot für Sie zu finden.

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Inhaltsverzeichnis
     

    Wir wissen jetzt, wofür die Abkürzung LIBOR steht. Was aber ist die Definition des LIBOR Zinssatz? Der LIBOR ist der durchschnittliche Zinssatz, zu dem international angesehene Banken (Panel-Banken) an der Londoner Börse bereit sind, sich kurzfristig Geld von anderen Banken zu leihen. Der LIBOR Zins ist also ein Referenzzinssatz und steht für den Zins, zu dem sich die unterschiedlichen Banken gegenseitig Kredite mit verschiedensten Laufzeiten gewähren.

    Für jede gehandelte Währung gibt es verschiedene Arten des LIBOR. Auch kann der jeweilige LIBOR mit unterschiedlichen Laufzeiten, zwischen einem und zwölf Monaten versehen werden. Die beiden involvierten Parteien melden dafür jeden Werktag bis 11.00 Uhr GMT die entsprechenden Zinssätze der Agentur Thomson Reuters.

    Geschichtlicher Hintergrund

    In den 1980er Jahren wollten die Finanzinstitutionen in London einen Standard für Darlehenszinsen generieren. Dieser Zinsindex wurde vor allem für die Berechnung von Preisen von Finanzprodukten eingeführt und sollte sie erleichtern. Im Jahre 1984 wurden, unter der Leitung der British Bankers´ Association (BBA), verschiedene Maßnahmen ergriffen, die im Jahr 1986 zu einer Bekanntmachung des ersten LIBOR Zinssatzes führten.

    Warum gibt es den LIBOR?

    Da der LIBOR auf dem Finanzmarkt als Basiszins für eine große Anzahl von verschiedensten Produkten, wie Swaps oder Futures, dient, wird er als der bedeutungsvollste Zinsindex für kurzfristige Zinssätze, und demnach auch Kreditvergaben, weltweit bezeichnet. Auch die Banken verwenden den LIBOR oft als Index für die Festlegung ihrer Zinsen. Produkte wie Hypotheken, Sparbücher oder Kredite für Privatpersonen werden mit dem LIBOR Zinssatz berechnet.

    Denn: Der LIBOR ist als Basiszins so bekannt, dass seine Entwicklung von Experten im Finanzbereich und von Privatpersonen beobachtet wird.

    Inhaltliche Werte des LIBOR

    Der LIBOR wird für folgende Währungen berechnet:

    USD – US Dollar CAD – Kanadischer Dollar
    GBP – Britischer Pfund AUD – Australischer Dollar
    EUR – Euro NZD – Neuseeländischer Dollar
    JPY – Japanischer Yen DKK – Dänische Krone
    CHF – Schweizer Franken SEK – Schwedische Kronen

    Die Hauptwährungen für die Berechnung des LIBOR sind aber nur fünf, nämlich der Euro (EUR), US-Dollar (USD), der Schweizer Franken (CHF), der japanische Yen (JPY) und das britische Pfund Sterling (GBP).

    Laufzeiten des LIBOR

    Es gibt sieben verschiedene Laufzeiten zu denen der LIBOR berechnet wird. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass es auch sieben verschiedene LIBOR Zinssätze pro Währung gibt.

    • Overnight (1 Tag)
    • 1 Woche
    • 1 Monat
    • 2 Monate
    • 3 Monate
    • 6 Monate
    • 12 Monate

    Beispiel: Der Overnight (1 Tag) LIBOR Zinssatz ist der durchschnittliche Zinssatz, zu dem Bank A bereit ist, einer anderen Bank B einen Kredit in Euro mit einer Laufzeit von einem Tag zu gewähren.

    Arten des LIBOR

    Neben den Leitzinsen war der LIBOR lange Zeit der einzige Referenzzins auf der Welt. Von 1985 bis 1999 gab es neben dem LIBOR auch den FIBOR. FIBOR steht für Frankfurt Interbank Offered Rate und war ein Zinssatz, der an Werktagen an der Frankfurter Börse für die Deutsche Mark (DM) berechnet wurde. Erst später haben sich weitere Referenz- oder Basiszinssätze etabliert.

    Nach der Bekanntgabe, dass der Euro eingeführt wird, wurde der FIBOR zum 01. Januar 1999 vom EURIBOR abgelöst. EURIBOR steht für Euro Interbank Offered Rate. Dieser Referenzzins ist inzwischen in der EWWU (Europäische Wirtschafts- und Währungsunion) anerkannt und auch international für Geldgeschäfte in Euro verwendet.

    Bei der Ermittlung und Veröffentlichung der beiden Zinssätze – LIBOR und EURIBOR – gibt es keine wirklichen Unterschiede. Neben diesen beiden gibt es noch einen weiteren, auch im Januar 1990 gegründeten, Zinssatz: den EONIA. Die ACI (The Financial Markets Association) hatte den EURIBOR und EONIA als Alternative zum LIBOR als Euro-Referenzsatz geplant.

    Der EONIA hat einen entscheidenden Unterschied zu LIBOR und EURIBOR: er wird nicht auf der Grundlage von hypothetischen Zinsvergaben berechnet, sondern beruht auf der Berechnung von existierenden Geldgeschäften und ist aus diesem Grund als betragsgewichteter Durchschnittszins angesehen.

    Unterschiede: EURIBOR und LIBOR

    Die Abkürzung EURIBOR bedeutet Euro Interbank Offered Rate. Der EURIBOR steht für den durchschnittlichen Zinssatz, den europäische Banken anwenden, um sich untereinander Kredite in Euro auszustellen.

    Der Unterschied zum LIBOR ist also der, dass es beim EURIBOR ausschließlich um einen Handel zwischen europäischen Banken in der Währung EURO und nicht, wie beim LIBOR, um internationale Banken, die ihren Handel in unterschiedlichen Währungen betreiben, geht.

    Weitere nicht EU-Staaten folgten und haben ihre eigenen Referenzzinssätze entwickelt, die in der Ermittlung identisch dem LIBOR sind.

    Auf dem Asiatischen Finanzmarkt waren es:

    • SHIBOR (Shanghai)
    • TIBOR (Tokio)
    • HIBOR (Hongkong)

    Und auf dem Europäischen Finanzmarkt war es der CHF-LIBOR (Schweiz).

    LIBOR-Zinsen & Berechnung

    Für viele Geschäfte auf dem Finanzmarkt werden die Zinssätze des LIBOR als Grundlage genommen. Bei Transaktionen wie Darlehen, Zinspapieren oder Hypotheken legen die Banken in Unabhängigkeit von den Notenbanken einen Kurs fest, zu dem sie anderen Banken Geld leihen würden.

    Wie bereits beschrieben handelt es sich bei dem LIBOR Zinssatz um einen hypothetischen Erwartungszins, zu dem eine Transaktion stattfinden könnte oder würde, wenn sich die Parteien einigen, aber nicht muss. Dies ist ein großer Unterschied zu dem für Monate festgelegte Leitzins einer Nationalbank. Diese Unabhängigkeit macht den LIBOR zu einem wichtigen Standard weltweit.

    Verantwortlichkeit der Administration des LIBOR Zins

    Bis zum Juni 2012 war die London Stock Exchange für die Berechnung des LIBOR zuständig. Mitte 2012 wurde dann bekannt, dass die Barclays Bank den LIBOR jahrelang manipuliert hatte und der sogenannte LIBOR-Skandal wurde ausgelöst. Im Zuge dieses Skandals, in dem auch u.a. die Deutsche Bank und weitere bedeutende Banken involviert waren, entzog man der London Stock Exchange die Verantwortlichkeit für die Berechnung des LIBOR Zins und übertrug diese Zuständigkeit übergangsweise auf die New Yorker Börse NYSE Euronext.

    Die britische Regierung, in Form eines unabhängigen Ausschuss, entschloss sich dann im Juli 2013 dazu, die ICE Benchmark Administration (IBA) für die Verwaltung des LIBOR einzusetzen. Allein für diese Verwaltung entschloss sich die IBA dazu, eine Londoner Tochterfirma, die Intercontinental Exchange Benchmark Administration Ltd. (ICE), zu gründen. ICE wird seitdem von der britischen Bankenaufsicht Financial Conduct Authority (FCA) überwacht. Das Mandat zur Administration wanderte demnach am 31. Januar 2014 von der bisher federführenden BBA (British Bankers´ Association) an ICE.

    Ermittlung des LIBOR

    Für die Berechnung des LIBOR Zinssatzes ist es notwendig, den durchschnittlichen Zinssatz aller beteiligter Panel-Banken zu ermitteln.

    Was sind Panel-Banken?

    Ein Panel ist ein gleichbleibender Kreis von, in diesem Fall, Banken. Diese Banken geben ihre Zinssätze, zu denen sie bereit wären anderen Banken Geld zu leihen, bekannt.

    Wie bereits erwähnt, beruhen die LIBOR Zinssätze nicht auf realen Transaktionen. Das liegt darin begründet, weil nicht jeder Kreditgeber (Bank) jeden Tag für alle Laufzeiten Beträge leiht und deshalb keine realen Transaktionen in Betracht gezogen werden können.

    An jedem Arbeitstag, bis 11.00 Uhr (GMT), melden daher die Banken ihre hypothetischen Zinssätze für die jeweilige Laufzeit der Thomson Reuters Agentur. Die Agentur Thomson Reuters trägt alle von den verschiedenen Panel-Banken genannten Zinssätze zusammen und wertet sie aus.

    • Ein Banken Panel besteht entweder aus 8, 12 oder 16 Mitgliedern.
    • Alle Mitglieder legen ihre Zinssätze offen.
    • Die niedrigsten 25 Prozent und die höchsten 25 Prozent fallen aus der Berechnung heraus.
    • Von den übrigen 50 Prozent-Werten wird der Durchschnitt berechnet, um den offiziellen LIBOR zu ermitteln.

    Zwischen 11:20 Uhr und 11:45 Uhr werden die von den Panel-Banken gemeldeten Zinssätze von der Nachrichtenagentur Thomson Reuters mit 4 Nachkommastellen kalkuliert. Bei 8 beitragenden Banken werden jeweils die Banken mit den zwei höchsten und zwei niedrigsten Zinssätzen eliminiert, das arithmetische Mittel der verbleibenden vier Banken wird ermittelt. Extremausschläge nach unten oder nach oben sollen mit dieser Methode verhindert werden. Gegen 11:45 Uhr werden die ermittelten Zinssätze von der Agentur Thomson Reuters veröffentlicht. Auch die jeweiligen Partner der ICE veröffentlichen daraufhin die Ergebnisse. Als verwendete Zinsberechnungsmethode gilt allgemein actual/360.

    Zinsberechnungsmethode

    Wie erwähnt wird bei der Berechnung des LIBOR Zins im Normalfall die sogenannte Eurozinsmethode actual/360 verwendet.

    Das bedeutet:

    • Die Zinstage werden kalendergenau bestimmt. Das Zinsjahr hat somit 365 bzw. 366 Tage.
    • Das Basisjahr wird mit 360 Tagen angesetzt - unabhängig von den tatsächlich verbleibenden Tagen.
    • Der erste Anlagetag wird verzinst - der letzte Anlagetag wird nicht verzinst.

    Der LIBOR-Skandal

    2011 kam es im Zusammenhang mit dem LIBOR Zins zu einem Skandal. Weil der LIBOR Zins einen hohen Einfluss auf eine Vielzahl von Finanzmarktgeschäften aufweist, haben verschiedene Banken im Interbankengeschäft den Zins in großem Stil manipuliert und sich somit Vorteile gegenüber ihren Konkurrenten verschafft.

    Das Zinsänderungsrisiko

    Zinsänderungsrisiken treten auf, wenn Kreditinstitute im festverzinslichen Bereich Fristentransformation betreiben und anschließend eine Änderung des Marktzinsniveaus eintritt.

    Wie beim Insiderhandel, konnten die Referenzzinssätze durch Spekulationsgeschäfte ausgenutzt werden, da die Zinssätze durch die Banken selbst gesteuert waren.

    Insiderhandel in Deutschland und der EU strafbar

    Wer Insiderhandel betreibt, verwendet Informationen, die sonst keiner hat, zu Börsengeschäften auf dem Aktienmarkt. Der Handel mit diesen Insiderinformationen ist sowohl in Deutschland als auch in der EU strafbar.

    Da sich Banken in Sachen Privatkredite im Normalfall an den LIBOR Zinssätzen zum Monatsanfang orientiert haben, wurden durch die temporäre Erhöhung des LIBOR Zins zum Anfang des Monats den Kreditnehmern somit überhöhte Zinssätze vermittelt.

    Methode zur Manipulation des LIBOR Zins

    Wie sind die Banken bei der Manipulation vorgegangen? Diese Methode war eigentlich relativ simpel. Die Händler der einzelnen Produkte auf dem Finanzmarkt haben sich untereinander abgesprochen. Kurz vor 11 Uhr haben sie Kontakt zu Mitarbeitern in anderen Banken aufgenommen und sich darauf geeinigt wer den Zins nach oben oder nach unten manipulieren wird.

    Da ja bei der LIBOR Zins Berechnung, wie schon erklärt, die 50 Prozent der Extremfälle rausfallen, es bei der Meldung der Zinsen aber nur noch Extremfälle gab, weil die Banken falsche Zahlen gemeldet haben, lag der Durchschnittszins künstlich hoch oder niedrig. Je nachdem wie es an dem Tag für die Banken am sinnvollsten war.

    Die Auswirkung dieser Manipulation hat viele Anleger hart getroffen. In einigen Anlageprodukten ist es so, dass die Anleger Geld bekommen, wenn der LIBOR Zinssatz zu einem bestimmten Zeitpunkt über einer gewissen Schwelle liegt. Der Anleger verliert Geld, wenn der LIBOR Zinssatz unter dieser Schwelle liegt. Aus diesem Grund haben viele Anleger ihr Geld verloren.

    Auch Unternehmen richten ihre Investitionsentscheidungen nach dem LIBOR Zins. Je nachdem wie hoch oder niedrig er ist, wägen die Unternehmen ab ob sich eine Investition auf Grund der sich ergebenen Rendite lohnt oder nicht. Der Investitionsmarkt wurde durch die Manipulationen des LIBOR sehr verzerrt.

    Reaktionen der Aufsichtsbehörden

    Im Zuge der Bekanntmachung des Skandals wurden Banken Strafen von den Aufsichtsbehörden auferlegt. Dabei einigten sich manche Banken mit den britischen, amerikanischen und Behörden anderer Ländern auf Vergleiche.

    • Die britische Barclay Bank musste ca. 360 Millionen Euro bezahlen.
    • Die Royal Bank of Scotland zahlte ca. 455 Millionen Euro.
    • Die Schweizer UBS musste ca. 1,2 Milliarden Euro an Strafe bezahlen.
    • Die niederländische Rabobank einigte sich auf ein Bußgeld von ca. 774 Millionen Euro.

    Auch die EU-Kommission und die EU-Kartellbehörden ermittelten gegen verschieden Banken und erlegten einigen Banken Strafen auf.

    • Die Deutsche Bank musste ca. 725 Millionen Euro Strafe zahlen.
    • Die französische Société Générale ca. 446 Millionen Euro.
    • Die Royal Bank of Scotland nochmals mit ca. 391 Millionen Euro.
    • Die US-amerikanische Bank Citigroup ca. 80 Millionen Euro.
    • Die ebenfalls aus den USA stammende JPMorgan Chase ca. 70 Millionen Euro.
    • Die RP Martin mit ca. 250.000 Euro Strafe.

    Die Deutsche Bank musste aber noch mehr Strafe bezahlen: Sie einigte sich mit den britischen und den US-amerikanischen Behörden auf eine Zahlung in Höhe von 2,5 Milliarden Dollar. Auch die verantwortlichen Mitarbeiter wurden entlassen.

    Warum fiel die Strafe der Deutschen Bank so hoch aus?

    Der Deutschen Bank wurde vorgeworfen, dass sie die Finanzbehörden bei der Aufklärung des Skandals täuschen wollte.

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